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Sport und Ukrainekrieg
Zwischen Instrumentalisierung und Heldentum

Der Krieg in der Ukraine betrifft natürlich auch Sportlerinnen und Sportler. Einige Bilder von Athleten an der Front haben bereits früh für Aufmerksamkeit und Betroffenheit gesorgt, vor allem Ukrainer wurden als Helden verehrt. Aber so eindeutig ist die Situation nicht in jedem Fall.

Von Victoria Reith |
    Der Biathlet Dmytro Pidrutschnji trat im Februar noch bei den Olympischen Winterspielen in Peking an. Inzwischen verteidigt er seine Heimat.
    Der Biathlet Dmytro Pidrutschnji trat im Februar noch bei den Olympischen Winterspielen in Peking an. Inzwischen verteidigt er seine Heimat. (imago)
    Der Kontrast könnte kaum krasser sein: Ein Foto vom 18. Februar zeigt den ukrainischen Biathleten Dmytro Pidrutschnji noch beim Wettkampf in Peking, gepostet auf Instagram zum Ende der Olympischen Winterspiele. Wenige Tage später, am 1. März, zeigt sich Pidrutschnji in dem sozialen Netzwerk mit Helm und Uniform und schreibt dazu, dass er seine Heimatstadt Ternopil im Westen der Ukraine verteidige.

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    Seither hat Dmytro Pidrutschnji nichts mehr auf seinem Profil veröffentlicht. Unter seinem letzten Eintrag finden sich unzählige Kommentare von Kolleginnen und Kollegen aus dem Sport weltweit. Auch die ukrainischen Biathlet*innen Artem Pryma und Julia Dschyma sind nach den Berichten verschiedener Medien an der Front. Sie werden in der Ukraine, aber auch international als Helden gefeiert, als Widerstandskämpfer gegen die russische Aggression.
    In dieser Woche berichteten dann verschiedene, auch deutsche Medien über einen weiteren ukrainischen Sportler an der Front – doch hier ist der Fall anders gelagert. Der Kickboxweltmeister von 2014, Maksym Kagal, ist nach Angaben seines Trainers bei der Verteidigung der ostukrainischen Hafenstadt Mariupol gefallen. „Leider nimmt uns der Krieg die Besten“, erklärte Oleg Skirta auf Facebook – und fügte hinzu: „Schlaf gut, Bruder, ruhe in Frieden. Wir werden dich rächen.“ Allerdings entzündete sich an der Art und Weise, wie über Kagals Tod berichtet wurde, Kritik auf Twitter.

    Held oder Nazi?

    Denn, dass Kagal Mitglied einer rechtsextremen Militärgruppierung namens Asow war, findet nur am Rande Erwähnung. „Vollkommen unkritischer Nachruf“, schreibt der Journalist Nicholas Potter, der für Belltower News und die Amadeu Antonio Stiftung arbeitet, zum Beitrag der „Welt“. Er weist darauf hin, dass die rechtsradikale Symbolik – Schwarze Sonne und Wolfsangel – sogar direkt auf dem zum Artikel gehörenden Foto zu erkennen ist.

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    Andere Kommentatoren hinterfragen kritisch, wieso die „Welt“ solche Symbole veröffentlicht, oder um einen „Nazi“ trauert. Auch andere Medien wie „Focus“ und RTL werden für ihre Berichterstattung über Kagals Tod kritisiert. Was ist die Lehren daraus? Eine könnte sein, mehr Vorsicht walten zu lassen, was die vorschnelle Stilisierung von Sportlern zu Heldinnen und Helden betrifft und sorgsamer auf deren Hintergründe zu achten.
    Es gibt zahlreiche Berichte über ukrainische Sportlerinnen und Sportler, auch ehemalige, die sich nun zur Verteidigung ihres Landes gegen den russischen Angriffskrieg den Streitkräften angeschlossen haben.

    Von russischen Sportlern hört man wenig

    Dass sich international erfolgreiche russische Sportler dem Krieg angeschlossen hätten, darüber ist bislang nichts bekannt. Die Haltungen gehen jedoch deutlich auseinander. Insgesamt höre man wenig, sagte Dlf-Korrespondent Florian Kellermann in „Sport am Samstag“. Das liege vor allem darin, dass Präsident Putin die russische Gesellschaft entpolitisiert habe. Die meisten hätten das Gefühl, ohnehin keinen Einfluss auf die Politik zu haben.
    Zudem sei die Angst vor Verfolgung groß. Die Instagrambotschaft des Fußballers Fjodor Smolow von Dynamo Moskau, die ein gebrochenes Herz und eine ukrainische Flagge als Emoji sowie die Worte „Kein Krieg“ beinhalteten, gelte schon als Widerstand.

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    Besonders offen – und kontrovers - sind die Meinungsäußerungen in der Schachcommunity. Den Ausschluss der russischen Sportler nahm Russlands talentiertester Schachspieler, Sergej Karjakin, erbost auf. Er argumentierte, die Politik hätte nichts mit Sport zu tun. Er stehe am eindeutigsten hinter dem Krieg, so Dlf-Korrespondent Kellermann.

    Schachgroßmeister Karjakin stärkt Putin persönlich den Rücken

    Er habe Präsident Putin gar einen Brief in dem er ihm seine „volle Unterstützung bei der Verteidigung russischer Interessen“ ausdrücke. Zudem habe er die Kremlpropaganda wiederholt, dass in der Ukraine ein Genozid an der russischsprachigen Bevölkerung gedroht habe.
    Auf der anderen Seite haben 44 russische Schachspieler in einem Brief öffentlich gemacht, dass sie gegen den Krieg seien und mit den ukrainischen Kollegen leiden. Darunter sind Großmeisterin Alexandra Kostenjuk und Großmeister Jan Nepomnjaschtschi, der Ende 2021 noch gegen Magnus Carlsen um den WM-Titel spielte.
    Der russische Angriffskrieg in der Ukraine beeinträchtigt die Leben der Sportler auf beiden Seiten auf völlig unterschiedliche Arten und Weisen. Wer aus welcher Motivation handelt und welche Auswirkungen das hat – das lässt sich häufig nicht auf den Blick erkennen. Doch genauer hinzusehen, dürfte sich in den meisten Fällen lohnen.