Archiv

Weiterhin kein Gutachten zu Doping-Vergangenheit
Frank Ullrich spielt auf Zeit

Dem Sportausschuss-Vorsitzenden wird vorgeworfen, als ehemaliger Biathlet und Trainer mehr in das Dopingsystem der DDR verstrickt gewesen zu sein als er bisher zugab. Jetzt betont er, zeitnah eine geeignete Person für ein Gutachten finden zu wollen.

Von Wolf-Sören Treusch |
    Der SPD-Politiker und Sportausschuss-Vorsitzende Frank Ullrich in der 52. Sitzung des Deutschen Bundestages im Reichstagsgebäude.
    Der SPD-Politiker und Sportausschuss-Vorsitzende Frank Ullrich in der 52. Sitzung des Deutschen Bundestages im Reichstagsgebäude. (IMAGO / Future Image / IMAGO / Jean MW)
    Mit keinem Wort erwähnt der Vorsitzende des Sportausschusses Frank Ullrich, SPD, das unabhängige Gutachten in eigener Sache. Obwohl im Sportausschuss des Bundestages an diesem Tag der Antidoping-Bericht der Nationalen-Anti-Doping-Agentur NADA auf der Tagesordnung stand. Eigentlich eine gute Gelegenheit für den Vorsitzenden, mehr Licht ins Dunkel um die eigene Person zu bringen.
    Vor einem Jahr hatte er angekündigt, ein Gutachten in Auftrag zu geben, um die Vorwürfe gegen ihn wegen seiner ungeklärten Doping-Vergangenheit aufzuklären. Passiert ist seitdem nichts. Jetzt aber scheint Bewegung in die Sache zu kommen, erklärt der sportpolitische Sprecher der Unionsfraktion Fritz Güntzler: „Er ist dran, er hat uns heute auch in der Obleuterunde gesagt, dass zeitnah es eine Untersuchung geben wird und einen Bericht geben wird, den er dann auch öffentlich machen wird, und von daher hätten wir uns das etwas schneller gewünscht, sind aber jetzt froh, dass alles auf den Weg gebracht wird.“
    Philip Krämer von Bündnis 90/Die Grünen, stellvertretender Vorsitzender des Sportausschusses, findet es vollkommen unverständlich, dass es nach einem Jahr noch immer kein Gutachten gibt. „Ich würde ganz gerne jetzt einfach ein Ergebnis sehen und schwarz auf weiß sehen, wer beauftragt wird und in welchem Umfang, welche Fragestellungen dort bearbeitet werden, weil: alles andere ist schwierig.“

    Ullrich will "zeitnah" geeignete Person für Gutachten finden

    Zum Hintergrund: der ehemalige Weltklasse-Biathlet Frank Ullrich bestreitet rigoros, in seiner Zeit als Leistungssportler und Trainer in der DDR wissentlich mit Doping in Kontakt gekommen zu sein. Daran gibt es Zweifel. Er ist bereit, ein unabhängiges Gutachten auf den Weg zu bringen. Er sei Zitat: „zuversichtlich, eine geeignete Person jetzt zeitnah finden zu können“, schreibt er dem Deutschlandfunk.
    „Zeitnah ist für mich: wenige Tage.“ Keine Silbe dazu, warum er das ein Jahr lang nicht geschafft hat. Phillip Krämer vom Koalitionspartner Bündnis 90/Die Grünen bleibt skeptisch. „Für mich ist das ein Punkt, dass wir gerade heute, wo wir über den Nationalen Doping-Bericht gesprochen haben, von Tag zu Tag, wo das Gutachten eben nicht in Auftrag gegeben wird, an Glaubwürdigkeit verlieren, weil Frank Ullrich den Sportausschuss des Deutschen Bundestages repräsentiert, und dementsprechend muss ich sagen, dass ich absolut kein Verständnis mehr dafür habe, dass dieses Gutachten nicht in Auftrag gegeben wird.“ Ein Befreiungsschlag ist dem Sportausschussvorsitzenden mit der dürren Erklärung nicht gelungen. Frank Ullrich steht weiter unter Druck.