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Investorendeal der DFL
Fans in Dortmund äußern Bedenken in Diskussion mit Spitzenfunktionären

Die Debatte um einen Investor für die Deutsche Fußball Liga sorgt für schwer vereinbare Standpunkte zwischen Fans und Clubvertretern. Das wurde bei einer Runde zwischen Fans und Hans-Joachim Watzke (BVB) und Axel Hellmann (Frankfurt) deutlich.

Von Chaled Nahar |
Hans-Joachim Watzke (2.v.l.), Geschäftsführer von Borussia Dortmund und DFL-Aufsichtsratschef sowie Axel Hellmann (l.), Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt und DFL-Interimsgeschäftsführer bei der Podiumsdiskussion.
Hans-Joachim Watzke (2.v.l.), Geschäftsführer von Borussia Dortmund und DFL-Aufsichtsratschef sowie Axel Hellmann (l.), Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt und DFL-Interimsgeschäftsführer bei der Podiumsdiskussion. (Bernd Thissen / dpa / Bernd Thissen)
Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der zugleich Aufsichtsratschef der Deutschen Fußball-Liga (DFL) ist, nahm gemeinsam mit DFL-Interimsgeschäftsführer Axel Hellmann an einer Diskussionsrunde teil, die die Fanabteilung von Borussia Dortmund mit dem Bündnis "Südtribüne Dortmund" in den Räumlichkeiten des Westfalenstadions veranstaltete.
Watzke und Hellmann versuchten zu erklären, warum der Einstieg eines Investors aus ihrer Sicht sinnvoll für die Liga und ihre Klubs ist. Als Watzke die aktive Fanszene von Borussia Dortmund um Vertrauen bat, widersprach ihm Nicolai Mäurer von den Fanszenen Deutschland. "Das Vertrauen hat gelitten in den letzten Jahre, es gibt keine Transparenz, ohne Fans hätte es keine Diskussionsrunde gegeben", sagte Mäurer.

Fankritik: "Nachhaltigkeit? Demut? Absolute Luftnummern!"

Die beiden DFL-Funktionäre sahen sich viel Kritik ausgesetzt, die über den Investorendeal hinaus ging. Claas Schneider von der Dortmunder Ultragruppe "The Unity" sagte, dass es Private-Equity-Unternehmen, die nun in die DFL investieren wollen, nur um Gewinnmaximierung gehe.
"Die werden sich von Tag eins reinhängen, um das Produkt voranzutreiben." Schneider sprach Zusagen der DFL aus der Coronazeit an und urteilte: "Nachhaltigkeit? Demut? Absolute Luftnummern."

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Großes Thema Anstoßzeiten

Immer wieder nahm das Thema Anstoßzeiten Raum ein. Viele Fans äußerten die Befürchtung, dass ein Investor in der DFL den Spieltag weiter zersplittern könnte. "Ich kämpfe nicht seit Jahren für die 50+1-Regel, um jetzt ein trojanisches Pferd hereinzulassen. Wir wollen definitiv keine weiteren Anstoßzeiten", sagte BVB-Geschäftsführer Watzke. Hellmann sagte: "Die Diskussion ist eine theoretische." Er versprach einen "handfesten Vertrag", der eine solche Einflussnahme ausschließe.
Immer wieder betonten die beiden Funktionäre den Kapitalbedarf und die Bedeutung der Weiterentwicklung der DFL. Die spanische Liga und die französische Ligue 1 haben solche Investoreneinstiege bereits getätigt, in der Serie A in Italien gibt es zumindest Pläne dafür. Man wolle nicht zusehen wie andere enteilen, so Hellmann und Watzke.
Einige Fans kritisierten mit Blick auf aktuelle Versprechen, dass später andere Funktionäre das Sagen haben werden. Ein wichtiger Punkt blieb die Beteiligung an dem Prozess durch Fans und Mitglieder der Vereine. Hellmann verwies auf bestehende Strukturen, nach denen die Vereine gewählte Repräsentanten in der DFL haben.

Der Plan: Geld vom Investor für die Beteiligung an TV-Erlösen

Der Plan der DFL sieht im Kern folgendes vor:
  • Die DFL gründet eine Tochtergesellschaft für die TV-Rechte.
  • Ein Investor zahlt der Liga zwei Milliarden Euro.
  • Der Investor erhält dafür 20 Jahre lang 12,5 Prozent der Erlöse aus dem Verkauf der TV-Rechte dieser Tochterfirma.
  • Das Ziel: Die Erlöse steigen insgesamt und für alle entsteht neben der hohen Einmalzahlung ein dauerhafter Gewinn.
Von ursprünglich sechs möglichen Investoren kommen derzeit noch vier ernsthaft in Betracht. Am 24. Mai entscheidet eine Mitgliederversammlung der 36 Klubs darüber, ob das Geschäft weiter vorangetrieben wird. Damit bleiben vielen Fans und Klubs nur noch rund zwei Wochen zur Meinungsbildung - inmitten der Schlussphase der Saison.

DFL und die Klubs sollen sich zwei Milliarden aufteilen

Mit den zwei Milliarden Euro soll folgendes passieren:
  • Topf 1 (40 Prozent): Digitalisierung und Internationalisierung der DFL. Das Geld verbleibt bei der DFL. Eine Online-Streamingplattform für die Verbreitung von Inhalten soll aufgebaut und damit vor allem auch Fans im Ausland angesprochen werden, besonders jüngere.
  • Topf 2 (45 Prozent): Investition in die Infrastruktur der Klubs. Die Klubs sollen Geld bekommen und damit beispielsweise in ihre Stadien, Nachwuchsleistungszentren oder Geschäftsstellen, aber auch in Digitalisierung investieren.
  • Topf 3 (15 Prozent): zur freien Verfügung. Hier sollen die Klubs mit dem Geld zur Steigerung der Attraktivität in neue Spieler investieren können oder Schulden abbauen.
Kritik gibt es von vielen Fans vor allem daran, dass die DFL auf diese Weise Einnahmen aus der Zukunft in der Gegenwart ausgibt. Auch die Tatsache, dass die Töpfe 2 und 3 ähnlich wie beim aktuellen TV-Schlüssel zugunsten der großen Klubs verteilt werden sollen, ist Teil der Kritik - die Unterschiede könnten sich verstärken, so die Befürchtung. Zudem sollen Klubs, die bereits moderne Rahmenbedingungen haben, das ihnen zustehende Geld für infrastrukturelle Maßnahmen ebenfalls frei verwenden können - was wiederum große Klubs besser stellen könnte.
Mit dem Investorengeld soll darüber hinaus teilweise die Lücke von 12,5 Prozent für die Klubs gefüllt werden, die durch das Geschäft entsteht. Nach Informationen des Deutschlandfunks geht es hier um rund 500 Millionen Euro, je nachdem wie der genaue Deal aussieht. Auch dieses Geld würde wohl nach TV-Schlüssel verteilt werden.