Wann ist ein Sportverband gut geführt? Im Sports Governance Observer geht es um Transparenz und demokratische Prozesse, wie Wahlen – es geht um Rechenschaftspflicht und die gesellschaftliche Verantwortung eines Sportverbandes. An diesen vier Hauptkriterien werden Sportorganisationen in der Untersuchung gemessen: Dabei wurden hunderte Voraussetzungen auf ja-nein-Basis überprüft. Zum Beispiel: Gibt es eine Begrenzung von Amtszeiten? Sind Finanz-Kennzahlen öffentlich?
Nur 40 Prozent der Kriterien werden erfüllt
Und das Bild, das die Sportverbände abgeben, ist schlecht: Nur 40 Prozent der Kriterien werden bei der aktuellen Untersuchung erfüllt. "Schon aus der Zusammenfassung kann man sehen, dass sich die Verbandsführung in diesen 15 Ländern am unteren Ende von 'durchschnittlich' auf der Skala befinden, am Rande zu schlechter Führung", sagt Projektleiter Sandy Adam von der Uni Leipzig. Deutsche Verbände sind diesmal nicht Teil der Erhebung. Dafür Sportverbände in 15 anderen Ländern, darunter Spanien, Indonesien und die USA.
Insgesamt schneiden sie bei Themen wie Geschlechtergerechtigkeit, Inklusion und Umweltschutz am schlechtesten ab. Und es gibt simple Transparenzprobleme: Nur 2 Prozent der Verbände veröffentlichen Übersichten zu möglichen Interessenskonflikten. Nur jeder zehnte Verband bietet eine Möglichkeit für anonyme Beschwerden.
Ohne jede öffentliche Kontrolle
Aus der Sicht des portugiesischen Juristen und Politiker Miguel Poiares Maduro ein Armutszeugnis – aber auch logisch. Er selbst war für wenige Monate Vorsitzender der Governance-Kommission der FIFA. "Es ist einfach bemerkenswert, dass dieser Wirtschaftssektor unter keinerlei öffentlicher Kontrolle steht. Keine Aufsicht, keine Regulierung. Und die Ergebnisse, die wir hier sehen, sind die Konsequenz daraus", sagt Maduro. Er fürchtet, dass die Resultate abseits der abgefragten Formalitäten noch schlechter wären – würde man tatsächlich die qualitative Verbandskultur anschauen.
Vorbildrolle ernst nehmen
"Wenn der Sport eine Vorbildrolle in der Gesellschaft spielen will, dann müssen die Organisationen das sehr, sehr ernst nehmen", sagt Sarah Lewis, sie war 20 Jahre lang Generalsekretärin des Welt-Skiverbandes. Lewis hat in ihrer vormaligen Rolle für die FIS den Fragebogen der Forschenden bearbeitet.
Sie selbst habe weniger Angst vor den Ergebnissen gehabt – das Ganze sei hilfreich gewesen: "Für uns war diese Befragung wie eine Art Checkliste: Wie ein Auftrag, es durchzuziehen und alle Punkte anzuschauen: Das wird also erwartet von guter Verbandsführung. Was erfüllen wir? Was erfüllen wir, aber veröffentlichen es nicht? Und was tun wir noch nicht und warum?"
Ganz so offen sind aber bei weitem nicht alle Entscheider*innen im Sport. Einige Verbände haben auch diesmal gar nicht auf die Anfrage der Forschenden geantwortet.