265 Millionen Euro. Für 7 Jahre – und 27 Staaten. Das ist das Budget der EU-Sportpolitik. Nicht einmal 38 Millionen Euro pro Jahr also gibt die EU für den Sport aus – zum Vergleich: der Etat der Kulturförderung beträgt im Jahr 2014 rund 180 Millionen Euro. An diesen Zahlen lässt sich der Stellenwert des Sports in der EU ablesen.
"Es ist nicht viel Geld. Gleichzeitig ist es eine Menge, wenn man es mit früher vergleicht – denn da gab es gar nichts. Über das Programm Erasmus+ haben wir zum ersten Mal überhaupt ein Budget für den Sport. Das sind gute Nachrichten für die Sportfamilie."
Das sagt Yves le Lostecque. Er leitet die Sports Unit der Europäischen Union – die Abteilung innerhalb der Kommission, die für den Sport zuständig ist. Das wichtigste Werkzeug der Sport Unit: Erasmus+, ein Förderprogramm, über das eben jene 265 Millionen Euro in den nächsten 7 Jahren an Sportprojekte verteilt werden sollen. Aber: Für den organisierten Sport ist nicht einmal klar, wie die wenigen finanziellen Mittel überhaupt ausgeschöpft werden können. Folker Hellmund, Leiter des EOC-Büros in Brüssel und damit erster Lobbyist des Sports, skizziert das Problem:
"Wie wird dieses Programm Erasmus+ umgesetzt? Ist es so konzipiert, dass Breitensport im daran teilnehmen kann? Da sind wir ständig eigentlich dabei im Kontakt mit Kommission und den Mitgliedsstaaten Rückmeldung zu geben und zu sagen: Aus unserer Sicht sind die Anforderungen zu hoch, sei es finanzieller Art, sei es vom bürokratischen Aufwand her."
Nicht der einzige Punkt, an dem die EU-Sportpolitik in eine ungewisse Zukunft geht. Am 11. Juni dieses Jahres will Sportkommissarin Androulla Vassiliou die Europäische Woche des Sports vorstellen, die erstmals im September 2015 stattfinden soll. Was genau die Idee hinter dem Projekt ist, versucht Yves Le Lostecque so zu erklären.
"Wir wurden von Mitgliedsstaaten gebeten, etwas auf europäischer Ebene zu entwickeln, um den Ländern zu helfen, die Nachholbedarf haben. Das Ziel ist es, die Menschen dazu zu bringen, Sport zu treiben."
Sport als gesellschaftlicher Faktor – Cheflobbyist Folker Hellmund wünscht sich genau diesen Fokus für die Zukunft der EU-Sportpolitik.
„Was insgesamt zu beobachten war, dass mehrheitlich Themen behandelt worden sind, die mit Problemen des Sports zu tun haben: sei es Matchfixing, sei es Doping ... und dass aus unserer Sicht eigentlich noch zu wenig auch die gesellschaftliche Rolle des Sports, dass diese Themen zu kurz gekommen sind. Das erhoffen wir jetzt, dass dieser neue Arbeitsplan der Sportminister, dass da diese Themen jetzt stärker Berücksichtigung finden."
Der angesprochene Arbeitsplan legt fest, auf welche Themen sich die Europäische Union in den nächsten Jahren von 2014 bis 2017 konzentrieren will. Er wurde am 21. Mai von den Sportministern der EU-Staaten unterzeichnet. Die drei wichtigsten Betätigungsfelder: Integrität des Sports – also der Kampf gegen Doping und Spielmanipulation; die ökonomische Dimension des Sports – also der wirtschaftliche Effekt; und Sport und Gesellschaft – Gesundheitsförderung durch Sport, und Ehrenamt.
Besonders interessant: die Expertengruppe zu Good Governance soll sich mit Leitlinien zur Vergabe von Sportgroßveranstaltungen beschäftigen – offenbar unter dem Eindruck von Sotschi und Katar. Yves Le Lostecque:
Besonders interessant: die Expertengruppe zu Good Governance soll sich mit Leitlinien zur Vergabe von Sportgroßveranstaltungen beschäftigen – offenbar unter dem Eindruck von Sotschi und Katar. Yves Le Lostecque:
"Es gab in letzter Zeit einige Beispiele, wo Menschenrechte auf die Agenda gesetzt wurden. Die Mitgliedsstaaten haben sich entschieden, das mit der Kommission zu diskutieren, um Leitlinien für Staaten oder Sportverbände zu erarbeiten, um einen gemeinsamen Ansatz für die Vergabe und Organisation von Großereignissen zu entwickeln."
Für den organisierten Sport steht Good Governance gerade ebenfalls auf der Agenda, sagt Folker Hellmund:
"Das IOC hat das Thema ja selber auch schon als wichtig erachtet, und wird ja gerade im Rahmen der Olympic Agenda 2020 diskutiert. Also das ist ein Thema, das unabhängig vom europäischen Fahrplan Bestandteil der Agenda der großen Verbände ist, da bin ich gespannt, wie der Austausch im Rahmen der Expertengruppe mit dem organisierten Sport laufen wird."
Harten politischen Druck auf die Sportverbände kann die EU ohnehin nicht ausüben. Yves Le Lostecque will das aber auch gar nicht. Er ist sich der Grenzen, die der EU-Sportpolitik auch in Zukunft gesetzt sind, völlig bewusst:
"Es gibt den EU-Arbeitsplan, der die Zusammenarbeit auf EU-Ebene organisiert, das ist immerhin die Basis einer Sportpolitik. Natürlich ist das keine harte Politik. Wir können keine Gesetze erlassen, sie nicht harmonisieren – damit sind wir aber völlig zufrieden. Was wir tun werden in der Zukunft, ist unsere Möglichkeiten nutzen, um Fortschritte im Sinne der EU-Sports zu machen. Spielmanipulation, Doping, Förderung von körperlichen Aktivitäten – wenn wir in diesen Feldern Fortschritte machen, sind wir zufrieden. Aber das Herz des Sports, das schlägt nicht hier in Brüssel – sondern in den Dörfern, den Städten und den Regionen."