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Spitzensportreform
Wandelbare Sportgeschichte

Bei Einführung der sogenannten Potenzialanalyse von Sportverbänden (Potas) versprachen Politik und DOSB objektive Kriterien. Die Analyse sollte als Grundlage für die millionenschwere Spitzensportförderung des Bundes dienen. Doch die einstigen Vorhaben haben sich gewandelt.

Von Robert Kempe |
DOSB-Präsident Hörmann und Bundesinnenminister de Maiziére präsentieren die Reform des Leistungssports
DOSB-Präsident Hörmann und Bundesinnenminister de Maiziére präsentieren 2016 die Reform des Leistungssports. (picture_alliance/dpa/Stache)
Das Potenzialanalysesystem, "Potas" genannt, sollte das Herzstück der Leistungssportreform werden. Darin waren sich Sport und Politik zumindest öffentlich einig, als der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière im Herbst 2016, die Reform präsentierte.
"Wir bekennen uns dazu, dass Leistungs- und Spitzensportförderung heißt: Wir fördern Exzellenz. Es geht auch um Podiumsplätze. Deutschland soll erfolgreicher sein."
Der Plan: Anhand mehrerer Hauptattribute, dazugehörigen Unterattributen und mehr als 100 Fragen bewertet eine sogenannte Potas-Kommission Sportarten und Disziplinen. Mithilfe eines komplexen mathematischen Rechenmodells leitet sie daraus Erfolgschancen und Medaillenpotenziale ab. Ursprünglich sollten die Disziplinen danach in drei Cluster eingeteilt werden. Die mit den besten Medaillenaussichten sollten im obersten Cluster möglichst viel Förderung erhalten, die Sportarten mit den wenigsten Jubelhoffnungen im niedrigsten Cluster finanziell fast trocken gelegt werden.
Man wollte Transparenz - nicht jeder sieht das Versprechen eingelöst
Für Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds, war Potas nicht weniger als historisch.
"Mit der Potas-Überlegung wird nichts anderes als ein neues Kapitel der Sportgeschichte aufgeschlagen."
Und: Mit Potas wollte das Bundesinnenministerium Kritik des Bundesrechnungshofs nachkommen. Der hatte die Sportförderung des Bundes als zu intransparent und nicht nachvollziehbar kritisiert. Die Behörde regt weiter an, den Einfluss des DOSB auf die Förderung zu reduzieren.
Potas sollte klar bindende Kriterien für die Sportförderung liefern, erklärte Thomas de Maizière noch bei der Vorstellung der Kommission vor zwei Jahren.
"Wir wollen, dass die Entscheidungskriterien so transparent sind wie nie zuvor. Wir wollen, dass sie so objektiviert stattfinden wie nie zuvor. Und all das wird öffentlich sein."
Doch die Rolle von Potas ist aufgeweicht. Die vorgesehenen Erfolgscluster wurden durch ein kaum nachvollziehbares Verbandsranking ersetzt. Was fehlt den einzelnen Verbänden genau? Nachfragen zum Abschneiden der Verbände, werden abgeblockt. Von der versprochenen Transparenz ist wenig übrig, wie der Vorsitzende der Potas-Kommission Urs Granacher bei der Präsentation der Analyse für die Sommersportverbände klarmachte.
"Da bitte ich um Nachsicht, dass wir diese Diskussion jetzt nicht öffentlich führen wollen, sondern dass wir diese intern auch mit dem Verband führen wollen."
Qualitätsmanagement statt Fördervorrausetzung
Wie bindend Potas für die Förderung sein wird, ist unklar. Schon längst wird die Analyse als Qualitätsmanagement statt als Fördervorrausetzung bezeichnet. Bei Einführung galt das noch anders, wie der damalige Staatssekretär im Bundesinnenministerium Ole Schröder erklärte.
"Wir haben immer gesagt, der Gedanke der Spitzensportreform ist, dass wir sämtliche Potenziale, die es im Sport gibt, auch bestmöglichst fördern wollen. Und deshalb ist es natürlich notwendig, dass diese Potenziale jetzt zunächst einmal analysiert und definiert werden und dann gibt es auch mehr Geld."
Vom einstigen Credo - erst die Reform und dann das Geld - hat sich das Ministerium unter Sportminister Horst Seehofer längst verabschiedet. Ohne die Analyse mitzumachen, so heißt es dort, hätte der Spitzensport in den letzten Jahren nicht über 100 Millionen Euro mehr Steuergeld erhalten. BMI-Staatssekretär Markus Kerber stellt nun zwar klar, dass er in den anstehenden Fördergesprächen nicht ausschließen könne, dass:
"Dass es da zu Konflikten kommt, weil eventuell der DOSB es anders sieht, als wir das tun. Dann werden wir sicherlich unsere Analyse und unsere Interpretation der Potas-Ergebnisse nehmen müssen, um auf unserem Standpunkt zu beharren."
In der kurzen aber wandlungsreichen Geschichte von Potas ist aber fraglich, ob es auch dabei bleibt.