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Enes Kanter und die Menschenrechte
Ein Basketballer gegen Chinas Staatsführung

Der NBA-Profi Enes Kanter kritisiert in Social-Media-Postings Chinas Staats- und Parteiführung deutlich. Der in der Schweiz geborene Profisportler arbeitet dabei mit einem chinesisch-australischen Popart-Künstler zusammen, der weltweit für seine Kritik an Chinas Menschenrechtsverletzungen bekannt ist.

Von Steffen Wurzel |
Der Basketballer Enes Kanter
Der Basketballer Enes Kanter (imago images/Icon SMI)
Enes Kanter will es wissen. Der Basketball-Star aus der US-Profiliga NBA legt sich seit Wochen aktiv an mit Chinas kommunistischer Staatsführung. Ganz konkret: Der Boston-Celtics-Spieler prangert mit kurzen Social-Media-Videos die Menschenrechtsverletzungen der chinesischen Regierung an.

Tibet, Hongkong, Uiguren - klare Worte von Kanter

Der 29-jährige Kanter beschreibt in seinen Videos zum Beispiel die prekäre Situation für viele Menschen im Landesteil Tibet, die Abwicklung der Zivilgesellschaft in der früheren britischen Kolonie Hongkong und die systematische Unterdrückung der uigurischen Minderheit im chinesichen Landesteil Xinjiang. Inzwischen tritt Enes Kanter auch auf Kundgebungen auf.
"Meine Brüder und Schwestern in Hongkong," sagte Kanter vor Kurzem bei einer Menschenrechts-Demo vor dem US-Parlamentsgebäude in Washington D.C.: "Befreit Hongkong. Ihr seid keine Chinesen, Ihr seid keine Briten, Ihr seid Hongkonger. Bleibt stark, bleibt mutig."

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Kanter wird in China zensiert - null Ergebnisse bei Online-Suchen

Chinas Staats- und Parteiführung reagiert auf den Aktivismus des türkischstämmigen US-Basketball-Stars wie in solchen Fällen immer: Ausnahmslos alle Berichte über die Aktivitäten des NBA-Profis werden in chinesischen Online-Medien zensiert, Kommentare von Nutzerinnen und Nutzern regelmäßig schnell gelöscht. Wer im chinesischen Internet nach Enes Kanter sucht, bekommt Null Ergebnisse. Spiele seines Vereins, der Boston Celtics, werden in China nicht mehr online gestreamt.
Dass er sich mit seinem Aktivismus indirekt auch mit der US-Profiliga NBA anlegt, weil diese in China viel Geld mit Übertragungsrechten verdient, ist dem in der Schweiz geborenen 29-Jährigen egal, wie er selbst sagt. "Als ich beim Saison-Auftakt im Madison Square Garden in New York meine Schuhe anhatte mit dem Aufdruck 'Befreit Tibet' kamen noch vor dem Spiel zwei Typen aus dem NBA-Management auf mich zu," erzählt Kanter im Interview mit dem US-Fernsehsender CNN. "Du musst die Schuhe ausziehen. Wir flehen Dich an! Wir kriegen hier lauter Anrufe deswegen rein!"
Anrufe von Frauen und Männern innerhalb der US-Sportindustrie etwa, die kein Interesse daran haben, sich mit dem riesigen Absatzmarkt China anzulegen.

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"Ich politisiere nicht. Ich setze mich für Menschenrechte ein."

Zurückweichen will Kanter nicht, wie er im Gespräch mit CNN betont: "Die Spiele meines Teams, der Boston Celtics, werden in China nicht mehr ausgestrahlt - einfach nur, weil ich über Menschenrechte spreche. Das ist inakzeptabel. Manche werfen mir vor, ich politisiere. Das stimmt aber nicht. Ich setze mich für Menschenrechte ein."
Enes Kanter hat die Schuhe mit dem "Befreit Tibet"-Aufdruck nicht ausgezogen, im Gegenteil - er hat seinen Aktivismus gegen Chinas kommunistische Führung noch ausgeweitet. Inzwischen trägt er auch Schuhe mit dem Aufdruck "Befreit die Uiguren" und "Boykottiert die Olympischen Winterspiele Beijing 2022".

Grafiker hilft Kanter beim Protest

Enes Kanter arbeitet dabei eng zusammen mit dem Künstler und Grafiker Badiucao. "Alle, die es wagen, in China die Wahrheit zu sagen oder etwas, das von der Meinung der Staatsführung abweicht, werden bestraft", sagt der 35-Jährige Künstler in einem Interview mit dem indischen Fernsehsender WION. Deswegen lebt Baduicao  seit Jahren im Exil in Australien und designt dort seit Jahren bissige Poster und auch Kleidungsstücke, in denen er die Menschenrechtsverbrechen in China anprangert.
Beide - der australische Künstler und der US-Basketballprofi profitieren ganz offensichtlich von ihrem politischen Aktivismus. Die Bekanntheit von Badiucao und Enes Kanter ist vor allem in den USA zuletzt deutlich gestiegen.