Frauen seien heute ein fester Teil der Sportberichterstattung, stellte Claudia Neumann in ihrem Impulsreferat fest: "Das Rad lässt sich definitiv nicht mehr zurückdrehen." Die ZDF-Sportreporterin hat selbst ein ganzes Stück daran mitgedreht. 2016 kommentierte sie bei der Europameisterschaft als erste Frau im deutschen Fernsehen ein Männer-Spiel bei einem großen Fußballturnier. Darauf folgte ein Shitstorm im Netz, mit dem sie umgehen musste.
9. Sportkonferenz im Deutschlandfunk - Teilnehmerinnen:
Anna Kraft (Sportreporterin RTL)
Julia Metzner (Sportreporterin SWR)
Stephanie Baczyk (Sportreporterin Sportschau)
Bianka Schreiber-Rietig (Journalistin)
Claudia Neumann (Sportreporterin ZDF)
Marina Schweizer (Diskussionsleitung, Redakteurin Deutschlandfunk Sport)
2. Teil: Frauen im Sport: "In den Köpfen ist gar nicht drin, dass eine Frau eine Männer-Bundestrainerin sein kann"
Anna Kraft (Sportreporterin RTL)
Julia Metzner (Sportreporterin SWR)
Stephanie Baczyk (Sportreporterin Sportschau)
Bianka Schreiber-Rietig (Journalistin)
Claudia Neumann (Sportreporterin ZDF)
Marina Schweizer (Diskussionsleitung, Redakteurin Deutschlandfunk Sport)
2. Teil: Frauen im Sport: "In den Köpfen ist gar nicht drin, dass eine Frau eine Männer-Bundestrainerin sein kann"
Neumann: Habe Beleidigungen erwartet
"Ich kann nur sagen, dass ich das intuitiv gemacht habe, aber es ist mir auch leicht gefallen, weil ich in den Netzwerken nicht aktiv bin", sagte Neumann. Ihr sei vorher klar gewesen, dass es solche Beleidigungen geben würde, sagte sie.
"Wer hat sich wann ins Abseits begeben?", fragt Claudia Neumann. Ihre Antwort: Nicht die Sport-Journalistinnen untereinander, sondern ein kleiner, aber lauter Teil der Gesellschaft - "man kann auch sagen, die Ewiggestrigen" - habe sich ins strafbare Abseits begeben. Mit der Bezeichnung Vorbild hat sich Neumann schwer getan, weil es für sie Perfektion beinhaltete. Dabei sei klar, dass es nicht ums Perfektsein gehe: "Es geht darum, da zu sein, sichtbar zu sein."
"Ich nenne das Social Media-Fasten"
Die Sportschau-Reporterin Stephanie Baczyk erzählte, dass sie direkt nach ihren Einsätzen keine Nachrichten auf ihren Social-Media-Kanälen liest. "Ich nenne das Social Media-Fasten, einfach aus Selbstschutz. Weil ich weiß, das sind so Sachen, das sind nur Blasen, aber das hat so eine Wucht." Und das gehe nicht nur Frauen im Sport so.
Neumann sagte, dass auch Männer solche Beleidigungen erhalten. Allerdings die Art der Bewertungskriterien sei unterschiedlich: "Weil in solchen vermeintlich historisch männlich dominierten Sportarten, eine gewissen Gewohnheit da war, wie so was aussehen soll und rüberkommen soll. Dann reden wir vom geschmäcklerischen Bereich. Deswegen wird alles verglichen, was man aus der guten alten Zeit kennt. Dem kann man nicht immer standhalten."
Anna Kraft, die bei RTL über Fußball berichtet, gab zu bedenken, dass "man als Frau nicht die Verpackung eines Mannes stellen muss". Sie sei genervt vom Vergleich zwischen Mann und Frau. "Da reden wir nicht über den Inhalt oder das Handwerk, sondern über den Geschmack."
Schlimmer als unberechtigte Kritik von außen: unberechtigte Kritik von innen
Für Julia Metzner vom SWR, die im Sommer im Radio das EM-Finale kommentierte, ist eine andere Kritik viel schlimmer: Die unberechtigte, nicht konstruktive Kritik aus den eigenen Reihen.
Kraft bestätigte genau das. Diese Form der Kritik sei viel verletzender. Die interne Hate-Speech vom Alter in der Redaktion abhängt: "Je älter die Redaktionen besetzt sind, desto häufiger kommt das vor. In jungen Redaktionen ist es viel mehr gemischt, da ist es nicht an der Tagesordnung, eine Frau genauer unter die Lupe zu nehmen."
Schreiber-Rietig: Unterstützung aus der Redaktion wichtig
Die Unterstützung aus der eigenen Redaktion sei wichtig, erinnerte auch Bianka Schreiber-Rietig, die als Journalistin vor allem sportpolitische Themen behandelt. Sie hätte sich nicht um Leserbriefen und Anwaltsdrohungen kümmern müssen, denn das habe die Chefredaktion übernommen.
Und die Redaktion müsse ein Team sein, so Schreiber-Rietig: "Man muss sich bewusst machen, dass man eine Mannschaft ist. Da ist es egal, ob Mann oder Frau: Wer Lob verdient, kriegt Lob, wenn man Mist baut, dann diskutiert man aber immer mit offenem Visier."
Thema Quote: "Den Begriff entstigmatisieren"
Dass die Frauenquote ein Türenöffner in Redaktionen sein kann, darüber waren sich die Gäste einig, für Kraft ist es aber wichtig aus eigenem Erstreben erfolgreich zu sein: "Wir haben es einfach geschafft, weil wir einfach genauso gut sind wie der Mann auch oder besser. Die Quote brauche ich nicht, um an den Job zu gelangen."
Man müsse sich überlegen, was hinter dem Begriff Quote steckt, so Neumann: Man müsste den Begriff Quote entstigmatisieren. "Klar, Kompetenz und Qualität muss immer die Basis sein. Aber es geht erstmal darum: Wie wollen wir Geschlechtergerechtigkeit erreichen?" Es brauche ein schlüssiges Konzept, sagte Neumann. "Das sehe ich im Moment auch nicht."
Berufliche Anstellung als "harmonisierendes Element"
Organisiert wurde die Sportkonferenz von der Sportredaktion des Deutschlandfunks. Astrid Rawohl, heute Ressortleiterin Sport beim Deutschlandfunk, berichtete über ihre Anfangszeit: Sie sei als "harmonisierendes Element" 1997 eingestellt worden - in einer aus drei Männern bestehenden Sportredaktion.
Jona Teichmann, Programmdirektorin des Deutschlandradios, hat das Thema "Frauen im Sportjournalismus" zunächst gar nicht wahrgenommen: "Als ich vor vielen Jahren im Radio angefangen habe, war das kein Thema, sondern eine Leerstelle."
Noch heute sei es in der täglichen Berichterstattung oft schwierig, Expertinnen und Autorinnen zu finden, so Rawohl. Bei der Sportkonferenz war die Besetzung aber komplett weiblich. Die Konferenz hat der Deutschlandfunk in Kooperation mit dem Journalistinnenbund veranstaltet - und für dessen Veranstaltungen ist das ein Markenzeichen: "Bei uns treten ausschließlich Expertinnen auf", erklärte Friederike Sittler, Vorsitzende des Journalistinnenbundes. Aus ihrer Sicht braucht es Netzwerke, "um sich gegenseitig zu unterstützen und zu beraten".