"Eine Welt 2.0 – Dekolonisiert euch!", so lautet das Thema der Deutschlandradio Denkfabrik, in welchem der Autor Ronny Blaschke über den Kolonialismus und seine Folgen bis in die heutige Zeit hinein recherchiert hat.
Blaschke berichtete im Deutschlandfunk-Sportgespräch von seinen Recherchen. "Die globalen Sportarten sind im 19. Jahrhundert von den britischen Kolonialherren in der Welt verbreitet worden, nicht nur weil sie das gerne als Hobby gehabt haben, sondern weil sie damit auch ihre Werte, ihren Ethos verbreiten wollten und weil sie ihre Untertanen zivilisieren wollten. Sport war also ein politisches Instrument der Kolonialmächte." Auch Portugal und Frankreich hätten ähnliche Mittel angewandt.
Auf der anderen Seite habe im Befreiungskampf in Afrika in den 1950er und 60er Jahre, der Sport und insbesondere der Fußball eine besondere Rolle gespielt. So setzten sich 1958 kurz vor der WM in Schweden die algerischen Spieler von der französischen Mannschaft ab und gründeten eine eigene Mannschaft, reisten durch die Welt und warben für die Unabhängigkeit Algeriens, sagte der Sportjournalist und Buchautor.
"Moderner Rassismus ist ein System entstanden in der Kolonialzeit"
"Kolonialismus ist nicht einwandfrei aufgearbeitet", sagte Philipp Awounou im Dlf. Die Strukturen und Denkmuster von damals, seien auch noch heute im Sport sichtbar. "Moderner Rassismus ist ein System, geschaffen und entstanden in der Kolonialzeit, um Macht zu zentrieren auf die weißen Eroberer", sagte der Journalist.
Ein Problem seien auch die Monokulturen von weißen Männern im Sportressort des Journalismus, erklärte Blaschke. Deswegen würden sich dann auch Vorurteile in der öffentlichen Meinung manifestieren, dass Subsahara-Läufer per se ausdauerstärker seien oder warum es keine starken männlichen Schwimmer in den USA gebe, sagte Blaschke. Das dies auch damit zu tun habe, dass Schwarze in den USA lange nicht in die Frei- und Schwimmbäder durften, werde hingegen nicht berücksichtigt, sagte Blaschke.
"Black Lives Matter" bringt was in Bewegung
Awounou berichtete, dass er immer wieder Redaktionen anschreibe, die das Wort "Farbiger" benutzen, ein Wort, welches kolonial und schwierig aufgeladen sind. Hier fehle es an Differenzierung und Hinterfragung. Ein aktuelles Beispiel sei der Rassimus-Vorfall im Spiel zwischen Paris St. Germain und Istanbul Başakşehir, als der Vierte Offizielle, den Kameruner Assistenztrainer als "negru" bezeichnet hatte. Die Reaktion der Spieler, dass Spiel abzubrechen und die Weigerung weiter zu spielen, sei stark gewesen, sagte Awounou. Die Reaktion der UEFA allerdings weniger, denn der europäische Fußballverband habe versucht, die Spieler über eine Stunde zu überzeugen, doch weiter zu spielen.
Awounou sagte weiter, dass er auch spüre, dass in diesem Jahr durch die "Black Lives Matter"-Bewegung einiges in ins Rollen gekommen sei. Redaktionen würden sich diverser aufstellen. Und auch Sportverbände realiseren, dass sie Rassismus nicht mehr ignorieren könnten.
Blaschke zeigte zum Abschluss des Sportgesprächs auf, wie die neue Weltmacht China heute Kolonialismus praktiziere. "China marschiert nicht mit Waffengewalt in afrikanische Länder ein." China baue in Afrika Krankenhäuser, Stadien, Fabriken, Straßen und Brücken, um sich Ressourcen, Geld und Macht zu sichern. "Ist das Rassismus, ich weiß es nicht?", sagte Blaschke. Allerdings würden Abhängigkeiten geschaffen und ein Druckmittel erzeugt. Das habe neokoloniale Strukturen.