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Sportausschuss zu Olympia in Deutschland
"Die Menschen müssen bei einer Bewerbung mitgenommen werden"

Erst die European Championships, dann die Basketball-EM: Sportgroßereignisse wie diese haben Rufe nach Olympischen Spielen in Deutschland lauter werden lassen. Nun hat sich der Sportausschuss des Bundestags damit befasst. Der DOSB will 2024 über eine erneute Bewerbung entscheiden.

Von Wolf-Sören Treusch |
Lea Meyer jubelt im Ziel und hält die Deutschland-Flagge.
Silber-Gewinnerin Lea Meyer bei den European Championships: Ein Event, das die Olympia-Diskussion neu entfacht hat. (dpa / Marius Becker)
Deutschland kann Sportgroßveranstaltungen. Das hätten die beeindruckenden Bilder von den European Championships in München und der Basketball-Europameisterschaft in Köln und Berlin im Sommer gezeigt. Thomas Weikert, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, DOSB, plädiert deshalb dafür, mittel- bis langfristig Olympische und Paralympische Spiele nach Deutschland zu holen.
"Aber wir wollen die Spiele nicht um jeden Preis. Und vor allem wollen und werden wir diesen Versuch anders, mit einer neuen Strategie, angehen. Die Menschen müssen auf dem Weg zu einer Bewerbung mitgenommen werden. Sie müssen die Möglichkeit haben, ihre Bedenken und Vorbehalte zu äußern. Nur dann kann ein solcher Prozess erfolgreich sein", so Weikert.
DOSB-Entscheidung über Bewerbung in zwei Jahren
Zwei Jahre werde dieser Prozess dauern. Erst nach den Sommerspielen 2024 in Paris will das amtierende Präsidium des DOSB entscheiden, ob es versuchen wird, das Großereignis Olympia und Paralympics nach Deutschland zu holen. Die Winterspiele 2034 beispielsweise oder die Sommerspiele 2036.
Der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes, Friedhelm Julius Beucher, ergänzt, für barrierefreie und zeitgemäße Sportinfrastruktur könne eine solche Bewerbung ein riesiger Schub sein. "Den haben wir speziell auch in Deutschland notwendig, weil wir ganz schwere Probleme mit dem Nachwuchssport haben. Und wenn man sich für 34 oder 36 bewirbt, ist das genau, was der Sport braucht, auch eine Orientierung auf Großveranstaltungen im eigenen Land."
Auch Breitensport in Olympia-Diskussion ein Aspekt
Doch auch kritische Stimmen meldeten sich bei der Anhörung im Sportausschuss zu Wort. Zum Beispiel die ehemalige Leichtathletin Sylvia Schenk von Transparency International. Sie hält den deutschen Sport schlicht für "nicht olympiareif": "Ich verstehe nicht, wie der DOSB mit der Bevölkerung abstrakt zwei Jahre reden will und nicht schon gleichzeitig in Gespräche einsteigen will. International sind die ersten sieben oder acht Bewerbungen für '36 bekannt und sind bereits in den Gesprächen. Also da muss Butter bei die Fische, sonst reicht es nicht."
Auch André Hahn, sportpolitischer Sprecher der Linken, sieht Olympia in Deutschland skeptisch. Er appellierte an die Bundesregierung, bei der Vergabe von Steuergeldern mehr an den Breitensport zu denken: "Es fällt mir auch extrem schwer, für die Ausrichtung Olympischer Spiele in Deutschland zu werben, solange wir hierzulande keinen vernünftigen Schulsport und keinen Schwimmunterricht absichern können. Und auch da müssen wir etwas tun, auch auf der Bundes-Ebene."
Ganz klar: Olympische oder Paralympische Spiele sind in Deutschland kein Selbstläufer. Die Diskussion wird weitergehen – auch im Sportausschuss des Deutschen Bundestags.