Archiv


Spielen ernst genommen

Was die Computerspielbranche derzeit auf der Games Convention in Leipzig präsentiert, ist nicht nur für Gamer interessant. Auch Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen befassen sich mit Computerspielen. Am Institut für Medienforschung und Medienpädagogik der FH Köln etwa steht die Wirkung auf Jugendliche im Mittelpunkt, während in Trier ab dem Wintersemester einer der ersten Computerspielstudiengänge in Deutschland startet.

Von Nina Trentmann |
    Winfred Kaminski bei der Arbeit. Der Professor für Medienpädagogik an der Fachhochschule Köln darf in seinem Büro etwas machen, wofür ihn vermutlich tausende Jugendliche beneiden: er spielt am Computer - im Dienste der Wissenschaft.

    " Also wir spielen hier am Institut für Medienforschung und Medienpädagogik alles, von Tetris bis zu Grand Theft Auto, jetzt in der Version vier, also GTA, wie das die Jugendlichen nennen und unser Fokus ist, herauszubekommen, was sind die Inhalte, in welchem Umfang wird gespielt, unter welchen Bedingungen wird gespielt und was sind mögliche Effekte. "

    Kaminski gehört zu der kleinen Gruppe von Wissenschaftlern, die sich an deutschen Universitäten mit Computerspielen beschäftigen. Es gibt kein einheitliches Fach Computerspielwissenschaft, keine gemeinsame Fachsprache und keine standardisierten Forschungsmethoden. Wissenschaftler aus den verschiedensten Disziplinen analysieren das vergleichsweise junge Medium, jeder auf seine Art, sagt Maic Masuch, Professor für Digitale Spiele an der Fachhochschule Trier.

    " Das heißt, jeder Experte, der jetzt irgendwas damit zu tun hat, kommt aus seiner eigenen Fachdisziplin, sei es der Informatik oder den Gesellschaftswissenschaften oder zum Beispiel der Rezeptionsforschung und versucht dann, die spezielle Perspektive auf Computerspiele zu untersuchen. Also da ist jeder so ein bisschen Experte und alle müssen miteinander zusammen arbeiten, um überhaupt was raus zu kriegen. "

    In Trier startet zu diesem Wintersemester einer der ersten Computerspielstudiengänge in Deutschland, er heißt Digitale Medien und Spiele. Für Absolventen bieten sich viele Einsatzmöglichkeiten: sie können in die Spieleproduktion und Vermarktung gehen, in die Medienpädagogik und in die Betreuungsarbeit, wo sie Jugendlichen zeigen, wie viel Spielen vernünftig ist. Masuch wird seine Studierenden deshalb unter anderem selber Spiele entwickeln lassen, in denen es nicht nur darum geht, wie man den virtuellen Gegner am schnellsten aus dem Weg räumt.

    Wie groß der Einfluss der Wissenschaftler auf die Computerspielbranche ist? Professor Kaminski ist skeptisch:

    " Ja, da muss man realistisch sein, natürlich eher gering. Ich meine, wir können denen Vorschläge machen, wir können denen Hinweise geben, wo sozusagen Grenzwerte erreicht sind sowohl in der öffentlichen Diskussion als auch nach je privaten Meinungen. Die Entscheidung, was sie nun auf den Markt bringen, auch in Zukunft, die können wir ihnen nicht abnehmen. Ich glaube, das würde doch zu sehr schnell in Zensurphantasien münden. "

    Auch in Mannheim, Ilmenau und Stuttgart arbeiten Wissenschaftler mit Computerspielen. Die Zahl der entsprechenden Studiengänge ist bislang noch begrenzt, vielfach fühlen sich die Computerspielforscher noch nicht richtig ernst genommen, sagt Maic Masuch:

    " Es ist schon so, dass sagen wir mal so unter den wissenschaftlichen Kollegen das gar nicht mal so sehr diskutiert ist obwohl es natürlich immer Bedenkenträger gibt, ob das denn auch was Seriöses ist und ob man denn so was machen sollte. Aber ich glaube, die größeren, die erstaunteren Gesichter kriegt man eher zum Beispiel bei Eltern von Studierenden, die fragen, was soll mein Kind da machen oder eben auch von Journalisten oder Politikern, die fragen, ob man dann irgendwie fürs Spielen einen Schein kriegt. "