American Football
Warum die NFL weiter auf Elon Musks Plattform X setzt

Der Super Bowl ist nicht nur ein Fernsehereignis, sondern wird auch in den sozialen Medien vielfach diskutiert - vor allem auf X, früher Twitter. Wegen Besitzer Elon Musk könnte die Partnerschaft für die NFL aber langfristig zum Risiko werden.

Von Maximilian Rieger |
Das Logo der NFL
Das Logo der NFL (IMAGO / Imagn Images / IMAGO / Kirby Lee)
Die New England Patriots sind eines der erfolgreichsten NFL-Teams überhaupt - aber einfach einen Account auf der Social-Media-Plattform Bluesky eröffnen, das geht nicht. "Wir hatten für kurze Zeit einen Account auf Bluesky", erzählt Fred Kirsch, der Verantwortliche für digitale Inhalte, im klubeigenen Podcast. "Aber die Liga hat uns darum gebeten, das Konto wieder zu löschen, weil Bluesky keine genehmigte Social Media-Plattform der NFL ist."
Es ist eine Anekdote, die zeigt, wie eng die Partnerschaft zwischen der National Football League und den etablierten Sozialen Netzwerken, allen voran X, ist. Seit mehr als zehn Jahren kooperieren die Liga und die Plattform, die früher Twitter hieß. Es ist ein Deal, von dem beide profitieren.

Live-Sport wichtiger Teil der Wachstumsstrategie von X

Für X geht es vor allem darum, durch die NFL neue User auf die Plattform zu locken, sagt Ann Pegoraro, Sport-Management Professorin an der University of Guelph.
"Sport gehört zu den wenigen Events, die Menschen noch live gucken. Für X bedeutet das: Sport bringt ein Live-Publikum auf die Plattform, und diese Reichweite kann man zu Geld machen, indem man Werbung verkauft. Es ist ein wichtiger Teil der Geschäftsstrategie, sagen zu können: Wir haben so viele aktive Nutzer, guckt, was während eines Live-Sport-Events passiert!"

Zusammenarbeit mit der NFL könnte Vorbild für andere Sport-Ligen sein

Wenig überraschend schwärmt die Geschäftsführerin von X, Linda Yaccarino, dann auch, wenn sie über die Partnerschaft mit der Liga spricht.
X wolle die besten Marken als Partner haben und es gebe keine stärkere Marke als die NFL, sagt Yaccarino Anfang des Jahres auf einer Technologie-Messe. Die Inhalte der NFL seien milliardenfach abgerufen worden, auch dank eines eigenen NFL-Portals, auf dem die Teams ihre Inhalte gebündelt präsentieren können. Und Yaccarino erwartet, dass andere große Sport-Ligen diesem Beispiel folgen werden.
Die Voraussetzungen sind grundsätzlich gegeben, für Sport-Fans ist X in vielerlei Hinsicht die perfekte Heimat: Während der Spiele kann man innerhalb von Sekunden Touchdowns feiern oder sich über die Schiedsrichter aufregen - zusammen mit tausenden Gleichgesinnten.

Kooperation mit X bringt der NFL Reichweite, Geld und Daten

Sieben von zehn Zuschauern würden dafür während der Spiele einen zweiten Bildschirm nutzen, sagt NFL-Medienchef Brian Rolapp im Interview mit dem Online-Portal Front Office Sports. Auch außerhalb der Saison würden soziale Medien die Möglichkeit bieten, Fans an die Liga emotional zu binden, zum Beispiel durch Diskussionen über Transfer. Und gleichzeitig ist der Verkauf der Bildrechte an die Plattformen eine weitere Einnahmequelle.
"Wir haben mit allen großen Plattformen sehr lukrative Deals, nicht nur in Sachen Reichweite, sondern auch finanziell", sagt Rolapp. "Und es ist auch ein wichtiger Weg für uns, Konsum zu messen. Wir gucken darauf, wie die Fans mit der NFL interagieren, was sie abseits des Spiels machen. Was sie in den sozialen Medien tun, ist eine wichtige Kennzahl für uns."

Twitter-Expertin: "Es könnte für die Marke NFL einen Kipppunkt geben"

Trotz all der Vorteile - gerade die Partnerschaft mit X sei inzwischen auch riskant, sagt Forscherin Ann Pegoraro. Vor allem wegen des Kurses, den die Plattform nach der Übernahme durch Elon Musk eingeschlagen habe.
"Wir haben jetzt eine Plattform ohne Moderation, mit Hassrede und rechtsextremer Politik. Und ich denke, dass die NFL anfangen muss, zu verstehen, dass es für ihre Marke irgendwann einen Kipppunkt geben wird", so die Professorin.
Schon jetzt kritisieren einige Fans die Partnerschaft mit Musks Plattform. Und in den vergangenen Jahren haben einige Unternehmen ihre Werbeaktivität auf X eingeschränkt, nachdem Musk sich antisemitisch geäußert hat.

Viele NFL-Fans und Teambesitzer haben kein Problem mit Trump

Aktuell scheint es aber einen gegenteiligen Trend zu geben - denn Geld für Werbung auf X zu investieren, ist gleichzeitig ein guter Weg, um nicht bei Musk und damit bei Präsident Donald Trump in Ungnade zu fallen. Zudem gibt es gerade unter Football-Fans viele Trump-Anhänger, die kein Problem mit den extremrechten Inhalten haben, die X inzwischen dominieren.
"Die NFL kennt ihr Publikum und die Team-Besitzer tendieren sicherlich in Richtung der Republikaner und unterstützen den Präsidenten. Aber am Ende geht es ums Geschäft. Sobald die Besitzer und die Liga anfangen, Geld zu verlieren, weil Sponsoren die NFL aufgrund ihrer Partnerschaft mit X verlassen, wird es einen Wandel geben", sagt Pegoraro.

Pegoraro hält Verhandlungen zwischen NFL und Bluesky für wahrscheinlich

Sie glaubt zwar nicht, dass die NFL die Plattform von Musk ganz verlassen würde. Aber die Liga würde sich in diesem Fall nach Alternativen umsehen - und tue das vielleicht bereits.
"Die NFL spricht wahrscheinlich schon mit Bluesky über einen Vertrag, um auf der Plattform präsent zu sein. Und wenn es dem Geschäft der NFL dient, dann werden sie auch dorthin gehen."

Gesellschaftliche Spaltung könnte auch bei Diskussionen über Sport sichtbar werden

Unberechenbar sei allerdings, wie Elon Musk reagieren würde, sollte die NFL auch auf der Konkurrenz-Plattform aktiv werden. Für Bluesky wäre ein Deal mit der NFL hingegen eine Chance, die Nutzerbasis weiter auszubauen.
Das könnte laut Pegoraro dazu führen, dass in Zukunft die politischen Lager selbst Sport-Themen auf getrennten Plattformen diskutieren würden. Die Erzählung vom Sport als verbindendes gesellschaftliche Element wäre dann noch schwerer zu erzählen als ohnehin schon.