Bisher in den meisten Ländern eher in der Nische, bekommt der Frauensport in jüngster Zeit mehr und mehr Aufmerksamkeit. Nach einer Studie des Beratungsunternehmens Nielsen Sports interessieren sich inzwischen zwei Drittel der Bevölkerung für mindestens einen Frauensport. Branchenexperten gehen davon aus, dass sich das auch auf Sponsoring-Deals auswirken wird. Ein Wachstum zwischen 30 und 40 Prozent sei möglich, so Nielsen-Europachef Marco Nazarri:
"Er wird wachsen, je interessanter er für die Wirtschaft und die Medien wird. Und mit steigender TV-Berichterstattung und wachsenden kommerziellen Einnahmen wird der Frauensport weiter wachsen."
"Mehr Marken werden den Frauensport unterstützen", ergänzt der Chef der Sportrechte und Technologiemesse Sportel, Laurent Puons. "Deshalb wird es eine Verpflichtung sein, dass Frauen mehr Geld verdienen. Weil, wenn man die Zuschauerquoten betrachtet, war die Frauen-WM ein Erfolg. Viele Marken wollen sich in den Frauensport einbringen. Ich bin sicher, dass die Einnahmen für die Sportlerinnen steigen werden."
Vorbild Frauen-Tennis
Bisher gelingt eine gleichberechtigte Vermarktung vor allem in einer Sportart, was auch mit der Historie zu tun hat. "Tennis hat eine starke Geschichte in Sachen Geschlechtergleichheit, das hat viel mit dem Preisgeld zu tun", erinnert Emilie Montané vom französischen Tennisverband. "1973 wurde bei den US Open das Preisgeld für Männer und Frauen angeglichen. Dann folgten die Australien Open, Roland Garros und Wimbledon. Und heute sind acht der zehn bestverdienenden Sportlerinnen Tennisspielerinnen."
Davon sind die Fußballerinnen noch weit entfernt. Aber die Weltmeisterschaft in diesem Sommer in Frankreich hat mit ihrem medialen Erfolg den Weltverband wachgerüttelt. 1,12 Milliarden Zuschauer haben die WM auf allen Plattformen verfolgt. Fifa-Präsident Gianni Infantino hat daher angekündigt, in den kommenden vier Jahren eine Milliarde US-Dollar in den Frauenfußball zu investieren. Und auch private Unternehmen glauben an den Durchbruch. So soll im ersten Quartal 2020 ein neuer Streamingdienst entstehen, speziell für Frauenfußball. Die ersten Ligen sollen schon unterschrieben haben.
Bisher gibt es nur eine Streaming-Plattform, die Frauensport stark berücksichtigt: der Olympic Channel. Generalmanager Mark Parkman erklärt: "Wir haben in den vergangenen drei Jahren 19.000 Beiträge produziert und davon basieren 58 Prozent auf Frauensport. Weiter haben wir festgesellt, dass 56 Prozent unserer sozialen Posts von Frauen kommen. Wir suchen nach den besten Geschichten und einige der besten Stories handeln von Sportlerinnen."
Europäische Rundfunk-Union will Frauensport fördern
Ähnliches will auch die Europäische Rundfunk-Union (EBU) schaffen. Die EBU hat eine Initiative gegründet, die den Frauensport fördern will. Bei mehr als der Hälfte der Sportereignisse seien Frauen beteiligt, berichtet werde aber nur über wenige.
"Wir fokussieren uns auf den Bildschirm. Aber nicht nur das Programm soll nach Geschlechtern ausbalanciert werden, sondern es sollen auch mehr Frauen als Experten, Reporter und Moderatoren eingesetzt werden", kündigt Elsa Arapi von der EBU an. Weil die Präsenz im Fernsehen von enormer Wichtigkeit ist, hat die EBU eine Streaming-Plattform an den Start gebracht. Hier werden auch alle Sport-Ereignisse gezeigt, die im linearen Programm bei keinem EBU-Mitglied übertragen werden. Das soll auch die Vermarktungsmöglichkeiten verbessern – das Gesetz von Angebot und Nachfrage, erklärt Arapi:
"Eine höhere Nachfrage nach Frauensport wird die Rechtepreise steigen lassen. Aber niemand will ein Recht für etwas erwerben, was niemand schaut. Wir alle wollen großartigen Content und der Frauensport liefert ihn. Jetzt liegt es an uns, diesen zu verwerten."
In der Branche herrscht jetzt große Zuversicht, dass sich der Frauensport positiv entwickelt. Für eine stärkere mediale Präsenz und die daraus resultierende Vermarktung wird in Zukunft gesorgt. Offen ist jedoch, ob die Akzeptanz so groß ist wie prognostiziert.