
Im Vorfeld der Bundestagswahl hat sich der organisierte Sport für eine Reform der Sportpolitik ausgesprochen. Im Zentrum seiner Forderungen steht die Schaffung eines Staatssekretärs für Sport, der direkt im Bundeskanzleramt angesiedelt sein soll. Ziel ist es, dem Sport in Deutschland eine stärkere politische Gewichtung und bessere strukturelle Unterstützung zu verleihen.
Der Sport fällt derzeit in die Zuständigkeit des Bundesministeriums des Innern und für Heimat. Dort ist er lediglich ein Teilbereich unter vielen, kritisiert Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbands (DBS) und ehemaliger SPD-Bundestagsabgeordneter: Es schränke den Einfluss und die Möglichkeiten der Sportförderung erheblich ein.
Bessere Vernetzung, schnellere Entscheidungen
Die Ministerien, die in verschiedenen Aspekten des Sports involviert sind, agieren oft unabhängig voneinander, was die Koordination erschwert. „Der Sport in vielen Ministerien kommt Jahr für Jahr vor, aber es fehlt eine koordinierende Funktion,“ so Beucher.
Ein Staatssekretär oder eine Staatssekretärin für Sport direkt im Bundeskanzleramt könne die Bedeutung des Sports in der Regierung stärken und eine bessere Vernetzung sowie schnellere Entscheidungsprozesse ermöglichen - ähnlich wie bei der Rolle der Staatsministerin für Kultur, Claudia Roth. „Frau Roth hat eindrucksvoll gezeigt, wie sie Kultur am Kabinettstisch positioniert hat. Das ist für mich eine Blaupause,“ betont Beucher.
NRW mit Sport-Staatsministerin Andrea Milz als Vorbild
Die gegenwärtige Sportförderung beschreibt Beucher als teilweise zufriedenstellend, jedoch nicht ausreichend, um die bestehenden Herausforderungen zu bewältigen. „Wir haben Defizite im Schulsport, in der Bewegungskultur der Kinder im Kindergarten und in der Spitzensportförderung,“ erklärt er. Er ist überzeugt davon, dass ein Staatssekretär für Sport mit direktem Zugang zum Kabinettstisch diese Probleme adressieren könnte.
Ein weiteres positives Beispiel für eine erfolgreiche Struktur sei Nordrhein-Westfalen, wo die Sportförderung direkt in der Staatskanzlei des Ministerpräsidenten angesiedelt ist - mit Andrea Milz als Staatssekretärin für Sport und Ehrenamt. „Frau Milz hat als Verantwortliche in der Staatskanzlei einen engen Draht zum Ministerpräsidenten. Das sollte Vorbildcharakter für Berlin haben,“ erklärt Beucher.
Mit 28 Millionen Mitgliedern in Sportvereinen – darunter 536.000 im Deutschen Behindertensportverband – sei es längst überfällig, den Sport auch auf Regierungsebene prominent zu vertreten. „Da verspreche ich mir am Kabinettstisch eine Sportverantwortliche, einen Sportverantwortlichen. Ob das jetzt ein Staatssekretär oder einen Staatsminister ist, ist mir völlig egal. Der Sport gehört an den Kabinettstisch,“ so Beucher.
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