DFL: Kommentar zum Investoren-Aus
"Diese Glaubwürdigkeit müssen sie jetzt zurückerlangen"

Nach massiven Protesten der Fans hat die DFL die Verhandlungen mit einem potenziellen Investor jetzt abgebrochen. Die 36 Vereine in der 1. Und 2. Liga müssen erstmal grundsätzliche Fragen klären – ansonsten drohen schon zeitnah wieder neue Proteste, kommentiert Maximilian Rieger.

Von Maximilian Rieger |
BVB-Fanprotest auf der Südtribüne mit Bannern und Transparenten gegen Investoren in der DFL.
Zeigten große Wirkung: Die Fan-Proteste in der Bundesliga. (IMAGO / Team 2 / IMAGO / Maik Hölter / TEAM2sportphoto)
Die Fans haben gewonnen. Mit Tennisbällen, Spielzeugautos und Bannern haben sie es geschafft, so viel Druck auf die Bundesliga-Vereine aufzubauen, dass für sie praktisch nur noch eine Option übriggeblieben ist: den Investoren-Einstieg zu stoppen.
Das ist keine Selbstverständlichkeit. Proteste verlieren in Deutschland schnell den Rückhalt, wenn sie zu radikal werden. Die Letzte Generation hat das zum Beispiel viel zu spät erkannt. Die Fans haben es hingegen geschafft, dass viele der Proteste als lustige Memes im Internet geteilt wurden, weil die teils unterhaltsamer als das Spiel an sich waren. Und sie haben es nie so weit getrieben, dass Spiele abgebrochen werden mussten. Den Spielabbruch haben sie sich als taktische Reserve vorbehalten, falls die DFL tatsächlich einen Deal mit einem Investor abgeschlossen hätte. Den wird es jetzt auf absehbare Zeit nicht geben.

Eine Spaltung deutet sich an

Dafür könnte an anderen Grundfesten im deutschen Profi-Fußball gerüttelt werden. Schon als im Mai bei der ersten Abstimmung keine Zwei-Drittel-Mehrheit zustande gekommen war, hatte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke gesagt: In Zukunft werden die großen Vereine deutlich weniger solidarisch mit den kleineren Klubs sein. Das Szenario, dass sich die DFL spaltet, dass erste und zweite Liga auseinanderfallen, ist jetzt zumindest denkbar.
Ein konstruktiver Umgang mit der aktuellen Krise wäre das nicht.
Was vielmehr nötig wäre, ist eine wirkliche Debatte darüber, in welche Richtung sich die Bundesliga in Zukunft entwickeln soll. Moment. Sowas gab’s doch eigentlich schon? Im ersten Jahr der Corona-Pandemie hatte der damalige DFL-Chef Christian Seifert eine Taskforce Zukunft Profifußball einberufen. Die hat dann nach mehreren Monaten auch eine Vision vorgelegt, wie die Liga 2030 aussehen könnte – und welche Maßnahmen dafür getroffen werden müssten.

Transparenz, wirtschaftliche Vernunft und Demokratie

Die Bundesliga soll zum Beispiel in allen Tabellenregionen spannend sein, nachhaltig und den Vereinen soll es gelingen, die Leidenschaft der Fans zu erhalten und sie weiter an sich zu binden. Das Handeln der Clubs soll gekennzeichnet sein durch Transparenz, wirtschaftliche Vernunft und demokratische Strukturen.
Die allermeisten Klub-Verantwortlichen scheinen den Abschlussbericht aber entweder nicht gelesen oder sehr schnell wieder vergessen zu haben. Denn von Transparenz und Demokratie war in den vergangenen Monaten sehr wenig zu spüren.

Worte und Taten liegen bei der DFL weit auseinander

Auch das ist einer der vielen Gründe, warum die Proteste so massiv geworden sind. Fans sind nicht dumm. Sie registrieren sehr genau, wie weit Worte und Taten bei den Klubs und der DFL auseinanderliegen.
Während Corona war das Lieblingswort der DFL „Demut“ – aber die Spieler-Gehälter sind weitergestiegen. Die Liga redet von Nachhaltigkeit – aber selbst Vereine wie St. Pauli fliegen zum Trainingslager nach Mallorca, weil es in Hamburg zu viel regnet. Die DFL beteuert, dass es ihr wichtig ist, dass die mitgliedergeführten Vereine das letzte Wort haben – aber hat gleichzeitig zugelassen, dass ein Getränkehersteller RB Leipzig in die erste Liga sponsern konnte.
Es sind diese kleinen und großen Sünden, welche die Glaubwürdigkeit der Vereine und der DFL massiv untergraben haben. Diese Glaubwürdigkeit müssen sie jetzt zurückerlangen. Indem sie endlich auf Augenhöhe – und nicht von oben herab – mit den Fans darüber diskutieren: Wie schaffen wir es, die Vision der Taskforce Zukunft Profifußball zu verwirklichen?
Wenn die Vereine das nicht tun und stattdessen einzelne Vereine die Solidaritätsgemeinschaft aufkündigen, könnten die Tennisbälle schnell wieder in die Stadien zurückkehren.