Die Olympischen Spiele in Tokio im kommenden Sommer finden auch mit Corona statt. Das sagte Toshiro Muto, der Chef des japanischen Organisationskomitees laut eines Berichts der Financial Times. Unter welchen Bedingungen es Spiele in Tokio geben kann, hat die Münchner Virologin Ulrike Protzer bei einem Online-Wissenschaftskongress erläutert:
"Ich glaube man kann schon Hygienekonzepte finden, wo man eine Art Blase erzeugt, das heißt, die Sportler eben früh anreisen müssen und dann mindestens zweimal getestet werden müssen."
Japans Olympia-Chef Toshiro vermutet, dass die Spiele dann auch Vorbild für andere globale Ereignisse und Sportereignisse werden könnten, was seiner Meinung nach wirklich ein "Vermächtnis von Tokio 2020" wäre.
Vorerst keine Bundesliga-Spiele mit Zuschauern
Eine solch pathetische Begrifflichkeit verwendet die Deutsche Fußball Liga nicht. Sie dürfte aber wohlwollend zur Kenntnis genommen haben, dass ihr Hygiene-Konzept zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs im deutschen Profi-Fußball anderen Verbänden - zum Beispiel in England, Italien oder Spanien - als Maßstab diente. Maßgeblich beteiligt an diesem Konzept war der Arzt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, Tim Meyer, der eine Bundesliga-Saison 2020/21 auch mit Zuschauern empfiehlt:
"In ganz vorsichtigen kleinen Schritten sollte man dies probieren, weil es, glaube ich, für die gesamte Gesellschaft und dann eben auch für andere Veranstaltungen als den Fußball viele Spannungen nehmen könnte."
Der Fußball wieder als Taktgeber? Die Politik hat das Zuschauer-Konzept der Deutschen Fußball-Liga, mit einer reduzierten Zahl von Fans, ohne Stehplätze, Alkohol und Gästefans, vorerst abgelehnt. Kein gutes Signal für andere Profi-Ligen. Die Deutsche Eishockey Liga etwa oder die Handball-Bundesliga haben in ihren Hallen - für Corona-Zeiten - noch weniger Zuschauertaugliche Bedingungen, weil sich das Virus in geschlossenen Räumen schneller ausbreitet. Die Münchner Virologin Ulrike Protzer ist deshalb auch skeptisch, was die Rückkehr von Fans beim Hallensport angeht, auch wenn diese Sportarten zwingend auf Zuschauereinnahmen angewiesen sind:
"Ich seh das Problem absolut. Aber wenn sie eine zunehmende Infektionslage haben, ist es schwierig sich vorzustellen, Hallen mit Zuschauern zu füllen - wo dann eben doch laut gerufen wird, wo ein hohes Übertragungsrisiko ist."
Wer jubelt, produziert Aerosole
"Wenn man redet, wenn man schreit: Das Problem ist, man produziert dann besonders viele Aerosole", gibt auch der Münchner Sportbiologe Henning Wackerhage zu bedenken, "ob man da vielleicht mit Masken arbeiten kann bei den Zuschauern - ich kenn halt keine empirischen Daten, die zeigen, dass es funktioniert, wenn alle Zuschauer eine Maske umhaben und man hat vielleicht 60 Prozent Kapazität, dass ein Handballspiel sicher durchführbar ist, ohne dass man in der Luft Aerosole mit Virus misst, wo die Konzentration so hoch ist, dass man sagt: Ok, da ist ein Risiko."
Dafür hat der Münchner Sportbiologe Henning Wackerhage empirische Daten zur Ansteckungsgefahr in Fitness-Studios, einem Wirtschaftszeig mit fünfeinhalb Milliarden Euro Umsatz im Jahr und er gibt - vorerst! - Entwarnung für die fast 12 Millionen Mitglieder.
"Zumindest hatten wir mal ne Zeit mit geringen Infektionszahlen, also zumindest von Mai bis heute, wo die Fitness-Studios offen waren. Das ist erst mal ein gutes Zeichen. Der echte Test wird sein: Wenn es zu einer zweiten Welle kommen sollte, wenn die Infektionszahlen von heute 1700 auf 2500 oder 5000 (Neuinfektionen pro Tag, Anm. d. Red.) hochsteigen - werden die Fitness-Studios und ihre Mitglieder es schaffen, die Fitness-Studios trotzdem noch zu sicheren Orten zu machen?"
Disziplin bleibt weiter wichtig
Mit Hilfe streng eingehaltener Hygienekonzepte, die zum Beispiel Mindest-Abstand vorschreiben, regelmäßiges Desinfizieren der Geräte und häufiges Durchlüften. Außerdem könnte vielleicht bald die Technik helfen, in Form von UV-Filtern, die gerade entwickelt werden. UV-Licht tötet das Virus ab. Ein möglicher Lichtblick, glaubt Virologin Ulrike Protzer:
"Das könnte zum einen für die Schulen sehr wichtig sein, für die Klassenzimmer, wo es im Winter auch nicht immer möglich ist, die Fenster offen zu lassen, wenn es kalt wird. Das könnte aber durchaus auch für Sportstätten, falls es sich dann als zuverlässig erweist, eine Option sein. Aber bisher steht dieser Beweis eben noch aus."
Mit oder ohne neue Technik - eine wichtige Disziplin des Sports in Corona-Zeiten ist: eben die Disziplin. Egal ob im Freizeit- oder im Profi-Sport. Ansonsten dürfte es weiterhin viele Fragen und Unsicherheiten geben. Eines ist laut Tokios Olympiachef Toshiro Muto aber schon jetzt klar: Die Spiele 2021 werden auch mit Corona stattfinden und die Münchner Virologin Ulrike Protzer prognostiziert schon mal:
"Das werden sicherlich andere Spiele, als die wir sonst gewohnt sind. Aber es sind dann vielleicht auch Spiele, die sich noch mal mehr wieder auf den Sport konzentrieren und nicht so sehr auf das Nebengeschehen."