Knapp 10.000 Kilometer Luftlinie sind es von Indian Wells bis in die Ukraine. Das mag weit weg klingen, doch der Krieg rückte in den vergangenen Tagen ganz nah ran an das Tennis-Turnier in Kalifornien. Dafür sorgten Spielerinnen aus der Ukraine wie Dayana Yastremska, die das Leid durch ihre Erlebnisse an die US-Westküste brachten. Die Geschichte ihrer Flucht bewegte, sorgte für großes Mitgefühl.
Yastremska war bei ihrer Familie in Odessa, als am 24. Februar die russische Invasion begann: "Wir sind vom Bomben- und Raketenlärm wachgeworden. Ich bin in die Küche gelaufen, habe meinen Vater gefragt, was ist los? Er sagte: Der Krieg hat begonnen."
Flucht mit der Schwester
Der Vater fuhr seine Familie tags darauf zur rumänischen Grenze, um seine Frau und die beiden Töchter in Sicherheit zu bringen. Doch die Ehefrau entschied sich kurzfristig um, wollte ihren Mann nicht in der Ukraine zurücklassen. Deshalb mussten die Töchter alleine weiter.
"Wir haben viel geweint. Das Schlimmste war der Gedanke, wann wir unsere Eltern wiedersehen? Mein Vater meinte zu mir: Dayana, du bist jetzt für deine Schwester und dich verantwortlich. Bleibt zusammen und unterstützt euch gegenseitig", erzählt Yastremska.
Dayana Yastremska ist 21 Jahre alt, ihre Schwester Ivanna erst 15. Von Rumänien aus reisten beide zunächst zu einem Turnier in Frankreich und dann weiter nach Indian Wells. Dort zeigte sich auch Angelique Kerber besorgt. Deutschlands Nummer eins lebt in Polen, viele Verwandte ebenso.
"Da will man schon in Kontakt auch mit der Familie sein. Ich wohne jetzt auch nicht weit weg, meine Großeltern sind da, und natürlich checkt man da jede fünf Minuten oder jede Stunde die Nachrichten. Da stell’ ich jetzt gerade tatsächlich nicht mein Tennis an die erste Stelle”, sagte Kerber.
Kerber: "Die Gedanken sind überall"
Selbst in der Kabine, wo der Fokus ansonsten ausschließlich auf Tennis liegt, wurde über Krieg, Bomben und Tot gesprochen. "Natürlich ist das ein Thema, auch unter den Spielern. Und natürlich merkt man schon, dass die Gedanken überall sind."
Die Solidarität mit der Ukraine ist im Indian Wells Tennis Garden überall sichtbar gewesen. Von Flaggen bis zu gelb-blauen Schleifen, die Profis während der Partien an ihren Outfits trugen. Allerdings gab es auch Misstöne.
Die ukrainische Spielerin Marta Kostyuk wurde besonders deutlich: "Keine der russischen Spielerinnen ist zu mir gekommen und hat gesagt, dass es ihnen leid tut, was ihr Land meinem Land antut. Du musst nichts mit Politik am Hut haben, um ein Mensch zu sein. Es tat mir jedes Mal weh, wenn ich sie hier gesehen habe. Ihr größtes Problem war, dass sie kein Geld in die Heimat überweisen können. Das ist für mich untragbar."
Im Gegensatz zu anderen Sportverbänden haben es die internationalen Tennisverbände Profis aus Russland und Belarus erlaubt, weiterhin als Einzelstarter an Turnieren teilzunehmen - so auch diese Woche in Miami.