Dass Medien mit ihrer Berichterstattung Politik betrieben, sei nicht neu, findet Dobusch, und werde "immer so sein". Das gelte für öffentlich wie für privat finanzierte Medien. So unterschieden sich auch anzeigenfinanzierte Medien wie Zeitungen von spendenfinanzierten Medien wie netzpolitik.org, für das er selbst schreibt. Dobusch betonte, der Medienvielfalt sei es zuträglich, "möglichst viele Finanzierungsmodelle zu haben".
Mit dem aktuellen Interesse "privater Medieninhaber, möglichst wenig Konkurrenz im digitalen Bereich zu haben", werde die "falsche Kuh geschlachtet". Es sei eine "Scheindebatte", wenn man meine, private Medien florierten, gäbe es den öffentlichen Rundfunk (ÖR) nicht. Ein Blick auf andere Länder beweise das Gegenteil.
Dobusch, der im ZDF-Fernsehrat offiziell für den Bereich "Internet" zuständig ist, plädiert dafür, dass "öffentlich-rechtliche Angebote im digitalen Zeitalter neu aufgestellt werden müssen und die Anbieter dafür auch gewisse Freiheiten bekommen müssen". Denn genau in diesem Bereich gebe es die größten Einschränkungen. "Das Ganze wurde und wird wieder aus interessierter Seite herbeilobbyiert", kritisiert der Österreicher.
Den (in der Kolumne von Jan Fleischhauer vorgetragenen) Vorwurf eines Staatsfunks hält Dobusch für "verfehlt". Er selbst kritisiere auch, dass der ÖR und auch die Aufsichtsgremien "nicht staatsfern genug" seien: so werde die Quote von einem Drittel aktiver Politiker im ZDF-Fernsehrat "auch ausgeschöpft" und hätten zudem viele der anderen Mitglieder einen "starken politischen Hintergrund".
Doch gebe es einen "großen Unterschied zwischen einem beitragsfinanzierten und deshalb unabhängigen Angebot und einem steuerfinanzierten Staatsfunk".
Leonhard Dobusch ist Mitglied im ZDF-Fernsehrat. Als Universitätsprofessor für Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Organisation an der Universität Innsbruck forscht der 37-Jährige unter anderem zum Management digitaler Gemeinschaften und privater Regulierung. Er ist Mitgründer und wissenschaftlicher Leiter der Momentum-Kongressreihe und bloggt regelmäßig bei netzpolitik.org sowie osconjunction.net.
ARD reagiert auf "Spiegel"-Titel
In seiner aktuellen Titelgeschichte "Die unheimliche Macht" setzt sich der "Spiegel" mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk auseinander, und hierbei vor allem ARD und ZDF. Der Vorwurf: Die Rundfunkanstalten betreiben Politik. Die Debatte um den Artikel dauert weiterhin an.
Am Montag reagierte die ARD mit einer Stellungnahme. Unter der Überschrift "Zerrspiegel" heißt es, der "Spiegel" reduziere die bereits zuvor geführte Debatte über "eine groß angelegte Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks" auf den "platten Satz: Es geht da eigentlich vor allem ums Sparen." Dass Printjournalisten der Ansicht seien, ihnen gehöre publizistisch das Internet, sei nicht neu. Und wer das vierzehn Tage vor der Ministerpräsidentenkonferenz die Abschaffung eines " politisch und wirtschaftlich frei und unabhängig" agierenden Systems empfehle und gleichzeitig die große Frage stelle, "wie in Zukunft in diesem Land über dieses Land kommuniziert werden soll, schränkt die wichtige Antwort ein".
In @mediasres kritisierte Stefan Koldehoff, eine "merkwürdig unentschiedenen Geschichte" löse die "reißerische Titelzeile" nicht ein. Dabei gebe es "eine Menge kritikwürdiger jahrzehntelanger Gewohnheiten und Punkte, über die ARD, ZDF und Deutschlandradio dringend mal sprechen sollten".
Der Deutsche Journalisten-Verband monierte, der "Spiegel" spare in seiner Geschichte "vieles aus, was für das Gesamtverständnis der Leser wichtig gewesen wäre". Als Beispiel nennt der DJV den Hörfunk und "öffentlich-rechtliche Angebote wie die 'Tagesschau'". Im Beitrag kämen aber nur die "Nörgler" zu Wort. Anstatt laufende Struturreformprozesse bei ARD, ZDF und Deutschlandradio abzubilden, stellten die "Spiegel"-Autoren "lieber selbst medienpolitische Forderungen auf".
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.