Diese Worte von UEFA-Präsident Aleksander Ceferin haben viele überrascht.
„Ehrlich gesagt bin ich müde von Corona, von zwei Kriegen, vom Nonsens-Projekt der sogenannten Super League. Also habe ich vor etwa sechs Monaten entschieden, 2027 nicht nochmal anzutreten.“
Dabei hätte Ceferin die Möglichkeit dafür. Die Amtszeit von einem UEFA-Präsidenten ist zwar auf maximal zwölf Jahre beschränkt. Dieses Limit wurde im ersten Jahr von Ceferin als UEFA-Präsident eingeführt.
Aber der Kongress des Verbandes hat unter der Woche einer Statuten-Änderung zugestimmt, durch die alle Amtszeiten, die vor dem 1. Juli 2017 begonnen haben, von der zeitlichen Beschränkung ausgenommen sind – also auch die erste Amtszeit von Ceferin, der 2016 an die Macht kam.
Der Slowene hätte also noch bis 2031 UEFA-Präsident bleiben können, wobei dies nach Interpretation der UEFA auch ohne die Änderungen möglich gewesen wäre.
Geplante Statutenänderung unter Kritik
Diverse internationale Sportrechtler hatten in den vergangenen Wochen die geplante Statutenänderung trotzdem kritisiert. Zumal Ceferin eine Amtszeit bis 2031 nie ausgeschlossen hatte. Thomas Kistner, Sportjournalist von der Süddeutschen Zeitung, erklärt die Aufregung so:
„Das liegt eben an der enormen, für diese Zeit leider sehr typische Erregtheit, insbesondere der Medien, die hier gerne auf bloße Behauptungen von Gegnern eingegangen sind und teils sogar seitenweise beklagt haben, dass er eben die Statuten brechen und sich eine persönliche Amtszeitverlängerung schenken wolle. Also letztlich ging es um eine angebliche Amtsanmaßung, die dann mit anderen Fallbeispielen aus dem Weltsport auch gleich verglichen wurden, mit FIFA-Boss Gianni Infantino und dem Chef des Internationalen Olympischen Komitees, Thomas Bach.“
Der Umgang von Infantino und Bach mit den Amtszeitbeschränkungen in ihren Organisationen hat in der Tat für viel Misstrauen gesorgt. Denn eigentlich dürfen beide nur zwölf Jahre im Amt bleiben. Für lange Zeit gab es eine solche Beschränkung bei FIFA und IOC nicht, teilweise waren die Präsidenten mehr als 20 Jahre im Amt. Die Beschränkungen wurden erst nach diversen Korruptionsskandalen eingeführt – beim IOC um die Jahrtausendwende, bei der FIFA 2016.
Amtszeitbegrenzung als Garantie guter Verbandsführung
Eine derartige Amtszeitbegrenzung sei eine der wichtigsten Maßnahmen, um eine gute Verbandsführung zu garantieren, sagt Jens Sejer Andersen. Er ist Direktor für Internationales bei der dänischen Sport-Initiative „Play the Game“, die sich für Demokratie und Transparenz im Sport einsetzt.
„Die Begrenzungen verhindern Machtkonzentrationen. Je länger eine Person an der Spitze einer Organisation steht, desto mehr kann sie die komplette Organisation kontrollieren. Gerade im Sport ist das praktisch unvermeidbar, weil es Monopole gibt und viel von oben entschieden wird. Aber es kann zumindest eingeschränkt werden, wenn es eine Amtszeitbegrenzung auf zwölf oder acht Jahre gibt.“
Beschränkungen drohen umgangen zu werden
Genau diese Beschränkung könnten aber sowohl FIFA-Präsident Infantino als auch IOC-Präsident Bach unterlaufen. Infantino hat auf dem letzten FIFA-Kongress vor knapp einem Jahr verkündet, dass der Verband zu dem Schluss gekommen ist, dass seine erste Amtszeit nicht zu zählen ist.
Der Grund: Infantino war nicht für eine vollständige Amtszeit gewählt worden, sondern hatte die Amtszeit von Sepp Blatter beendet, der nach Korruptionsvorwürfen zurücktreten musste.
Dadurch, dass die ersten drei Jahre im Amt jetzt nicht mehr zählen, könnte sich Infantino 2027 für weitere vier Jahre wählen lassen. Ob er sich dann zur Wahl stellen wird, ist noch offen – ausgeschlossen hat er es nicht.
Genauso wenig, wie IOC-Präsident Bach. Dessen Amtszeit soll 2025 enden. Auf der letzten IOC-Vollversammlung in Mumbai haben aber mehrere Delegierte gefordert, dass der 70-Jährige noch für eine weitere Amtszeit antreten solle. Bei der Pressekonferenz danach betont Bach zwar, dass er loyal zur Olympischen Charta sei. Eine weitere Amtszeit schließt er aber nicht aus:
„Ich glaube, es ist menschlich, dass ich von dieser Unterstützung und Freundschaft sehr gerührt war. Und deswegen ist es eine Sache des gegenseitigen Respekts und persönlicher Beziehung, dass man dieses Zeichen von Unterstützung und Freundschaft nicht sofort ablehnt.“
Andersen über Bach: "Sehr besorgniserregend"
Für Jens Sejer Andersen ist Bach damit ein schlechtes Vorbild:
„Es ist sehr, sehr besorgniserregend, wenn die Hüter der olympischen Werte, die Hüter von guter Verbandsführung im Sport, diejenigen, die Respekt auf und neben dem Platz predigen, wenn diese Personen anfangen, darüber nachzudenken, die Regeln zu ändern, wenn es um ihre eigenen Positionen geht. Weil das ein fürchterliches Signal an Sport-Organisationen weltweit senden wird.“
Für den Fall, dass Bach und Infantino tatsächlich für mehr als zwölf Jahre an der Macht bleiben wollen, fordert der dänische Sportwissenschaftler, dass es sowohl von innerhalb der Organisationen Widerstand geben sollte, als auch aus der Politik. Und er erinnert auch daran: Wenn sich Bachs Vorgänger Jacques Rogge nicht an die Amtszeitbegrenzung gehalten hätte, wäre Bach vielleicht nie IOC-Präsident geworden.