Michael Köhler: Die kommunalen Kulturetats sind knapp. Ankaufsetats gibt es für Museen kaum noch, aber Museen sind längst auf Geldgeber und Sponsoren sowie Vermietungs- und Veranstaltungsgeschäft angewiesen. Banken und Unternehmen schmücken sich gern mit Kunst und ihrer Förderung. Was aber, wenn von der Finanzkrise betroffene Bankhäuser ein Museum stützen oder gestützt haben? Denn wer hätte gedacht, dass über einem Bankhaus mal stehen würde "Wegen Insolvenz geschlossen"? Ich habe Max Hollein, den jungen Direktor von Städel, Schirn und Liebieghaus in Frankfurt am Main, dem deutschen Finanzstandort immerhin, gefragt, wer ist bei Ihnen auf welche Weise finanziell engagiert?
Max Hollein: Bei uns sind, das hat natürlich auch mit dem Finanzstandort Frankfurt zu tun, nahezu alle größeren Banken auf die eine oder andere Weise engagiert. Ob das nun die Deutsche Bank, die Commerzbank, die Dresdner Bank ist, genauso aber auch wie die großen Investmenthäuser Merrill Lynch, Morgan Stanley, Lehman Brothers, die finden Sie in der Schirn, im Liebieghaus oder auch im Städel auf die eine oder andere Weise überall.
Köhler: Sie haben es erwähnt, Merrill Lynch, drittgrößte Investmentbank, rettete sich durch die Übernahme in die Bank of America, Lehman Brothers als viertgrößte ist insolvent. Man sieht, auch die Elite im Private Banking ist vor Katastrophen nicht sicher. Was bedeutet das nun für Sie, Ihre Zuwendungsgeber und das weitere Geschäft?
Hollein: Na gut, man muss natürlich feststellen, der Markt wird dadurch kleiner, durch jede Fusion. Je mehr Marktteilnehmer Sie haben, desto besser ist es natürlich für die Kulturinstitution, desto mehr Unternehmen wollen vielleicht über ein Sponsoring ihre eigene Marke bewerben oder auch transportieren. Insofern ist auch eine Fusion wie zum Beispiel die Commerzbank und die Dresdner Bank für uns nicht günstig, weil dadurch von zwei möglichen Sponsoren nunmehr eine übrig bleibt.
Köhler: Fürchten Sie jetzt, dass Ihnen von den fünf oder sechs, die Sie eben genannt eben genannt haben, Zuwendungsgebern und wohlgesinnten Unterstützern, Sponsoren jetzt einer wegbricht, das sind bei Fünfen, wären das beispielsweise schon mal 20 Prozent?
Hollein: Ja gut, die Summen sind natürlich unterschiedlich und die Unternehmen sind auf unterschiedlichste Weise engagiert. Insofern kann man das nicht so genau, kann man nicht sagen, 20 Prozent geht weg. Aber je weniger Sie aktive Unternehmen vor Ort oder auch in dem Markt haben, desto geringer sind natürlich auch ihre Chancen, dass die gesamten Etat durch Sponsoringleistungen abdecken können. Und auch die öffentliche Hand leidet natürlich darunter. Das heißt, ein Unternehmen, das aufhört zu existieren, hört natürlich auch auf, Gewerbesteuer zu zahlen und das, wie Sie wissen, läuft ja eigentlich in den kommunalen Etat.
Köhler: Es gibt einen US-Regierungsplan zur Rettung der Finanzbranche. Hat Max Hollein auch so eine Art Rettungsplan fürs Städel und Schirn in der Tasche, für solche Fälle?
Hollein: Ja, ich würde das noch gar nicht drastisch sehen. Ich glaube, dass wir immer wieder durch Zeiten des Wirtschaftsbooms und dann auch Zeiten der Rezession segeln. Wir haben in den letzten Jahren einen unglaublichen Wirtschaftsboom erlebt. Jetzt sehen wir eine Riesenkrise und auch eine wohl einhergehende Rezession und das bedeutet vielleicht auf der einen oder anderen Seite, den Gürtel etwas enger zu schnallen. Und auf der anderen Seite bedeutet es natürlich, dass nun auch der einzelne Bürger im Sinne eines mäzenatischen Handelns die kulturelle Vielfalt in diesem Lande erhellt. Es ist natürlich nicht so, dass unser System insgesamt nur auf die Unterstützung von der öffentlichen Hand und auf ein Sponsoring von Unternehmen angewiesen ist, sondern der dritte Pfeiler ist natürlich das mäzenatische, das uneigennützige Handeln des Einzelnen, des Individuums. Und das wird wahrscheinlich jetzt hier noch stärker in den Vordergrund treten müssen.
Köhler: Sie klingen nicht sehr sorgenvoll, das heißt, wenn man das auf diese drei Säulen verteilt, wie Sie es gerade gesagt haben, macht es Sinn und Sie würden das eher als Grund sehen, eine neue Diskussion vielleicht mal anzufangen und zu sagen, werft euch nicht so bereitwillig in die Arme von privaten Unternehmen, es kann auch mal schiefgehen?
Hollein: Ich unterstütze jegliches Sponsoring und ich halte es für eine ganz wichtige Form auch der Unternehmenskommunikation und auf der anderen Seite auch der kulturellen Finanzierung. Ich sage nur einfach, dass man natürlich auch ganz klar eben auch auf Gegebenheiten reagieren muss. Und ich glaube, dass Sie in den nächsten Jahren sicherlich im proportionalen Verhältnis ein verstärktes Engagement von privater Seite sehen müssen, wenn wir das Niveau des Handelns in kulturellen Institutionen in diesem Land weiter in der Form aufrechterhalten bzw. sogar weiter ausbauen wollen.
Köhler: Hat Merrill Lynch Sie über Konsequenzen schon in Kenntnis gesetzt? Sind Sie im Gespräch? Was ist Stand der Dinge?
Hollein: Im Fall von Lehman Brothers war es natürlich klar, die Bank hat den Konkurs angemeldet, das bedeutet natürlich auch, dass gewisse Forderungen, die wir gegenüber der Bank haben, wir natürlich jetzt im Rahmen eines Konkursverfahrens einreichen müssen. Das ist aber in diesem Fall für uns jetzt weniger drastisch. Hier handelt es sich nicht um riesige Summen.
Köhler: Sie müssen keine Ausstellungen absagen und keine Ankäufe absagen?
Hollein: Nein, im Moment haben wir derzeit keine Finanzproblematik. Aber natürlich langfristig, wenn wir sagen, wir schlittern jetzt hier in eine mehrjährige Rezession, dann wird das sicherlich Folgen haben auf alles, nicht nur auf die Kultur, sondern auf viele andere Ausgaben im Bereich der Bildung, im Bereich des Sozialen und einiges andere mehr. Das gilt es allerdings noch zu beobachten, bevor man quasi auf allen Seiten das Panikorchester aufspielen lässt.
Köhler: Von der institutionellen Finanzkrise zum Bürgerengagement, auch eine Art Retro. Max Hollein, Direktor von Städel, Schirn und Liebieghaus in Frankfurt am Main war das.
Max Hollein: Bei uns sind, das hat natürlich auch mit dem Finanzstandort Frankfurt zu tun, nahezu alle größeren Banken auf die eine oder andere Weise engagiert. Ob das nun die Deutsche Bank, die Commerzbank, die Dresdner Bank ist, genauso aber auch wie die großen Investmenthäuser Merrill Lynch, Morgan Stanley, Lehman Brothers, die finden Sie in der Schirn, im Liebieghaus oder auch im Städel auf die eine oder andere Weise überall.
Köhler: Sie haben es erwähnt, Merrill Lynch, drittgrößte Investmentbank, rettete sich durch die Übernahme in die Bank of America, Lehman Brothers als viertgrößte ist insolvent. Man sieht, auch die Elite im Private Banking ist vor Katastrophen nicht sicher. Was bedeutet das nun für Sie, Ihre Zuwendungsgeber und das weitere Geschäft?
Hollein: Na gut, man muss natürlich feststellen, der Markt wird dadurch kleiner, durch jede Fusion. Je mehr Marktteilnehmer Sie haben, desto besser ist es natürlich für die Kulturinstitution, desto mehr Unternehmen wollen vielleicht über ein Sponsoring ihre eigene Marke bewerben oder auch transportieren. Insofern ist auch eine Fusion wie zum Beispiel die Commerzbank und die Dresdner Bank für uns nicht günstig, weil dadurch von zwei möglichen Sponsoren nunmehr eine übrig bleibt.
Köhler: Fürchten Sie jetzt, dass Ihnen von den fünf oder sechs, die Sie eben genannt eben genannt haben, Zuwendungsgebern und wohlgesinnten Unterstützern, Sponsoren jetzt einer wegbricht, das sind bei Fünfen, wären das beispielsweise schon mal 20 Prozent?
Hollein: Ja gut, die Summen sind natürlich unterschiedlich und die Unternehmen sind auf unterschiedlichste Weise engagiert. Insofern kann man das nicht so genau, kann man nicht sagen, 20 Prozent geht weg. Aber je weniger Sie aktive Unternehmen vor Ort oder auch in dem Markt haben, desto geringer sind natürlich auch ihre Chancen, dass die gesamten Etat durch Sponsoringleistungen abdecken können. Und auch die öffentliche Hand leidet natürlich darunter. Das heißt, ein Unternehmen, das aufhört zu existieren, hört natürlich auch auf, Gewerbesteuer zu zahlen und das, wie Sie wissen, läuft ja eigentlich in den kommunalen Etat.
Köhler: Es gibt einen US-Regierungsplan zur Rettung der Finanzbranche. Hat Max Hollein auch so eine Art Rettungsplan fürs Städel und Schirn in der Tasche, für solche Fälle?
Hollein: Ja, ich würde das noch gar nicht drastisch sehen. Ich glaube, dass wir immer wieder durch Zeiten des Wirtschaftsbooms und dann auch Zeiten der Rezession segeln. Wir haben in den letzten Jahren einen unglaublichen Wirtschaftsboom erlebt. Jetzt sehen wir eine Riesenkrise und auch eine wohl einhergehende Rezession und das bedeutet vielleicht auf der einen oder anderen Seite, den Gürtel etwas enger zu schnallen. Und auf der anderen Seite bedeutet es natürlich, dass nun auch der einzelne Bürger im Sinne eines mäzenatischen Handelns die kulturelle Vielfalt in diesem Lande erhellt. Es ist natürlich nicht so, dass unser System insgesamt nur auf die Unterstützung von der öffentlichen Hand und auf ein Sponsoring von Unternehmen angewiesen ist, sondern der dritte Pfeiler ist natürlich das mäzenatische, das uneigennützige Handeln des Einzelnen, des Individuums. Und das wird wahrscheinlich jetzt hier noch stärker in den Vordergrund treten müssen.
Köhler: Sie klingen nicht sehr sorgenvoll, das heißt, wenn man das auf diese drei Säulen verteilt, wie Sie es gerade gesagt haben, macht es Sinn und Sie würden das eher als Grund sehen, eine neue Diskussion vielleicht mal anzufangen und zu sagen, werft euch nicht so bereitwillig in die Arme von privaten Unternehmen, es kann auch mal schiefgehen?
Hollein: Ich unterstütze jegliches Sponsoring und ich halte es für eine ganz wichtige Form auch der Unternehmenskommunikation und auf der anderen Seite auch der kulturellen Finanzierung. Ich sage nur einfach, dass man natürlich auch ganz klar eben auch auf Gegebenheiten reagieren muss. Und ich glaube, dass Sie in den nächsten Jahren sicherlich im proportionalen Verhältnis ein verstärktes Engagement von privater Seite sehen müssen, wenn wir das Niveau des Handelns in kulturellen Institutionen in diesem Land weiter in der Form aufrechterhalten bzw. sogar weiter ausbauen wollen.
Köhler: Hat Merrill Lynch Sie über Konsequenzen schon in Kenntnis gesetzt? Sind Sie im Gespräch? Was ist Stand der Dinge?
Hollein: Im Fall von Lehman Brothers war es natürlich klar, die Bank hat den Konkurs angemeldet, das bedeutet natürlich auch, dass gewisse Forderungen, die wir gegenüber der Bank haben, wir natürlich jetzt im Rahmen eines Konkursverfahrens einreichen müssen. Das ist aber in diesem Fall für uns jetzt weniger drastisch. Hier handelt es sich nicht um riesige Summen.
Köhler: Sie müssen keine Ausstellungen absagen und keine Ankäufe absagen?
Hollein: Nein, im Moment haben wir derzeit keine Finanzproblematik. Aber natürlich langfristig, wenn wir sagen, wir schlittern jetzt hier in eine mehrjährige Rezession, dann wird das sicherlich Folgen haben auf alles, nicht nur auf die Kultur, sondern auf viele andere Ausgaben im Bereich der Bildung, im Bereich des Sozialen und einiges andere mehr. Das gilt es allerdings noch zu beobachten, bevor man quasi auf allen Seiten das Panikorchester aufspielen lässt.
Köhler: Von der institutionellen Finanzkrise zum Bürgerengagement, auch eine Art Retro. Max Hollein, Direktor von Städel, Schirn und Liebieghaus in Frankfurt am Main war das.