Seit den 1970er-Jahre haben sich Politiker und Kulturexperten aus Nigeria um Rückgabe der berühmten Benin-Bronzen bemüht. Nach jahrzehntelanger Zurückhaltung gibt es von deutscher Seite aus eine Erklärung. Vertreter von Bund, Ländern und Museumsdirektoren haben die Rückgabe der Benin-Bronzen angekündigt. In deutschen Sammlungen befinden sich über tausend Stücke der kostbaren Kunstwerke. Ob es sich um den großen Durchbruch in der Restitution von Raubkunst handelt und was "substantielle Rückgaben" sind, dazu sagt Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und einer der Unterzeichner der Erklärung.
"Substantiell heißt schon, dass es nicht einige wenige symbolische Rückgaben gibt, sondern wir werden schon über das Gesamtpaket sprechen. Allerdings haben wir auch den Wunsch, dass weiterhin Objekte dieser Kunst, die wirklich herausragend ist, in Berlin und anderen deutschen Museen gezeigt werden kann. Und das muss man jetzt mit der nigerianischen Seite besprechen unter welchen Umständen, wie so was möglich ist."
Nicht wenige Rückgaben
Auf die Frage, was passiere, wenn die nigerianische Seite tatsächlich sämtliche Benin-Bronzen zurückfordert, antworte der Kulturmanager, dann müsse man sich damit auseinandersetzen. "Ganz entscheidend ist natürlich, dass wir hier nicht die Bedingungen setzen." Er wolle eine "langfristige Kooperation" und gemeinsame Ausbildungsprogramme herbeiführen.
Neue Zusammenarbeit
Zur Frage, wer entscheidet, was genau zurückgegeben wird, die nigerianische Seite oder die deutsche, antwortet der Archäologe Parzinger: "Die politisch verantwortlichen Träger der einzelnen Einrichtungen." Es gebe einen gemeinsamen Konsens, eine Lösung zu finden. Parzinger weiter: "Jetzt ist wirklich wichtig, dass wir in diesen intensiven Dialog mit der nigerianischen Seite eintreten." Es sei zudem eine weitere Reise nach Nigeria geplant. "Ich bin sicher, dass wir auf einem guten Weg sind, eine für beide Seiten sehr gute Lösung zu finden."
Unmissverständlich bekräftigte der Chef der Stiftung Preußischer Kulturbesitz: "Klar ist, es war koloniales Unrecht. In erster Linie geht es jetzt hier um Rückgaben plus Zusammenarbeit." Wenn Zweifel über die Herkunft bestehen, bleibt die Frage, ob Werke im Humboldtforum oder anderen deutschen Museen bleiben. Dazu der Museumsmann: "Wenn ein Unrechtskontext vorliegt, geht es immer an die Herkunftsländer." Als Beispiele nannte er Rückgaben an Alaska, Namibia, Australien, Neuseeland und Tansania.
Vertrauen und Kooperation
Was unter Unrechtsbedingungen in die Sammlung gefunden hat, "muss auch zurückgegeben werden." Wichtig sei für die Zukunft eine neue Kooperation: "Wenn das nicht eindeutig zu klären ist, wird eine vertrauensvolle Zusammenarbeit umso wichtiger." Aufgabe der Provenienzforschung sei es zu klären, was Unrechtskontext ist. Eine pauschale Rückgabe schloss Parzinger aus. Er wolle weiterhin den Besuchern der Museen die Geschichte der Kulturen der Welt erzählen. Das berechtige indes nicht zum Besitz oder der Verwahrung von unrechtmäßig erworbenen Sammlungsstücken.
Zum Vorwurf, in der Restitutionsdebatte fehle eine historische Geste, Deutungshoheit werde nicht abgegeben, erwiderte der Sammlungschef: "Das wird längst gemacht". Gemeinsam mit Vertreten der Herkunftsländer werde im Humboldtforum zusammengearbeitet.