Das Turnpferd von 1800 - eine Leihgabe des Sportmuseums Basel. Es hat einen Kopf und einen Schweif. Und wo heute die Pauschen, also die Griffe sitzen, befanden sich ehemals lederne Sattelwülste. Das Gerät eignete sich, um reiten zu üben, für die Kavallerie. Der englische Sport des 19. Jahrhunderts und die deutsche Turnbewegung hatten etwas gemeinsam: Sie wurzelten im Wunsch nach militärischer Ertüchtigung. Sport - zunächst Männersache, und zwar für Mittel- und Oberschicht..
"Es hat schon angefangen als Bewegung der Eliten",
"Es hat schon angefangen als Bewegung der Eliten",
erzählen Alexander Sigelen und Birte Launert, Ausstellungsmacher vom Mannheimer TECHNOSEUM (pdf):
"Auch wenn man denkt, gerade diesen englischen Internatssport oder die Olympischen Spiele zunächst mal, wer die organisiert hat, das war natürlich schon eine Bewegung der Eliten. Aber es war schon relativ bald auch dieser englische Sport ein Volksvergnügen für breite Massen, die dann zu den Pferderennen gegangen oder Fußball gespielt haben."
"Auch wenn man denkt, gerade diesen englischen Internatssport oder die Olympischen Spiele zunächst mal, wer die organisiert hat, das war natürlich schon eine Bewegung der Eliten. Aber es war schon relativ bald auch dieser englische Sport ein Volksvergnügen für breite Massen, die dann zu den Pferderennen gegangen oder Fußball gespielt haben."
"Im deutschen Ruderverband waren die Regeln so, dass nur rudern durfte, wer nicht mit den Händen arbeitete. Das heißt, alle Handwerker, alle Arbeiter waren sowieso ausgeschlossen. Und die gründeten dann nach und nach ihre eigenen Arbeitersportvereine, die dann auch eine politische Komponente hatten, aber vorwiegend dazu dienten, dass man überhaupt Sport machen konnte, sich treffen konnte und im sportlichen Wettkampf auch gegeneinander antreten konnte."
Im Korsett zum Sport
Bevor auch Frauen mitmachen durften, mussten um 1900 gesellschaftliche Tabus und Bekleidungsvorschriften fallen. Ein Sport-Korsett ließ den Damen etwas mehr Luft zum Atmen, erklärt Birte Launert Elftklässlern eines Mannheimer Gymnasiums. Blick auf eine Vitrine mit weißem Korsett.
"Es war weniger eng geschnürt und besaß auch weniger Stäbe hier an der Seite, sodass es überhaupt so etwas wie Bewegungsfreiheit ermöglichte."
Die 17-, 18-Jährigen schmunzeln über den sagenhaften Fortschritt weiblicher Emanzipation.
Im Sport spiegeln sich auch die Rationalisierung und Technisierung der Gesellschaft wieder, sagt Kurator Sigelen.
"Dieser Gedanke, die Effizienz, die Leistung des menschlichen Körpers zu steigern, wie sie im Leistungs- und Spitzensport da ist, der war auch in der Industrialisierung da. Man wollte eben auch die körperliche Leistungsfähigkeit von Arbeitern und Arbeiterinnen steigern."
Und vermessen. Stechuhr im Job, Stoppuhr und Zielkamera im Sport. Sigelen stellt sich ans Ende der stilisierten Wettkampfbahn, die einen Teil der 400 Exponate verbindet. Er deutet auf die Zielkamera, die von der Decke hängt.
"Und ich halte jetzt mal meinen Fuß auf die Ziellinie und gehe über die Ziellinie, also ich habe einen sehr langen Schritt gemacht."
Jedenfalls sieht Sigelens Bein in der Aufnahme sehr lang aus, weil die Kamera es 30.000 Mal pro Sekunde abfotografiert. Die Schüler aus dem Sport-Leistungskurs begeistert vor allem die moderne biomechanische Messtechnik.
"Wer traut sich?" – "Auf komm – Kraftmessplatte."
Birte Launert muss nicht lange bitten. Ein 17-Jähriger steigt in einem nachgebauten Fitnessstudio auf die Kraft-Messplatte.
Nicolas geht leicht in die Knie und schnellt weit nach oben.
"Ende der Messung. Also, du bist tatsächlich einen Meter hochgesprungen, super. Deine Effizienz: In Vergleich der Kraft, die du eingesetzt hast, hast du 157 Prozent Leistung erbracht, das ist super."
Lobt Birte Launert. Sport-Lehrerin Gabi Hallbauer ergänzt:
"Das sind ja Schüler, die gehen ins Sport-Abitur. Das ist genau ihr Thema: springen, abspringen."
In der Bewegungslehre analysieren die künftigen Abiturienten Sprungtechniken und Kraftübertragung. Die Selbstvermessung – ein großes Thema in der aktuellen Fitnessbewegung. Die hat ihren Ursprung um 1900. Damals entstehen erste Fitnessgeräte für den Heimbedarf. Die Kuratoren erheitern die Schüler mit dem kuriosen "Velotrab", einem Metall-Gerät mit Pedale und Sattel.
"Diese Kreisbewegung der Pedale, also wenn ich trete, wird übertragen auf ein Auf und Ab des Sattels. Wurde so beworben, dass es so erfrischend sei wie ein Ausritt im Grünen."
"Das ist eine Entwicklung, die darauf reflektiert, dass immer Leute aus der Oberschicht sitzende Tätigkeiten wahrgenommen haben, sich nicht mehr bewegt haben und sich ihre Bewegung dann über eine andere Form des Ausgleichs gesucht haben oder brauchten."
Die Anfänge der Fitnessbewegung in Deutschland
Die moderne Arbeitswelt - bewegungslos. Der Schwetzinger Spross einer Kunstturner-Familie ersann Ende der 1970er-Jahre Abhilfe. Werner Pfitzenmeier war Kraftsport-Fan und konstruierte sich seine Geräte aus Baumaterialien und Schrott selbst, im elterlichen Keller. Dort gründete der 17-Jährige auch das erste kommerzielle Studio. Sigelen deutet auf eine Stahlstange mit Betongewichten:
"Und diese Hantel zeugt von den Anfängen der Fitnessbewegung in Deutschland."
"Und diese Hantel zeugt von den Anfängen der Fitnessbewegung in Deutschland."
Digitaler Sport: Bewegungslos und dennoch Höchstleistung
Mit über 40 Studios im Rhein-Neckar-Raum und 150.000 Mitgliedern verdient Pfitzenmeier bis heute daran. Der neue digitale Sport-Trend kommt mit weniger Bewegung aus.
"Probier du mal."
Im TECHNOSEUM testen die Elftklässler ein E-Sport-Game. Sebastian steuert per Controller ein Auto durch eine Arena und versucht damit, Bälle in ein Tor zu bugsieren. Ist das Bildschirm-Spiel überhaupt Sport? Der 17-Jährige nickt:
"Ja, man muss ich auch schon ziemlich anstrengen eigentlich, und weil man so lange konzentriert sein muss, muss man auch ein bisschen Ausdauer haben.
Ich weiß von professionellen E-Sport Teams, dass die zum Beispiel Konditionstraining machen, um während des Wettkampfs die ganze Zeit konzentriert zu bleiben."
Sebastian selbst reizen höchstens die hohen Preisgelder im E-Sport.
"Aber an sich die ganze Zeit am PC oder an der Konsole sitzen, würde mich nicht so reizen, dann lieber draußen in der Natur Sport machen."
Sebastian selbst reizen höchstens die hohen Preisgelder im E-Sport.
"Aber an sich die ganze Zeit am PC oder an der Konsole sitzen, würde mich nicht so reizen, dann lieber draußen in der Natur Sport machen."