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Verein Athletes for Ukraine
„Wenn jetzt die Leute nicht aufwachen, wüsste ich nicht, wann sonst“

In Deutschland gibt es in diesen Tagen viel Unterstützung für geflüchtete Menschen aus der Ukraine. Tausende Freiwillige helfen im ganzen Land, spenden oder fahren sogar selbst an die ukrainische Grenze. Auch im Sport hat sich jetzt ein Verein gegründet, der Menschen aus der Ukraine unterstützen will.

Von Raphael Späth |
Das Logo des Vereins "Athletes for Ukraine"
Der Verein "Athletes for Ukraine" will vom Krieg betroffenen Menschen in der Ukraine helfen. (Athletes for Ukraine)
Der Verein „Athletes for Ukraine“ wurde vor gut zwei Wochen gegründet. Einer der Mitbegründer ist Jens Steinigen, der als Biathlet 1992 auch Olympiasieger mit der Staffel wurde. Er sagte dem Deutschlandfunk, er sei schockiert gewesen vom russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Nachdem er vom Einmarsch der russischen Truppen gehört hat, habe er all seine alten Sportkontakte aktiviert und zusammen mit Weggefährten und Freunden den Verein gegründet. Die Idee sei ursprünglich gewesen, die Kraft und Macht des Sports zu nutzen und zu bündeln – und viele seien begeistert worden, so Steinigen.
Er versammelte innerhalb kurzer Zeit 54 Gründungsmitglieder aus ganz Europa, größtenteils Ex-Sportler. Innerhalb von zwei Wochen hat sich die Mitgliederzahl bereits mehr als verdreifacht. Darunter sind auch prominente Unterstützerinnen wie Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Aljona Savchenko oder Katharina Hennig, die jetzt erst vor ein paar Wochen in Peking bei den Olympischen Spielen im Langlauf Gold gewonnen hat.

Kräfte im Sport bündeln

Der Verein zudem mit dem Deutschen Olympischen Sportbund Kontakt aufgenommen, und auch der Biathlon-Weltverband ist mit dabei. Ziel sei es jetzt, den Verein weltweit bekannt zu machen und damit ein Zeichen zu setzen, so Steinigen:
„Dass wir so viel Kraft in die ganze Sachen kriegen, dass es wirklich über die Grenzen hinweg und selbst nach Russland reinschwappt.“
Steinigen selbst hat auch aus seiner Zeit als professioneller Sportler noch Kontakte nach Russland, und versucht darüber, die ehemaligen Sportlerinnen und Sportler dort zu aktivieren. Oberstes Ziel sei es natürlich, für Sportlerinnen und Sportler aus der Ukraine Anlaufstelle zu sein.

Vereinsmitglieder haben fast 50 Mütter und Kinder mit nach Deutschland genommen

Ein großes Projekt wurde am Wochenende verwirklicht, als Mitglieder des Vereins mit Hilfsgütern nach Medyka an die polnisch-ukrainische Grenze gefahren sind. Sie haben fast 50 Mütter und Kinder wieder mit nach Deutschland genommen. Auf dieser Hilfsfahrt dabei war auch Rodel-Olympiasieger Felix Loch. Er schreibt in den sozialen Netzwerken, dass er nach dieser Reise zum ersten Mal in seinem Leben ratlos, fassungslos und hoffnungslos sei. Was da im Herzen Europas passiere, sei schockierend und menschenunwürdig.

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Die Mütter und Kinder wurden mit der Hilfe des Bayerischen Landessportbundes versorgt und auch psychologisch betreut. Einige der Geflüchteten sind bereits weitergezogen an andere Orte. Nun wächst der Verein und damit wachsen auch die Projekte, die man verwirklichen will, in den nächsten Tagen und Wochen weiter, sagt Jens Steinigen.
„Das ist nur ein Bestandteil, von dem was wir machen wollen. Wir wollen schauen, dass die Sportvereine in den Regionen versuchen, die Kinder in den Vereinssport zu integrieren. Da gibt es eine Vielzahl von Ideen, die über den Protest hinausgehen.“ Wie bekannt dieser Verein bereits ist, zeigen auch Anfragen von Sportlerinnen und Sportlern aus der Ukraine selbst, die an der Grenze stehen und nicht weiter wissen. Man hat auch dem Paralympics-Team der Ukraine Hilfe angeboten.

Steinigen: "Keine Zeit für politische Neutralität"

Der Verein wird voraussichtlich in den nächsten Tagen und Wochen weiter wachsen, weil, das befürchtet auch Jens Steinigen, ein Ende des Krieges wohl noch lange nicht in Sicht ist. Jens Steinigen meint, gerade in diesen Zeiten sei es vor allem als Athlet wichtig, seine Plattform zu nutzen: „Es ist keine Zeit mehr, dass sich irgendjemand hinstellt und sagt, wir müssen politisch neutral sein. Da sterben echt Menschen. Der Krieg ist fürchterlich. Wenn jetzt die Leute nicht aufwachen, wüsste ich nicht, wann sonst.“