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Spieler gegen Verband
Droht dem Beachvolleyball die Spaltung?

Seit Jahren ist das Vertrauen zwischen einigen Beachvolleyballern und dem Deutschen Volleyball-Verband gestört. Die Coronakrise lässt alte Risse neu aufbrechen. Spieler wie Alexander Walkenhorst überlegen nun, einen eigenen Verband zu gründen.

Von Frauke Hain |
Alexander Walkenhorst kniet im Sand und baggert den Ball.
Der Beachvolleyballer Alexander Walkenhorst denkt über einen eigenen Verband nach. (www.imago-images.de)
Alexander Walkenhorst ist bekannt als rebellischer Beachvolleyballer - mit eigenem Kopf, kreativen Ideen - und ganz viel Meinung. Man kann ihn mögen - oder auch nicht. Aber seine Motivation für die Gründung der Beachliga war simpel: Der Deutsche Volleyballverband hatte die Beachvolleyball-Turniere für diesen Sommer erst abgesagt. Und Walkenhorst wollte, dass die Saison nicht komplett ausfällt. Er sagt:
"Wir haben jetzt von Anfang an so ein bisschen diese Rebellposition eingenommen. Dass die jetzt stillschweigend und aus tiefstem Herzen auch dankbar sind, dass wir die ganzen Sachen vorbereitet haben, das wurde jetzt auch schon ein, zwei Mal so geäußert. Das glaube ich den Leuten auch."
"Gutes Produkt"
Mit den vorbereiteten Sachen - damit meint er die Strukturen in Düsseldorf, die der Verband jetzt für sein Turnier benutzt. So wie das Hygienekonzept zum Beispiel. Und mit den Leuten, damit meint Walkenhorst den DVV. Der war anscheinend froh darüber, dass sich jemand kümmert.
Der Verband äußert sich dazu nicht offiziell, sondern verweist auf den Athletensprecher.* Jaromir Zachrich erklärt, wegen Corona hätte es im Verband Kurzarbeit gegeben und Dinge seien liegengeblieben. Zachrich sagt:
"Dann ist es natürlich praktisch, wenn du frische Gesichter hast, die einfach irgendwas auf die Beine stellen wollen und das dann auch machen - mit sehr viel Manpower, Herzblut und Liebe. Jeder hat gesehen, wie gut das Produkt ist, was er da entwirft und fand das gut."
Beachvolleyballerin Karla Borger
Aus Corona-Langeweile wird ein Volltreffer
Die Beach-Liga in Düsseldorf war nach Aussagen von Beachvolleyballerin Karla Borger ein voller Erfolg. Sie freue sich, dass das neue Format von so vielen Zuschauern im Livestream angenommen worden sei, sagte sie im Dlf.
Anerkennende Worte - und stillschweigende Duldung des Verbandes also für die Beachliga. Und Walkenhorst ist bewusst, "dass es am Ende schwierig ist, sich zu einer Person wie Alexander Walkenhorst zu bekennen, die halt sonst auch immer mit dem Finger auf irgendwelche negativen Sachen im Verband zeigt. Ist halt auch klar - deshalb nehme ich das als ruhige Zustimmung von Verbandsseite und als Duldung an und damit ist das Thema für mich durch."
Klingt versöhnlich. Aber Alexander Walkenhorst wäre nicht Alexander Walkenhorst, wenn er nicht direkt nachlegen würde:
"Ganz böse gesagt: Wir haben wenig Kompetenz und Vision im Verband, aber viel Kompetenz und Vison außerhalb des Verbandes beziehungsweise in der Spielerschaft oder in den anderen Positionen, die es da gibt. Dem deutschen Volleyballverband wird es am besten tun, würde sich der Verband auf Hallenvolleyball konzentrieren."
Und daran zeigt sich, dass das Problem größer zu sein scheint. Im Ursprung ist der DVV ein Verband für Hallensportler. Und die Strukturen von Hallen- und Beachvolleyball sind unterschiedlich. In der Halle befinden sich die Spieler meistens in einem Angestelltenverhältnis. Im Beachvolleyball sind kleinere Teams, ICH-AGs – oder Selbstständige.
"DVV nutzt Verbandsbindung aus"
Trotzdem ist der Verband quasi Eigentümer der Sportler – und die Athleten haben keine Wahl, erklärt Athletenmanager Constantin Adam. Um auf den Markt zu kommen, müssen sie sich an den Verband halten:
"Das hat der DVV auch schon immer ausgenutzt. Manchmal die richtigen nominiert. Manchmal wurde den Athleten keine Wahl gelassen, sich sportlich zu beweisen, sondern aus persönlichen Befindlichkeiten Entscheidungen getroffen und das hat eben nichts mit sportlicher Fairness zu tun."
Aktuellstes Beispiel ist das Turnier an diesem Wochenende. Eigentlich sind es sogar zwei: Ein "top-acht-Turnier" – ohne sportlichen Wert. Denn es spielen acht gesetzte Teams, die ohne Qualifikation auch an der Deutschen Meisterschaft teilnehmen.
Der Beachvollerballer Alexander Walkenhorst
Beachvolleyball - "Wir haben bei allen Athleten offene Türen eingerannt"
In Eigenregie schuf Alexander Walkenhorst ein neues Turnierformat – ohne Unterstützung des Verbandes. Im Verband habe zu Beginn der Corona-Pandemie "Schockstarre" geherrscht, sagte der Beachvolleyballer im Dlf.
Und die "Road to Timmendorfer Strand" - bei der sich weitere acht Teams für die DM qualifizieren können. Der Modus ist umstritten und hatte im Kreis der Athleten für Unmut gesorgt. Dirk Westphal aus Berlin ist einer der Spieler, der das Turnier sogar boykottiert. Er sagt:
"Auch wenn Corona-Jahr ist, aber wir lassen uns auch nicht veräppeln – wir machen entweder Sachen richtig -in nem sportlich fairen Wettbewerb oder wir lassen es einfach sein. Da ist kein Corona der Welt eine Ausrede uns da so ein Schweinesystem vor die Füße zu werfen."
Sein eingereichter Gegenvorschlag wurde abgeschmettert. Beim Verband fehlte der Wille, sagt Westphal. Auch Athletenmanager Constantin Adam meint, man hätte früher mit den Spielern in den Austausch gehen müssen:
"Und sie nicht wieder vor vollendete Tatsachen zu stellen, was bis jetzt in der Vergangenheit immer das Problem war: Dass der Spieler vor vollendete Tatsachen gestellt wurde und ihm somit keine Entscheidung mehr gelassen wurde, sondern er sich dem beugen musste, was ihm vorgelegt wurde. Und das ist auch eines der Grundprobleme - das machen zu müssen, was der Verband sagt."
"Neuer Verband, anders und besser"
Jaromir Zachrich meint immer noch, konstruktiver Dialog könne das zerstörte Vertrauen wiederherstellen:
"Die Lösung kann nur die sein, dass wir uns als Athleten einbringen und konstruktiv einbringen. Letztendlich sind wir die, um die es geht. Und wir haben - das ist zumindest meine Erfahrung - einen Verband, der es schon gut meint."
Alexander Walkenhorst und Constantin Adam sind sich hingegen einig - und plädieren für einen Neuanfang. Sie sehen eine andere Lösung für das Problem: "Mit einem neuen Verband." Adam geht davon aus, dass das Corona-Jahr einiges verändern kann in der Sportlandschaft:
"Dass sich neue Verbände bzw. Organisationen gründen und finden werden, die das vielleicht mal anders und besser machen und mit fähigeren Leuten Funktionärspositionen besetzen. Und ich würde uns da nicht ausschließen: einen Alexander Walkenhorst, meine Wenigkeit und vielleicht noch einen anderen Spieler, die vielleicht in der nächsten Zeit einen neuen Verband gründen - kann gut sein."
Dafür müsste zunächst eine rechtliche Grundlage geschaffen werden - die es momentan noch nicht gibt. Und dann geht es darum, dass die Spieler das Konstrukt akzeptieren und mögen.
*Anmerkung der Redaktion: In der ersten Version des Textes hieß es, dass Jaromir Zachrich "stellvertretend für den Verband" gesprochen haben. Der Verband hat auf Anfrage Herrn Zachrich allerdings nur "zur Verfügung" gestellt. Offiziell äußern wollte sich von Verbandsseite niemand.