Der Klimawandel stellt auch das Skispringen vor die Frage, wie die Zukunft aussehen wird. "Wir denken an eine mobile Anlage", sagte FIS-Renndirektor Sandro Pertile am Rande der Vierschanzentournee in Bischofshofen. "Die könnten wir in Rio im Maracana aufbauen und eine Riesenshow bieten. Die mobile Anlage ist unser Ziel. Damit könnten wir überall hin in der Welt." Sprünge von bis zu 150 Metern seien damit denkbar.
Zudem gebe es die Möglichkeit, Indooranlagen zu bauen. "Zum Beispiel in Dubai - wenn wir einen Investor finden würden."
DSV: "Unser Ziel ist es, im Hochwinter auf Schnee zu springen"
Der Deutsche Ski-Verband (DSV) betonte in einer Antwort auf eine Anfrage des Deutschlandfunks, dass Pertile "von einem Brainstorming und über seine persönlichen Gedanken zum Thema Entwicklungspotenzial des Skispringens" gesprochen habe.
Grundsätzlich gebe es die Möglichkeit von hybriden Wettbewerben mit einer Anfahrt auf Eisspur und der Landung auf Matten bereits. "Das schafft den Veranstaltern angesichts der Herausforderungen durch den Klimawandel eine höhere Planungssicherheit, Wettbewerbe durchführen zu können."
Die Zukunft sehe man jedoch weiter im Wintersport. "Unser Ziel ist es, Skibewerbe im Hochwinter auf Schnee durchzuführen. Die Begeisterung in Deutschland für den Wintersport ist nach wie vor ungebrochen und Teil der Kultur. Wintersportveranstaltungen, wie die gerade zu Ende gegangenen Vierschanzentournee, haben ihre Attraktivität für den Zuschauer vor Ort wie auch für die Menschen am TV mit ausverkauften Stadien und Top-TV-Quoten unter Beweis gestellt."
ÖSV: "Springen in Brasilien oder in den Emiraten lösen keine nachhaltige Begeisterung aus"
Auch der österreichische Verband (ÖSV) sieht angesichts der Begeisterung für die Vierschanzentournee die Zukunft des Skispringens weiterhin im Winter - und formuliert eine deutlichere Ablehnung der FIS-Gedankenspiele.
"Bei allen Globalisierungs-Gedanken sind Ansinnen wie Skisprungbewerbe in Rio de Janeiro ganz weit weg, von dem was uns derzeit berührt – nämlich klimaneutral zu werden", schrieb der ÖSV auf eine Anfrage des Deutschlandfunks. "Um den Skisprung-Sport global zu machen beziehungsweise zu halten, sollten Skisprunganlagen, die es bereits gibt, mit Leben erfüllt werden."
Dazu zählen laut ÖSV außerhalb Europas Stationen in den USA (Beispiel Lake Placid) und Japan (Sapporo, Zao) sowie eventuell Südkorea (Pyeongchang) oder China (Peking). "Bei diesen Kalender-Planungen sind neben klimaschonenden Überlegungen auch die Reisekosten für die einzelnen Nationen und der teils, enorme Zeitaufwand für alle Beteiligten zu berücksichtigen."
Skispringen sollte nach Ansicht des österreichischen Verbands vor allem in Wintersport-Gebieten forciert werden. Nur so könne man Kinder und Familien für diesen Sport begeistern, um künftige Skispringerinnen und Skispringer aufbauen zu können.
Show-Springen in Großstädten Brasiliens oder den Vereinigten Arabischen Emiraten mögen zwar vielleicht punktuell Zuschauer anlocken oder gute TV-Einschaltquoten erzielen, können aber sicher keine nachhaltige Begeisterung für diesen Sport entfachen.
Österreichischer Skiverband
FIS-Rennleiter: "Wir sollten offen sein für Neues"
FIS-Renndirektor Pertile teilt von diesen Argumenten vor allem das des hybriden Springens. "Wir haben großartige Möglichkeiten: Wir können auf Schnee springen. Wir können auf Matten springen. Wir können hybrid springen", sagte er. "Und somit könnten wir nach Brasilien und nach China, dorthin, wo viele Menschen sind." Zwar befinde man sich in einer Brainstorming-Phase. "Aber es ist eine interessante Phase. Wir sollten offen sein für Neues."
Eine konkrete Umsetzung stehe allerdings nicht unmittelbar bevor. "Es braucht sicher einen Fünf-Jahres-Plan - und dann muss man das Projekt finanzieren. Das Ziel ist, in zehn Jahren bereit zu sein", sagte Pertile.
Anfang 2022 hatte sich auch Sarah Lewis, Ex-FIS-Generalsekretärin, dafür ausgesprochen, Wintersport in allen Ländern der Welt zu verbreiten. In Zukunft sollten alle Länder versuchen, an den Olympischen Winterspielen teilzunehmen. Auch Argentinien, Chile, Neuseeland und Australien würden über Berge und Skigebiete verfügen, sagte Lewis damals im Deutschlandfunk.