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Kommentar zu neuem Leistungssportkonzept
Der deutsche Spitzensport braucht eine neue Denke

Überraschend haben das Bundesinnenministerium und DOSB ein Grobkonzept für ein neues Leistungssport-Fördersystem vorgelegt. Eine Fehleranalyse habe dabei aber nicht stattgefunden, kommentiert Bianca Schreiber Rietig. Stattdessen sei wieder ein Rahmen definiert worden, ohne zu prüfen, ob der Inhalt passt.

Von Bianca Schreiber-Rietig |
Das Logo des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) ist am 16.03.2015 in Frankfurt/Main (Hessen) vor dem Beginn einer Pressekonferenz zu sehen. (Aufnahme mit Zoomeffekt)
Der Deutsche Olympische Sportbund unterstützt Betroffene von sexualisierter Gewalt weiterhin (picture alliance / dpa / Christoph Schmidt)
Athleten und Verbandsverantwortliche fühlen sich überrumpelt: Bundesinnenministerium und Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) legten diese Woche ein Spitzensport-Papier vor. Nicht nur die Art und Weise, wie das passierte, sorgte für Verärgerung. Auch inhaltlich gibt es heftige Kritik. Dass ein für alle Betroffene zukunftsweisendes Konzept ausgerechnet während der schlagzeilenträchtigen Fußballweltmeisterschaft praktisch unter dem öffentlichen Radar präsentiert wurde, lässt die Interpretation zu, dass die Macher jetzt keine Diskussionen wollen. 
Die sind aber schon im Gange. Denn was unter dem Titel: „Neue Wege gehen – Grobkonzept von BMI und DOSB für den Spitzen- und Leistungssport“ veröffentlicht wurde, zeigt nicht nur, dass man aus alten Fehlern nichts gelernt hat, sondern auch, dass es mit der Transparenz und Beteiligung  nicht so weit her ist.

Keine neue Idee

Seit etwa sechs Monaten brütete still ein BMI/DOSB-Gremium über dem Papier. Die Ergebnisse sind so neu nicht. An der Idee einer „Unabhängigen Sportagentur“, die im Koalitionsvertrag als „unabhängige Instanz“ zur Förderung des Spitzensports vereinbart wurde, hat bereits die Vorgänger-Regierung intensiv gebastelt. Und den Vorschlag eines Bundes-Sportfördergesetzes hatten die Athleten in ihrem Grundsatzpapier „Warum ist es uns das wert?“ bereits im August aufgenommen.

Unklar wo man eigentlich hinwill

Dagegen gibt es wieder keine Fehleranalyse. Zwar stellen die Autoren fest, dass man am Status quo nicht festhalten kann, dass punktuelle Veränderungen nichts bringen. Diese altbekannten Erfahrungen allein helfen dem deutschen Sport aber auch nicht weiter. Und bei der Feststellung, dass eine gesamtgesellschaftliche Debatte überfällig ist, steigt das Adrenalin weiter: Dann tut es doch endlich, anstatt seit Jahrzehnten Papiere am Fließband zu fabrizieren, die wegen fehlender, mangelhafter oder erfolgloser Umsetzung noch mehr Probleme denn Lösungen bringen.
Es kann doch nicht sein, dass nun wieder Strukturen und Organisationsformen festgezurrt werden, ohne geklärt zu haben, wo man eigentlich hin will, welche Ziele man hat. Wieder wird ein Rahmen konstruiert, ohne zu wissen, ob der Inhalt passt.

Athletinnen und Athleten sollten mitgestalten

Der deutsche Spitzensport braucht eine neue Denke und intelligente Herangehensweise. Und die Kreativität vor allem derer, um die es geht: Lasst Athleten und Athletinnen mitgestalten. Die fühlen sich aber, wie schon bei der Reform 2016, ebenso wenig mitgenommen wie Trainer und Trainerinnen oder die Verbände.
Von der geplanten Agentur samt Sportfördergesetz, dass den rechtlichen Rahmen für deren Ausgestaltung schaffen soll, wird nun erwartet, dass sie das hinbekommt, woran der DOSB gescheitert ist: einen funktionierenden, erfolgreichen Spitzensport.
Schließlich wäre noch die Unabhängigkeit der Agentur zu klären, denn wo es lang geht, bestimmen nach wie vor BMI und DOSB. Bisher war der DOSB in Doppelfunktion tätig – als Verteiler und  Kontrolleur. Diesen Interessenskonflikt tadelte schon der Bundesrechnungshof. Ist das nun aber nicht genau das gleiche Konstrukt – Staat und Sport kontrollieren?
Der DOSB hat einen Paradigmenwechsel in der Spitzensportförderung angekündigt. Aber man hat ein Déjà-vu und wird das Gefühl nicht los: So wird das wieder nix.