Nach fast neun Jahren hört Jürgen Klopp im Sommer beim FC Liverpool auf. Die drastische Entscheidung sei typisch für den 56-Jährigen, erklärte Elmar Neveling im Dlf:
"Seine Einzigartigkeit, die vor allem daran liegt, dass er immer sich selbst treu bleibt. Das sieht man ja auch jetzt wieder in diesem Schritt. Also er macht etwas, wo er voll und ganz hinter steht, völlig egal, ob das jetzt von außen nachvollzogen werden kann oder nicht, und der wird ja wahrscheinlich, wenn er tatsächlich andeutet, seine Vereinskarriere beenden sollte, ungekündigt bleiben. Er hat immer selbst entschieden, genau wie damals auch in Dortmund, dass er sagte, so bis hierhin und nicht weiter", erklärte der Autor des Buches "Jürgen Klopp: Die Biografie".
Gerade weil Klopp sich in der Öffentlichkeit nicht verstelle, sei er auf internationaler Bühne einzigartig, findet Neveling: "Und ich denke, dass die Person, die man in der Öffentlichkeit sieht, doch sehr viel von dem hat wir ja auch tatsächlich tickt, das ist etwas, was nicht viele schaffen."
Im Verhalten des Trainers erkennt der Biograf einen Selbstschutz: "Sich selbst so treu zu bleiben, glaube ich, wird ihn auch davor bewahren, wie andere Trainer dann vielleicht ausgebrannt zu sein, weil er rechtzeitig für sich eine Grenze ziehen kann."
Das Ende der Vereinskarriere?
In einer Pressekonferenz erklärte Klopp, erstmal ein Jahr Pause machen zu wollen – möglicherweise aber auch gar nicht mehr auf die Trainerbank zurückzukehren. Ein Szenario, dass sich Neveling vorstellen kann:
"Ich kann mir zumindest vorstellen, dass es für die Vereinskarriere in der Tat der Schlusspunkt sein könnte", so der Autor, der Klopp aber in einer anderen Position sieht: "Nationaltrainer kann ich mir auf jeden Fall vorstellen, weil er dann ja nicht mehr das Tagesgeschäft hat, was so energieraubend ist wie jetzt in Liverpool, wo er noch zusätzlich als Manager tätig war, das heißt auch die Kaderplanung gemacht hat."
Perfekter Zeitpunkt auch ohne krönenden Abschluss
Zwar könnte Klopp, der sich mit dem FC Liverpool auf dem ersten Rang der Premier League befindet, in der laufenden Saison theoretisch noch vier Titel gewinnen. Für Neveling ist der Zeitpunkt des Rücktritts aber auch ohne Trophäe ein besonderer:
"Ich würde es noch nicht mal an einem Titel festmachen, weil dafür hat er schon zu viel gewonnen", erklärte der Autor. "Viel wichtiger finde ich, dass er dann es geschafft hat, jetzt schon ein neues bestelltes Feld zu hinterlassen. Weil er ja einen Umbruch jetzt in dieser Saison vollzogen hat." Den Verein hinterließe Klopp also in bester Ausgangslage:
"Er tritt nicht auf einem Höhepunkt ab, wo man befürchten muss: Jetzt wird die Mannschaft danach auf jeden Fall an Leistungsniveau verlieren, sondern sie hat immer noch Potenzial, selbst wenn sie dieses Jahr Titel gewinnen sollte. Und da übergibt er auf jeden Fall eine Mannschaft, wo nicht ein Neuaufbau sofort notwendig ist, sondern wo dann direkt auch weiter mit dem Kader gearbeitet werden kann."
Menschenkenntnis hebt Klopp hervor
Besonders die Art und Weise seiner direkten Ansprache zeichne Klopp aus. Die habe er auch in seinem Video der Bekanntgabe bewiesen: "Sie ist sehr wichtig, weil er wurde ja auch immer wahrgenommen als jemand, der es schafft, jeden auf eine individuelle Art und Weise anzusprechen. Das ist ja eben seine große Menschenkenntnis, die er hat."
Sicher hätten viele Trainer ein ähnliches Fachwissen wie Klopp, sagt Neveling. "Aber es gibt wenige, die so genau wissen, welche Experten muss ich um mich herum scharen, wen brauche ich nicht, damit ich gut aussehe, sondern damit ich meinem Team noch einen entsprechenden Puzzleteil hinzufügen kann."
"Einer der Allergrößten"
Auch auf den Abschied im Mai blickte Neveling schon voraus. "Ich glaube, er ist der letzte, der jetzt unbedingt ein Denkmal haben möchte. Aber natürlich wird er als einer der Allergrößten in die Geschichte von Liverpool eingehen", prognostizierte der Autor einen emotionalen Abgesang.
"Das wird wahrscheinlich ähnlich sein wie auch in Dortmund oder Mainz – tränenreich, hoch emotional, und dann wird man nochmal im Rückblick sehen, was er da alles geleistet hat, was ja weit über das Sportliche hinausgeht."