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Sexualisierte Gewalt im Schwimmen
Entschädigungszahlung für Jan Hempel

Der Deutsche Schwimmverband wird dem ehemaligen Wasserspringer Jan Hempel eine Entschädigungszahlung in Höhe von insgesamt 600.000 Euro zukommen lassen. Das teilte der Verband heute mit. Hempel hatte vor anderthalb Jahren öffentlich gemacht, dass er von seinem ehemaligen Trainer jahrelang sexuell missbraucht worden war.

Von Andrea Schültke |
Jan Hempel als Gast in der ARD-Talkshow "maischberger" im August 2022.
Jan Hempel als Gast in der ARD-Talkshow "maischberger" im August 2022. (IMAGO / Future Image / IMAGO / Sven Kanz)
"Mein Mandant hat die Einigung mit großer Erleichterung und Genugtuung aufgenommen", bestätigt Hempels Anwalt Thomas Summerer gegenüber dem Deutschlandfunk. Ursprünglich hatte Summerer eine Klage gegen den Deutschen Schwimmverband angekündigt, auf eine Zahlung von Schmerzensgeld in Millionenhöhe.
Die hätte mehrere Jahre gedauert, Ausgang ungewiss. Nach Angaben seines Anwalts ist der gesundheitlich angeschlagene Hempel froh, "dass ihm ein längerer Rechtsstreit vor Gericht erspart bleibt".

Schwere Vorwürfe von Hempel gegen seinen früheren Trainer

Vor anderthalb Jahren hatte Jan Hempel die schweren Vorwürfe gegen seinen früheren Trainer in einer ARD-Dokumentation öffentlich gemacht. Der Deutsche Schwimmverband hatte daraufhin eine unabhängige Aufarbeitungskommission ins Leben gerufen. Das vierköpfige Gremium um den Sportrechtler Martin Nolte und die Sportsoziologin Bettina Rulofs war nach eigenen Angaben an der Schlichtung, die zur Einigung zwischen dem DSV und Jan Hempel führte nicht beteiligt, begrüßt das Ergebnis als "angemessenen Weg, um mit der Forderung nach Wiedergutmachung aber auch mit der Übernahme von Verantwortung im Sport umzugehen".
Die Kommission hatte im März ihre Arbeit aufgenommen. Schon damals hatte Wolfgang Rupieper, Vize-Präsident des Deutschen Schwimmverbandes, Entschädigungszahlungen an Betroffene nicht grundsätzlich ausgeschlossen: "Also da suchen wir Möglichkeiten und Wege, dass wir da der moralischen Verpflichtung, die wir gegenüber den Betroffenen, gegenüber den Opfern haben, gerecht werden." Die heute verkündete Einigung spiegelt laut Rupieper den "tiefen Respekt gegenüber Jan Hempel und allen Betroffenen wider".

"Geld macht den Schaden nicht wieder gut, kann aber helfen"

"Eine finanzielle Leistung macht sicher nicht das wieder gut, was an psychischem und körperlichem Schaden entstanden ist, kann aber hoffentlich ein wenig dabei helfen, mit den Folgen des Missbrauchs umzugehen", urteilt Bettina Rulofs von der Aufarbeitungskommission.
Hempel-Anwalt Thomas Summerer sieht in der Entschädigungszahlung für seinen Mandanten ein "Zeichen der Versöhnung". Nach Ansicht des Juristen könnten auch andere Betroffene damit rechnen, dass der DSV ihr Leid sowohl moralisch als auch finanziell anerkenne.
Aus Sicht der Aufarbeitungskommission zeigt der Deutsche Schwimmverband mit seinem Handeln auch: "Dass ein Sportverband und im übrigen auch erstmalig in der Auseinandersetzung mit Missbrauchsfällen im Sport in Deutschland eine Position einnimmt und durch die Zahlung ein Zeichen dafür setzt, dass auch Fehler seitens der Organisation gemacht wurden".