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Sportausschuss-Vorsitzende Dagmar Freitag
"Unstrittig, dass der Fußball eine Sonderrolle für sich beansprucht"

Während der Breitensport still liegt, reisen Profi-Mannschaften um die Welt und profitieren von Ausnahmeregelungen. Warum ist die Politik da nicht strenger? Die Vorsitzende des Bundestags-Sportausschusses, Dagmar Freitag (SPD), spricht sich im Dlf für strengere Regeln aus. Oft sei die Politik aber machtlos.

Dagmar Freitag im Gespräch mit Marina Schweizer |
Dagmar Freitag (SPD), Bundestagsabgeordnete, steht nach einer Pressekonferenz zum Stand der geplanten Olympia-Bewerbung 2032 im Hotel «Vier Jahreszeiten» .
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Dagmar Freitag (picture alliance/dpa | Fabian Strauch)
Während Deutschland im Lockdown ist und sich die Bürgerinnen und Bürger an Kontakt- und Reisebeschränkungen halten müssen, geht der Profisport eigene Wege. Weil Mannschaften aus England aufgrund der Corona-Mutationen aktuell nicht nach Deutschland einreisen dürfen, tragen etwa RB Leipzig (gegen Liverpool) und Borussia Mönchengladbach (gegen Manchester City) ihre Spiele in der Fußball-Champions-League kurzerhand in Budapest aus. Der FC Bayern München ist für die Klub-WM sogar nach Katar gereist.
Eine Reinigungskraft putzt vor dem Spiel VfL Wolfsburg gegen RB Leipzig am Samstag (07.03.2020) die Ersatzbank
"Geteiltes Leid ist nicht unbedingt halbes Leid"
"Die Vorbildfunktion der Vereine reicht so weit, wie ihre Interessen nicht berührt sind", sagt Steffen Augsberg über die Bundesliga. Er erklärt aber auch, warum die Vereine nicht selbst den Spieltbetrieb einstellen können.
"Der Profifußball, und auch andere Sportarten, leben offensichtlich in einem anderen Kosmos, in dem Rücksichtnahme ein Fremdwort ist", sagte die Vorsitzende des Sportausschusses, Dagmar Freitag (SPD), im Dlf. Die Politik sei machtlos, weil sie nicht entscheide, ob der Europäische Fußballverband (UEFA) seine Wettbewerbe austrage oder nicht. "Politik kommt dann ins Spiel, wenn es darum geht, Einreisen möglicherweise zu unterbinden. Aber es ist natürlich nicht möglich, deutschen Staatsbürgern die Reise nach Budapest zu verbieten", so Freitag.

Freitag für Quarantäne bei Rückreise

Was die Rückreise der Teams betreffe, liege die Verantwortung bei den Ministerpräsidenten der Länder und den zuständigen Gesundheitsämtern. Im Fall des FC Bayern, bei dem mit Thomas Müller sogar ein Spieler positiv auf Covid-19 getestet wurde, sei das eine Frage, die sich "ganz klar an Ministerpräsident Söder richtet". Freitag selbst spricht sich für eine Quarantäne-Pflicht für Mannschaften nach der Rückreise aus einem Risikogebiet aus. "Was für den Normalbürger gilt, muss auch für rückreisende Profimannschaften gelten. Insbesondere, wenn eine Mannschaft zurückkommt, die selbst einen aktiven Corona-Fall im Team gehabt hat."
Timo Boll Borussia Duesseldorf gegen Emmanuel Lebesson TTC Neu Ulm TTBL Tischtennis Bundesliga, TTC Neu-Ulm vs. Borussia Duesseldorf am 18. 11. 2020 Pfaffenhofen *** Timo Boll Borussia Duesseldorf against Emmanuel Lebesson TTC Neu Ulm TTBL Table Tennis Bundesliga, TTC Neu Ulm vs. Borussia Duesseldorf on 18 11 2020 Pfaffenhofen Copyright: xLau/xEibner-Pressefotox EP_blu
"Warum sollen wir das auch noch kaputtmachen?"
Der Profisport ist vom Lockdown in der Pandemie nicht betroffen. Wenn der Sport aber nicht zu Verbreitung des Virus beitrage, gebe es auch keinen Grund, ihn zu verbieten, sagte DTTB-Präsident Michael Geiger.
Kritik an den Sonderregeln für den Profisport gibt es nicht nur von Freitag, sondern auch von anderen Politikerinnen und Politikern. Solche öffentlichen Äußerungen seien wichtig, so Freitag, "um deutlich zu machen, dass das eine gesellschaftspolitische Debatte ist". Denn während Ärzte und Pflegekräfte aktuell keinen dringend benötigten Kurzurlaub machen könnten, "finde ich es schwierig zu vermitteln, dass ein ganz kleiner Teil der Bevölkerung offensichtlich Rechte genießt, die mit dem, was für alle anderen gilt, nichts mehr zu tun haben". Freitag sei es wichtig, ihre Meinung zu sagen. Für den gesamten Sportausschuss könne sie aber nicht sprechen. "Letztlich habe ich nicht das Mandat, für den Sportausschuss eine Meinung im Kanzleramt zu hinterlegen." Und die Entscheidungen würden schließlich in der Runde der Bundeskanzlerin mit den Ministerpräsidenten fallen.

"Auch andere Sportarten nehmen das für sich in Anspruch"

Ein Problem sei auch, dass Entscheidungen gegen den Profisport schlichtweg unpopulär wären. "Es ist völlig unstrittig, dass der Fußball eine Sonderrolle für sich beansprucht. Das hat einen einfachen Grund: Der Fußball ist weltweit die beliebteste Sportart. Und da steht eine geballte Macht hinter, die offensichtlich auch weiß, sich entsprechend zu positionieren." Freitag betonte auch, dass das Hygienekonzept der Deutschen Fußball-Liga DFL ein gutes Hygienekonzept für die nationale Ebene sei. "Aber mittlerweile reden wir nicht mehr über nationale Ebenen, sondern es wird quer durch die Welt gereist. Und es ist nicht nur der Fußball. Auch andere Sportarten nehmen das für sich in Anspruch."
Dem Breitensport stoßen die Sonderregelung für den Profisport nicht sauer auf, glaubt Freitag. "Außerhalb vom Fußball gibt es Wechselwirkungen zwischen Breiten- und Profisport. Deshalb ist es wichtig, dass die Profiligen funktionieren", sagte sie. "Ich glaube, der Frust im Breitensport richtet sich eher in die Richtung, dass sie sagen: Wir haben doch auch durchdachte Hygienekonzepte." Sogar in Fitnessstudios hält Freitag einen Betrieb unter strengen Hygieneauflagen aktuell für möglich. "Denn eines ist auch klar: Die erzwungene Bewegungslosigkeit von Menschen, wird uns im gesundheitlichen Bereich noch ganz schwer zu schaffen machen."