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Sportausschuss-Vorsitzende Freitag
Impulse als "unerbetene Einmischung"

Dagmar Freitag war zwölf Jahre lang Vorsitzende des Sportausschusses des Deutschen Bundestags. Im Sportgespräch zieht sie zum Abschied Bilanz: Stolz auf das Anti-Doping-Gesetz, Hoffnung mit Blick auf den Verein Athleten Deutschland und eine Herkulesaufgabe für eine neue Spitze des DOSB.

Dagmar Freitag im Gespräch mit Marina Schweizer |
Seitenansicht von Dagmar Freitag, verschwommene Konturen
Dagmar Freitag, SPD-Bundestagsabgeordnete, bei einer PK (picture alliance/dpa | Fabian Strauch)
Dagmar Freitag (SPD) war bis vor wenigen Jahren Vize-Präsidentin des Deutschen Leichtathletikverbandes und ist seit zwölf Jahren Vorsitzende des Sportausschusses im Deutschen Bundestag. Nach 27 Jahren als Abgeordnete im Hohen Haus steht sie diesen Herbst nicht mehr zur Wahl. Damit endet auch ihre Zeit als Sportausschuss-Vorsitzende. Im Dlf-Sportgespräch zieht sie Bilanz und schaut mit gemischten Gefühlen zurück auf ihre Amtszeit.
Als ihre größten Errungenschaften nennt sie zwei Dinge. Zum einen: die Verabschiedung des Anti-Doping-Gesetzes 2015. "Da habe ich mehr als 20 Jahre einen wirklich harten Kampf gemeinsam mit meiner Fraktion auch mit Unterstützung anderer kleinerer Fraktionen geführt.

Unabhängige Athleten, schwierige Kommunikation mit dem DOSB

Der zweite Punkt, den Freitag positiv hervorhebt, ist die Gründung des unabhängigen Vereins Athleten Deutschland. "Eine Athletenvertretung, die etwas erreichen will, darf nicht im System Sport verankert sein. Was das für ein Glücksfall ist, dass sich mündige Athletinnen und Athleten gesagt haben, wir gründen jetzt einen unabhängigen Verein. Das sehen wir ja an den Denkanstößen, die diese Athletenvertretung in ihrer so kurzen Zeit in die sportpolitische Diskussion geworfen hat. Aus meiner Sicht hat Athleten Deutschland schon das Prädikat ThinkTank."
Athleten-Initiative im Sportausschuss - Viel Lob für den "Thinktank"
Bessere Voraussetzungen für Sportlerinnen, Programme gegen Diskriminierung und Missbrauch - der Verein "Athleten Deutschland" hat im Sportausschuss des Bundestages eine Vielzahl an Ideen vorgestellt.
Die größte Enttäuschung als Politikerin im Bund erlebte sie in der Zusammenarbeit mit dem DOSB:
"Ja, ich will es mal ganz deutlich sagen, wenn ich es mit Gesprächspartnern zu tun haben, die wissen, dass sie ihrem Hauptsponsor gegenübersitzen, nämlich dem Bund, dann erwarte ich einfach einen respektvollen Umgang miteinander. Mindestens das und eben auch, dass Angaben und Daten, die mir geliefert werden, damit ich als jemand, der dem Haushaltsgesetzgeber angehört, meine Entscheidungen verantwortlich und verantwortungsvoll treffen kann. Ich persönlich glaube, dass ganz vieles auch an handelnden Personen gelegen hat. Und es ist ja kein Zufall, dass die Gesprächsfäden sowohl zum BMI als auch zu Teilen des Sportausschusses zum Schluss doch eher beeinträchtigt schienen."

Sportpolitische Impulse: "unerbetene Einmischung"

Der Sportausschuss hat unter anderem die Aufgabe, Gesetzgebungsverfahren einzuleiten und sportpolitische Impulse zu setzen. Das allerdings habe sie in ihrer Amtszeit immer als schwierig und "unerbetene Einmischung" erlebt, sagte Freitag - und sie verwies einmal mehr auf die Autonomie des Sports.
"Die Autonomie des Sports ist festgeschrieben. Das ist nicht einfach nur ein Begriff, der im Raum steht. Den haben wir zu respektieren. Und das weiß der organisierte Sport natürlich und leitet daraus eben auch ab, dass sich Sportpolitik mit Vorschlägen nicht einmischen darf."
Und das, obwohl sich der Sporthaushalt 2021 auf 293 Millionen Euro erhöht hat - zum Vergleich: vor zehn Jahren waren es nur rund 133 Millionen Euro. Trotzdem gebe es laut Freitag nicht in allen Fragen viel Einfluss auf und Kontrolle über den von Steuergeld finanzierten Sport. Dabei gäbe es durchaus Möglichkeiten, die Ausschüttung von Geld an Bedingungen oder Regeln zu knüpfen.
"Der Bund macht grundsätzlich Regeln und Gesetze, aber es gibt Bürgerinnen und Bürger, die diese Gesetze übertreten. Es ist nicht zu verhindern, dass Menschen Gesetze und Regelungen verletzen. Dann muss das Konsequenzen haben. Aber eine Regelung, ein Gesetz verhindert nicht, dass diese übertreten werden."

Komplett neue Führung an der DOSB-Spitze gewünscht

Für die Zukunft des deutschen Sports wünscht sich Dagmar Freitag, "die Werte des Sports nicht nur in den berühmten Sonntags- und Mitgliederversammlungsreden hochzuhalten, sondern für diese Werte und natürlich auch für die Anliegen der Athletinnen und Athleten einzutreten. Das wäre mein Ideal, das mündige Athletinnen und Athleten einen ganz anderen Stellenwert erlangt haben, als sie ihn heute haben."
Thomas de Maizière 
De Maizière zum DOSB - "Diese ganze Atmosphäre muss enden"
Der Chef der DOSB-Ethikkommission, Thomas de Maizière, fordert im Dlf einen kulturellen Wandel im Deutschen Olympischen Sportbund. Es gebe "Verbesserungsbedarf auf allen Seiten".
Und der von ihr so oft kritisierte DOSB, der sich im Dezember neu aufstellt, sollte eine komplett neue Führungspersönlichkeit an der Spitze bekommen: "Das heißt Führungsqualitäten nach innen und nach außen zeigen, Sozialkompetenz, insbesondere in der Arbeit mit den Hauptamtlichen im Hause des Sports, in Frankfurt natürlich. Aber diese neue Person wird die große Aufgabe haben, erstmal die Gesprächskanäle sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene wieder aufzunehmen und neues Vertrauen zu schaffen. Das wird eine Herkulesaufgabe."