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Sport und Kolonialismus
"Moderner Rassismus ist ein System, entstanden in der Kolonialzeit"

"Sport war politisches Instrument der Kolonialmächte", sagt der Buchautor und Journalist Ronny Blaschke im Dlf-Sportgespräch zum Abschluss der Serie "Weltspiele". Selbst heute ist der Kolonialismus nicht einwandfrei aufgearbeitet, denn die Strukturen von damals, sind auch noch heute im Sport sichtbar.

Ronny Blaschke und Philipp Awounou im Gespräch mit Matthias Friebe |
'Eine Eingeborenen-Fußballmannschaft. Ein Foto aus: Afrika in Farben. Das Farbbild-Buch der deutschen Kolonien Deutsch-Ost- und -Südwestafrika von Helmut und Erna Blenck. 1941, Abb.113.
Rassismus ist entstanden, um Macht zu zentrieren auf die weißen Eroberer, sagt Autor Philipp Awounou im Dlf. Im Sport seien die Strukturen und Denkmuster noch heute sichtbar. (dpa / picture alliance / akg)
"Eine Welt 2.0 – Dekolonisiert euch!", so lautet das Thema der Deutschlandradio Denkfabrik, in welchem der Autor Ronny Blaschke über den Kolonialismus und seine Folgen bis in die heutige Zeit hinein recherchiert hat.
Blaschke berichtete im Deutschlandfunk-Sportgespräch von seinen Recherchen. "Die globalen Sportarten sind im 19. Jahrhundert von den britischen Kolonialherren in der Welt verbreitet worden, nicht nur weil sie das gerne als Hobby gehabt haben, sondern weil sie damit auch ihre Werte, ihren Ethos verbreiten wollten und weil sie ihre Untertanen zivilisieren wollten. Sport war also ein politisches Instrument der Kolonialmächte." Auch Portugal und Frankreich hätten ähnliche Mittel angewandt.
Der Fußballplatz eines Dorfes ohne nennenswerten Rasen und mit einem roh gezimmerten Tor ohne Netz aus Baumstämmen, aufgenommen am 2006 nahe der Stadt Blantyre (Provinz Mphuka) in Malawi.
Auf der anderen Seite habe im Befreiungskampf in Afrika in den 1950er und 60er Jahre, der Sport und insbesondere der Fußball eine besondere Rolle gespielt. So setzten sich 1958 kurz vor der WM in Schweden die algerischen Spieler von der französischen Mannschaft ab und gründeten eine eigene Mannschaft, reisten durch die Welt und warben für die Unabhängigkeit Algeriens, sagte der Sportjournalist und Buchautor.
Ronny Blaschke, 03.11.2019, Berlin, Deutschland.
Der Sportjournalist Ronny Blaschke (Sebastian Wells)
"Moderner Rassismus ist ein System entstanden in der Kolonialzeit"
"Kolonialismus ist nicht einwandfrei aufgearbeitet", sagte Philipp Awounou im Dlf. Die Strukturen und Denkmuster von damals, seien auch noch heute im Sport sichtbar. "Moderner Rassismus ist ein System, geschaffen und entstanden in der Kolonialzeit, um Macht zu zentrieren auf die weißen Eroberer", sagte der Journalist.
Totale des Logos der Washington Redskins im Mittelfeld vor einem NFL-Spiel mit den Washington Redskins auf dem FexEx Field
Der US-amerikanische Sport und die indigene Identität
In den USA sind Menschen indigener Herkunft erst seit 1924 gesetzlich anerkannte Bürger, obwohl sie den Kontinent über Jahrtausende geprägt haben. Viele der fünf Millionen Ureinwohner begegnen noch immer Feindseligkeit. Bei der Verbreitung der Klischees spielt der Sport eine beachtliche Rolle.
Ein Problem seien auch die Monokulturen von weißen Männern im Sportressort des Journalismus, erklärte Blaschke. Deswegen würden sich dann auch Vorurteile in der öffentlichen Meinung manifestieren, dass Subsahara-Läufer per se ausdauerstärker seien oder warum es keine starken männlichen Schwimmer in den USA gebe, sagte Blaschke. Das dies auch damit zu tun habe, dass Schwarze in den USA lange nicht in die Frei- und Schwimmbäder durften, werde hingegen nicht berücksichtigt, sagte Blaschke.
"Black Lives Matter" bringt was in Bewegung
Awounou berichtete, dass er immer wieder Redaktionen anschreibe, die das Wort "Farbiger" benutzen, ein Wort, welches kolonial und schwierig aufgeladen sind. Hier fehle es an Differenzierung und Hinterfragung. Ein aktuelles Beispiel sei der Rassimus-Vorfall im Spiel zwischen Paris St. Germain und Istanbul Başakşehir, als der Vierte Offizielle, den Kameruner Assistenztrainer als "negru" bezeichnet hatte. Die Reaktion der Spieler, dass Spiel abzubrechen und die Weigerung weiter zu spielen, sei stark gewesen, sagte Awounou. Die Reaktion der UEFA allerdings weniger, denn der europäische Fußballverband habe versucht, die Spieler über eine Stunde zu überzeugen, doch weiter zu spielen.
Spieler und Schiedsrichter knieen um den Mittelkreis und halten eine Faust nach oben.
Reaktion auf rassistischen Vorfall - "Ein starkes Signal der Spieler"
Dass die Spieler beider Mannschaften eine rassistische Äußerung eines Schiedsrichters nicht hinnahmen und gemeinsam in einem Champions League-Spiel den Platz verließen, erfülle sie mit Stolz, sagt die französische Sportministerin Maracineanu.
Awounou sagte weiter, dass er auch spüre, dass in diesem Jahr durch die "Black Lives Matter"-Bewegung einiges in ins Rollen gekommen sei. Redaktionen würden sich diverser aufstellen. Und auch Sportverbände realiseren, dass sie Rassismus nicht mehr ignorieren könnten.
Blaschke zeigte zum Abschluss des Sportgesprächs auf, wie die neue Weltmacht China heute Kolonialismus praktiziere. "China marschiert nicht mit Waffengewalt in afrikanische Länder ein." China baue in Afrika Krankenhäuser, Stadien, Fabriken, Straßen und Brücken, um sich Ressourcen, Geld und Macht zu sichern. "Ist das Rassismus, ich weiß es nicht?", sagte Blaschke. Allerdings würden Abhängigkeiten geschaffen und ein Druckmittel erzeugt. Das habe neokoloniale Strukturen.