So richtig fassen konnte Mannschaftsführer Marc Muskatewitz den Triumph noch nicht.
"Die Realität ist immer noch nicht ganz da", schilderte der 28-Jährige die eigene Gefühlslage im Dlf-Gespräch. Erst wenige Minuten zuvor lag der Fokus noch ganz auf dem letzten Stein: "Da hat die Hand schon ein bisschen gezittert, klar."
"Anfangs wollte man nicht zu hoch verlieren"
Generell waren die Nerven ein Thema im Finale gegen die hochfavorisierten Schotten, in einem Spiel voller "Hoch- und Tiefphasen": "Zu Beginn war ich schon sehr nervös, weil man wusste, es geht gegen das weltbeste Team im Curling. Anfangs wollte man nicht zu hoch verlieren. Dann hat man gemerkt: Okay, wir haben drei Punkte im zweiten End gemacht. Jetzt ist sogar eine Chance auf den Sieg da. Und dann war es eine sehr komfortable Zone, bis man am Schluss den Siegesstein spielen musste".
Dabei hat das Team vor dem Turnier nicht mal an den Titel gedacht:
"Die Zielsetzung war die Qualifikation in die Playoffs. Unter den Top acht ist man automatisch dann für die Weltmeisterschaft für die Nationen qualifiziert. Und dass man jetzt hier Europameister wird, das war so nicht vorhergesehen. Wir wussten, dass wir gegen jedes Team der gewinnen können. Aber das wir es dann wirklich auch gegen die Nummer eins der Nationen der Welt im Finale schaffen, war so nicht direkt vorgesehen."
Im Turnierverlauf gesteigert
Auch wegen eines unglücklichen Starts in der Auftaktniederlage gegen Norwegen konnte vom Titel zunächst keine Rede sein. Doch im weiteren Verlauf des Turniers steigerte sich das deutsche Team: "Ab Spiel 2 hatten wir in jedem Spiel gute Chancen und haben die auch immer genutzt, um die Spiele zu gewinnen."
Auch bei den Niederlagen gegen Schottland und Italien habe die Leistung gestimmt: "Unsere Spiel-Performance war sehr konstant und das hat uns auch getragen über die ganze Woche."
Professionalisierung als Schlüssel
Schon 2014 war Muskatewitz bei seiner ersten Europameisterschaft dabei. Seitdem habe sich strukturell viel verändert:
"Es ist eine sehr junge Mannschaft herangewachsen. Und wir arbeiten jetzt seit eineinhalb Jahren sehr intensiv zusammen. Der Sport wird natürlich immer professioneller", erklärte der 28-Jährige. Konkret sei dadurch viel mehr gemeinsame Trainingsarbeit möglich: "Vier von meinen Mitspielern sind in der Sport-Bundeswehr. Das bedeutet, dass der Trainingsaufwand sehr viel höher ist."
Mittlerweile spielt das Team bis zu 15 große Meisterschaften pro Saison, eine Spielzeit startet schon im Juni. "2014 hatte man den Saisonstart irgendwann Mitte oder Ende September", so Muskatewitz, der nachschob: "Da hat man einfach viel mehr Trainingsvolumen, um an die Weltspitze heranzukommen."
Das hat schonmal geklappt. Und auch nächste Ziel hat der Skip schon vor Augen: "Olympische Spiele 2026 in Cortina."