Willkommenskultur ist das eine - und die möchte Birgit Stenger grundsätzlich auch gar nicht in Frage stellen. Was sie aber in Frage stellt, ist die Unterbringung von Flüchtlingen in Sporthallen.
"Die Turnhallen sind besetzt, heißt: Von acht bis 14 Uhr sind dort Schulen, Schüler, deren Sportunterricht fällt aus. Anschließend ist dort Ganztag. Dort sind sehr viele Sportangebote, die ebenfalls ausfallen. Und dann von 17 bis 22 Uhr kommen dann die Vereine, wo die Angebote ausfallen."
Finanzielle Fragen einer Trainerin
Birgit Stenger befürchtet auch Konsequenzen für sich persönlich. Denn: Sie ist freiberufliche Trainerin in Düsseldorf und sagt, dass sie auf Honorarbasis im Schul- und Vereinssport arbeitet. "Ich habe Sport studiert, um damit meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Wer zahlt uns den Verdienstausfall?" Den hatte Birgit Stenger ihrer eigenen Aussage zufolge bis jetzt zwar nicht. Sie fürchtet aber, dass es so kommen könnte.
"Ja, Frau Stenger, gerade, wenn sich die berufliche Situation damit verbindet, kann ich das gut verstehen, was sie gerade gesagt haben", sagt Christina Kampmann, SPD, Sportministerin von Nordrhein-Westfalen. "Ich möchte aber auch dazu sagen: Wenn es keine Alternativen gibt, dann liegt es in unserer Verantwortung, die Menschen einigermaßen menschenwürdig unterzubringen."
Hörmann sieht bessere Alternativen
Aber: Werden wirklich alle Alternativen zu Sporthallen für die Flüchtlingsunterbringung genutzt? DOSB-Präsident Alfons Hörmann sagt: "nein". Er kritisiert, dass beispielsweise nicht mehr Flüchtlinge in leerstehenden gewerblichen Immobilien untergebracht werden. "Nicht nur die Gewerbeflächen. Für mich nach wie vor für mich unverständlich: Es gibt zig leer stehende öffentliche Gebäude, ungenutzte Museen ..."
Als Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes ist Hörmann der höchste Repräsentant aller Sportvereine - und er schätzt: 1.000 Hallen sind derzeit bundesweit zu Notunterkünften umfunktioniert, Tendenz weiter steigend.
"Bis zum Jahresende rechnen wir mit circa 1500. Wenn man einzelne Regionen nicht, wir hatten gerade Konferenz der Landessportbünde, typisches Beispiel Bremen. Da wurde berichtet, dass bis Weihnachten ein Drittel der dortigen Turnhallen für die Unterbringung genutzt werden. Und da sind sie in einem Bereich, der wehtut."
"Wenn das nicht gemeinnützig ist, was denn dann?"
Schmerzhaft für die Zuhörer bei der Sportkonferenz des Deutschlandfunks war das Thema Finanzen, beispielsweise als diese Frau ans Mikrofon trat: "Ich habe eine etwas andere Frage: Vor zwei Wochen erfuhr ich, dass wohl unser Verein einen Brief vom Finanzamt bekommen hat, wenn wir Flüchtlinge kostenlos mittrainieren lassen wollten, dann würden wir die Gemeinnützigkeit verlieren. Wir fanden das sehr entsetzlich. Weil: Wenn das nicht gemeinnützig ist, was denn dann?"
Entzug der Gemeinnützigkeit, also Entzug von Steuervorteilen, die Betreuung von Flüchtlingen nicht mit der Satzung, also vereinfacht formuliert dem Gründungszweck, einiger Sportvereine übereinstimmt. Diese Gefahr sollte eigentlich längst ausgeräumt sein. Trotzdem will NRW-Sportministerin Christina Kampmann nachhaken. "Ich glaube, es ist klar, dass das überhaupt nicht sein kann. Und wenn das auch in anderen Stellen vorgekommen ist, dann müssen wir das lösen, weil das ist natürlich auch politisch nicht gewollt."
Über Lösungen und Alternativen sprechen. Befürchtungen entgegentreten. Gelegenheit dazu haben Christina Kampmann und ihre Kollegen aus den anderen Bundesländern Ende kommender Woche – auf der Sportministerkonferenz in Köln.