Der Sportsender Match! TV beginnt nachmittags seine Übertragung aus Hochfilzen. Biathlon ist populär in Russland - Sportler und Politik feiern die Erfolge oft gemeinsam. Das Medium Fernsehen flankiert. Die Fernsehübertragungen sind quotenträchtig - regelmäßig schauen Millionen zu. Der Sender Match! TV gehört zur Gasprom-Media-Holding und ist erst vor etwas mehr als einem Jahr auf Sendung gegangen. Die Holding wird indirekt staatlich kontrolliert. Die Gründung des Senders geht auf einen Erlass Wladimir Putins aus dem Jahr 2015 zurück.
In den vergangenen Tagen hat das Zerwürfnis zwischen dem französischen Biathleten Martin Fourcade und den russischen Athleten Anton Schipulin sowie Alexander Loginow breiten Raum eingenommen. Der Franzose hatte Loginow zu dessen Geburtstag mit einem Verweis auf dessen, inzwischen abgesessene, Doping-Sperre gratuliert.
Empörung über verweigerten Handschlag
Dann, Ende der Woche, ließ der Franzose den Russen kurz nach einem Rennen über einen seiner Skier stolpern. "Unfair und unsportlich", kommentiert das Fernsehen. Dann der nächste Zwischenfall, als sich Russen und Franzosen bei der Siegerehrung nach der Mixed-Staffel nicht die Hände schütteln. TV-Kommentator Dimitrij Guberniew:
"Oh, Fourcade, mein Gott, was machst du da? Das Fernsehen zeigt es nicht. Das ist europäische Toleranz. Leute, zeigen Sie das zu Ende, wenn er nicht die Hand schütteln will, ist das sein gutes Recht. Warum haben Sie sich so feige versteckt, oh mein Gott."
Tatsächlich verweigerten die Russen dem Franzosen den Handschlag - später korrigiert der Sender seine Darstellung. In der Berichterstattung von Match! TV im Netz wird die Doping-Vergangenheit Loginows nicht kontrovers diskutiert. Dessen zweijährige Sperre sei Vergangenheit - nun dürfe er wieder starten, lautet das Argument. Im Fall der aktuell unter Dopingverdacht stehenden russischen Biathletin Jekaterina Glasyrina, die provisorisch gesperrt wurde, sei die Internationale Biathlon-Union Beweise schuldig geblieben. Sportminister Pawel Kolobkow:
"Wir werden dieser Sache auf den Grund gehen - zusammen mit dem Biathlon-Verband, welche Gründe es für diese Sperre gab, weil die Frage in der Tat wahrscheinlich nicht einfach ist. Ich bin mir sicher, dass es keine Gründe gibt."
"Katja, halte durch!"
Fernsehkommentator Dimitrij Guberniew ruft Glasyrina über Instagram zu: "Katja, halte durch, wir glauben an deine Unschuld." Es folgen vier Zeilen Emoticons: Herzen, verliebte Augen, die Abkürzung RU für Russland und Rosen. Der Post ist rund 13.000 Mal geteilt worden.
Ein anderer Post, in diesem Fall der eines Deutschen über Twitter, ist in dieser Woche in den Top 10 gelandet. Die Rangliste erstellt das Unternehmen Medialogia und wertet dafür aus, wie oft ein Post in russischen Medien zitiert wird. Der Radiosender Echo Moskwy berichtet über das Ranking und den Tweet des ZDF-Journalisten Nils Kaben. Der hatte getwittert, die Biathlon-Weltmeisterschaft 2021 werde nicht in der sibirischen Stadt Tjumen stattfinden. Damit belegt sein Tweet Platz vier, noch vor einem Tweet von Premierminister Medwedew.
Verwirrung um WM in Tjumen
Tatsächlich verkürzt die Nachricht: Denn die Biathlon-Union hat dem russischen Verband zunächst nahegelegt, von sich aus zu verzichten, ansonsten aber entziehe man den Wettbewerb. Eine Entscheidung soll Ende des Monats fallen. Der Gouverneur des Gebiets Tjumen, Wladimir Jakuschew, kündigt an:
"Nein, absagen werden wir nicht. Es ist unzulässig, wenn der IBU-Kongress die WM erst vergibt und das Exekutiv-Gremium sie dann wieder entziehen will. Und wir lösen auch das andere Problem: Die russische Anti-Doping-Agentur RUSADA wird wieder Mitglied in der Welt-Anti-Doping-Agentur. Und deswegen haben wir allen Grund und ich bin sicher, dass die Weltmeisterschaft 2021 in Tjumen ausgerichtet wird."
Der Gouverneur sitzt außerdem im Vorstand des russischen Biathlon-Verbands. Von den russischen Sportlern bei der aktuellen WM in Hochfilzen gibt es zum Fall Tjumen keinen Kommentar.