Klage gegen FIFA
Spielergewerkschaft FIFPRO warnt vor Überlastung im Spitzenfußball

Im Profifußball müssen die Spieler immer mehr Partien absolvieren. Auch junge Profis sind zunehmend gefordert. Bei Top-Klubs sei die Belastung extrem, warnt die internationale Spielergewerkschaft FIFPRO und sucht den Konflikt mit der FIFA.

Von Chaled Nahar |
Der deutsche Nationalspieler Florian Wirtz hält einen Fußball in der Hand und sieht erschöpft aus
Der deutsche Nationalspieler Florian Wirtz hat mit 21 Jahren schon 11.500 Profiminuten gespielt – fast dreimal so viel wie Michael Ballack im gleichen Alter. (IMAGO / Gladys Chai von der Laage)
In ihrem Jahresbericht betont die Spielergewerkschaft FIFPRO die gestiegene Belastung für viele Spieler. Vor allem bei den Spitzenklubs könne diese extrem werden:
So absolvierte Julian Alvarez für Atlético Madrid und Argentiniens Nationalmannschaft in der vergangenen Saison 75 Spiele. Cristian Romero, der für Tottenham Hotspur und für Argentinien aktiv ist, legte dem Bericht zufolge 163.000 Kilometer bei Reisen für seine Spiele zurück.
Gerade junge Profis sind heute stärker gefordert als in der Vergangenheit. Der deutsche Nationalspieler Florian Wirtz von Bayer Leverkusen hat mit seinen 21 Jahren bereits 11.500 Minuten Profifußball gespielt. Zum Vergleich: Das ist fast dreimal so viel wie Michael Ballack im selben Alter.
Besserung ist nicht in Sicht, im Gegenteil: Die UEFA weitet die Champions League und die anderen Europapokal-Wettbewerbe zur neuen Saison deutlich aus. Die WM wird ab 2026 auf 48 Teams vergrößert. Und die FIFA startet im Sommer 2025 ihre neue Klub-WM mit 32 Teams.

Mehrere Gewerkschaften verklagen die FIFA

Immer mehr Partien, kaum Pausen - laut FIFPRO leidet das Spiel, wenn die Protagonisten überstrapaziert sind und so ihre Leistung nicht bringen können. Drei Gewerkschaften aus Italien, Frankreich und England verklagen deshalb nun die FIFA. Sie fordern, bei der Kalendergestaltung stärker einbezogen zu werden.
Die in der internationalen Gewerkschaft FIFPRO organisierten Spielergewerkschaften aus Frankreich und England leiteten bei einem Handelsgericht in Brüssel rechtliche Schritte ein. "Damit wird die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen der FIFA angefochten, den internationalen Spielkalender einseitig festzulegen", teilte FIFPRO mit.
Dabei gehe es "insbesondere um die Entscheidung, die FIFA Klub-Weltmeisterschaft 2025 einzuführen". Die WM soll ab 2025 alle vier Jahre mit 32 Teams stattfinden. Bayern München und Borussia Dortmund sind bereits qualifiziert.

FIFPRO: "Das Recht auf Pausen besteht praktisch nicht mehr"

Zugleich wurde der Europäische Gerichtshof in Luxemburg gebeten, Fragestellungen zu beantworten, was die Anwendung von europäischem Recht in dem Fall angeht - vor allem, inwieweit die FIFA Entscheidungen über den Kalender ohne Einbindung der Gewerkschaften treffen darf.
FIFPRO schreibt, dass die EU-Grundrechtecharta beispielsweise das Recht einräume, Tarifverträge auszuhandeln oder einen bezahlten Jahresurlaub zu bekommen. "Das Recht auf eine garantierte jährliche Pause gibt es praktisch nicht mehr, da die Klub-WM in dem einzigen Zeitraum des Jahres ausgetragen werden soll, der den Spielern theoretisch für solche Pausen zur Verfügung steht."
Die Gewerkschaften beziehen sich auch ausdrücklich auf das Urteil des EuGH zur Super League, das die Verbände in ihrer Monopolstellung einschränkt.
Bereits im Mai hatte FIFPRO gemeinsam mit dem weltweiten Ligenverband WLA, in dem auch die Bundesliga organisiert ist, mit einer Klage gedroht. Beide Seiten fürchten negative Auswirkungen durch die neue WM:
Für die Spieler im Spitzenbereich steigt die Belastung weiter, auch im Zusammenspiel mit der ausgeweiteten Champions League und der vergrößerten WM der Nationalteams.
Für die Ligen besteht die Gefahr, kommerziell unter Druck zu geraten, wenn neben der UEFA nun auch die FIFA als Konkurrentin verstärkt um TV-Gelder kämpft.

FIFA weist alle Vorwürfe zurück

Die FIFA hatte im Mai den Ligen und der Gewerkschaft in einer Antwort mitgeteilt, dass sie die Vorwürfe nicht verstehen könne und wies sie zurück. FIFA-Generalsekretär Mattias Grafström schrieb, alle seien bei der Erstellung des Kalenders berücksichtigt worden. "Aber es ist nicht immer möglich, alle in diese Angelegenheit zufriedenzustellen."
Er verwies auf verschiedene Treffen und schlug neue Gespräche vor. Grafström fragte, ob auch rechtliche Schritte gegen Klubs oder andere Verbände eingeleitet worden seien. Damit ist unter anderem die UEFA gemeint, die den Europapokal ab der Saison 2024/25 stark ausweitet.

Spielerstreik als letzte Lösung?

David Terrier, Vorstandsmitglied bei FIFPRO aus Frankreich, sinniert über drastische Mittel. "Die letzte Möglichkeit die wir gemeinsam haben ist, dass wir nicht spielen", sagt Terrier. "Wir unterstützen die Spieler, wir arbeiten für sie und erklären ihnen die Situation. Vielleicht ist ein Streik die letzte Lösung, aber das wollen wir nicht. Wir wollen, dass gespielt wird."
FIFPRO drängt auch auf andere Lösungen. Eine Abschaffung oder Verkleinerung von Wettbewerben sei nicht unbedingt notwendig. Aber es fehlt der Gewerkschaft zufolge an Regulierung. Denkbar sei daher eine Obergrenze von Spielen pro Spieler.