Westjordanland und Israel
Fußball in Zeiten eines zugespitzten Konflikts

Viele und vor allem junge Menschen in Israel und dem Westjordanland sind fußballbegeistert. Spielen kann seit Beginn des Krieges aber längst nicht mehr jeder – besonders in den Palästinensergebieten.

Von Marion Sendker |
Palästinensischer Fußballer spielen auf einem Schulhof in Gaza Stadt.
Im Gazastreifen sind viele Fußballplätze im aktuellen Konflikt zerstört worden. (picture alliance / Anadolu / Abdo Abu Salama)
Frauen beweinen den Tod eines jungen Fußballers: Majdy Salem Khaled, 20 Jahre alt, getötet bei einem Luftwaffenangriff Israels auf ein Flüchtlingslager bei Tulkarem im Westjordanland. Insgesamt kamen 20 Menschen um.
Nach einem Jahr Krieg ist der palästinensische Fußball schwer betroffen: Mindestens 314 tote Spieler, 50 zerstörte Stadien und Spielfelder in Gaza, sieben im Westjordanland. Ist der Fußball ein Kollateralschaden des Krieges? Nicht wirklich, sagt die Sprecherin des Palästinensischen Fußballverbandes, Dima Said.
„Es ist ein strategisches Ziel der israelischen Streitkräfte, Teil einer umfassenden Kampagne: Durch die Zerstörung des Sportsektors sollen die palästinensische Gesellschaft, Identität und Widerstandsfähigkeit untergraben werden. Unsere gesammelten Beweise sollten ausreichen, um Israel gemäß internationaler Sportgesetze und -standards zur Rechenschaft zu ziehen.“

"Vor dem Krieg war Fußball unser Leben"

Besonders schwer ist es für die Sportler im Gazastreifen. Seit dem 07. Oktober sei alles anders, erzählt der Nationalspieler Naji al-Nahal am Telefon: Er sitzt im Gazastreifen fest. „Vor dem Krieg war Fußball unser Leben, es war alles, vor allem in meiner Stadt, Gaza und in Rafah. Es waren die schönsten Tage meines Lebens. Wir können nicht mehr spielen, nicht mal ein bisschen. Die Felder, die Sportclubs, alles zerstört.”
Der Palästinensische Fußballverband übt seit Monaten Druck auf den Weltverband FIFA aus, fordert Sanktionen für die israelischen Fußballclubs. Anfang Oktober reagierte die FIFA: Keine Sanktionen, aber eine Untersuchung. Schriftlich teilte der Verband mit: „Die FIFA-Disziplinarkommission wird beauftragt, eine Untersuchung des mutmaßlichen Diskriminierungsvergehens gegen den israelischen Fußballverband einzuleiten.“
Der Fußballverband Israels streitet alle Vorwürfe ab. Sein Präsident, Ofer Eini, will sich nur schriftlich äußern: „Wie üblich handelt es sich um unbegründete Argumente, die schon seit Jahren von niemandem im Weltfußball für wahr befunden wurden. Der Palästinensische Verband stellt die Dinge verzerrt und selektiv dar. Krieg fordert von allen Seiten einen hohen Tribut. Auch in weiten Teilen Israels können wegen des Raketenbeschusses von palästinensischer und libanesischer Seite keine Spiele abgehalten werden.“

Helikopter auf dem Spielfeld

Der Krieg hat den Fußball fest im Griff. Ende September feierten Spieler des Jerusalemer Klubs Beitar in der Kabine, nachdem die israelische Armee den Chef der schiitischen Miliz Hizbullah, Hassan Nasrallah, getötet hatte.
Auch jenseits von Spielen ist der Krieg Teil des Fußballalltags geworden. Im Stadion von Beitar Jerusalem werden Trainings manchmal unterbrochen, erzählt der Fitness-Coach von Beitar, Ronen Weiss – und holt sein Handy raus: „Wollen Sie das mal sehen? Ich zeige Ihnen etwas von heute: Ein Helikopter, hier gelandet, ein Soldat, sehen Sie? Hier, vor 20 Minuten ist er gelandet, ich glaube, er war verwundet und sie haben ihn ins Krankenhaus gebracht, das ist da vorne. Das Feld gehört jetzt ja auch zur Armee."