"Für mich ist das in erster Linie eine Fußballweltmeisterschaft. Politik hat in den Wochen dort nichts zu suchen. Weil die Fußballmannschaften und die Spiele im Mittelpunkt stehen und nicht politische Debatten." Mit dieser Meinung steht Bijan Djir-Sarai, der außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, beim Dlf-Sportgespräch alleine da. Statt politischer Debatten fordert Djir-Saraj einen "normalen Umgang" mit dem Gastgeberland.
Das sieht vor allem Rebecca Harms, Europaabgeordnete der Grünen, entschieden anders. Schon die Vergabe der WM-Turniere 2018 und 2022 nach Russland und Katar sei umstritten gewesen. Für Harms ist es eindeutig, dass Wladimir Putin sich als "großer, globaler Führer" präsentieren möchte. Nach Meinung der Grünen-Politikerin dürften sich "vernünftige, westliche Staats- und Regierungschefs nicht auf diese Inszenierung einlassen." Rebecca Harms warnt vor "business as usual" mit Wladimir Putin.
Auch für ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann ist Russland kein Gastgeber wie jeder andere. "Wir mussten uns damit auseinandersetzen, wie die weltpolitische Lage ist", betont er. Im Gegensatz zur WM 2014 in Brasilien, hätten ARD und ZDF ihr Hauptquartier nicht in Russland - dies jedoch aus Kostengründen, die Sender würden so einen siebenstelligen Betrag einsparen. Ein besonderer Fokus liege in diesem Jahr auf der Hintergrundberichterstattung. Es sei "ein Privileg der öffentlich-rechtlichen Sender", sich diese leisten zu können.
Bei aller Kritik an Russland, warnt Bijan Djir-Sarai davor, den Menschen die Freude am Fußball zu nehmen. Er meint: "Politische Debatten gibt es genug, die gehören nicht auf das Spielfeld." Viele Russen würden gerade jetzt auf ein Ende der politischen Isolation hoffen. Einen anderen Eindruck äußert Rebecca Harms. Sie habe sich in Russland mit Vertretern der Menschenrechtsorganisation ‚Memorial‘ ausgetauscht. Innerhalb der russischen Opposition hoffe man, dass "die Opfer des repressiven Regimes von Wladimir Putin nicht vergessen werden".
Rolle der FIFA im Dlf-Sportgespräch scharf kritisiert
Für Thomas Fuhrmann steht indes fest, dass der russische Präsident die WM in jedem Fall für seine Zwecke nutzen wird. Ähnlich sei es bereits bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotchi gewesen. Harms hatte gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus 15 Ländern vorgeschlagen, dass Staats- und Regierungschef der Endrunde fernbleiben sollten.
Einig sind sich die Interviewpartner im Dlf-Sportgespräch bei der Bewertung der FIFA. Sie kritisieren die undurchsichtige Vergabe der WM-Turniere und die mangelnde Aufklärung von Korruption. Außerdem kontrolliere der Weltverband das in die Welt ausgestrahlte Fernsehbild, wie Thomas Fuhrmann anmerkt. Die Zensur von Fan-Protesten sei ein ernstes Problem, findet auch Bijan Djir-Sarai. "Die Rolle der FIFA oder UEFA sollte im Mittelpunkt stehen, nicht ob man als Politiker zu Putin fahren darf." Rebecca Harms stört insbesondere das Auftreten des FIFA-Präsidenten Gianni Infantino und dessen "peinliche Inszenierung mit Putin".
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