Arne Güllich, Professor für Sportwissenschaften an der TU Kaiserslautern, sieht die aktuelle Spitzensportreform kritisch, schon weil die Reform sich in eine Reihe vorangegangener Umverteilungen einreihe: "Der Spitzensport in Deutschland hat alle paar Jahre eine sogenannte Reform der Spitzensportförderung. In Wirklichkeit wird immer nur daran getüftelt, wie dann im Detail Mittel verteilt werden."
Zentrale Fragen blieben aus Güllichs Sicht aber unbeantwortet: "Warum eigentlich Spitzensportförderung? Für wen eigentlich? Was verfolgt man mit der Spitzensportförderung? Was sollen die Effekte sein? Welchen Spitzensport wollen wir eigentlich in Deutschland und welchen wollen wir fördern? Diese Fragen sind vollkommen unberührt geblieben in zwanzig Jahren Diskussion."
Vielfältige Sportkultur mitdenken
Die Medaillenfixierung in der Neuausrichtung der Spitzensportreform sieht der Sportwissenschaftler darüber hinaus kritisch: "Ich bezweifle, dass nur Medaillen Vorbildwirkung haben." Eine knappe Niederlage in einem umkämpften Halbfinale habe etwa mehr Einfluss als eine weitere Medaille im Kanusport.
Die deutsche Sportkultur in ihrer Vielfalt abzubilden oder Benachteiligte zu unterstützen sollten bei einer Debatte um die Gestaltung einer Sportförderung ebenso thematisiert werden wie die allgemeine Verankerung des Sports in der Gesellschaft. Der fehlende Diskurs sorge auch dafür, dass die Glaubwürdigkeit des Spitzensports, die durch zahlreiche Dopingenthüllungen von weiten Teilen der Gesellschaft in Frage gestellt würde, und die Integrität des Wettbewerbs weiter leiden und so verhindern, dass die Vorbildfunktion des Spitzensports weiter in Frage zu stellen sei.