Am nächsten Montag beginnt in München die Leichtathletik-Europameisterschaft. Aus deutscher Perspektive – wie es in der Berichterstattung gerne heißt – bleibt zu hoffen, dass das eigene Team dann besser abschneidet als bei der WM im Juli in den USA. Dort gab es gerade eine Gold- und eine Bronzemedaille für Deutschland.
Aus medienkritischer Perspektive kommt ein weiterer Wunsch dazu: Dass nämlich auch die Leute bessere Leistungen zeigen, die für die Live-Berichterstattung verantwortlich sind an den Mikrofonen von ARD und ZDF. Denn die waren bei der WM in den USA nicht immer auf der Höhe der Zeit.
Wie die Gesellschaft hat sich auch der Spitzensport gewandelt, er ist vielfältiger geworden – die deutsche Leichtathletik-Auswahl besteht schon länger nicht mehr allein aus weißen Sportlerinnen und Sportlern. Die Kommentierung hängt bisweilen aber noch im Gestern fest.
Der weiße, westliche Blick
So wollte der ARD-Mann Ralf Scholt bei der WM einmal das antirassistische Engagement einer schwarzen US-Läuferin würdigen, sprach dabei aber von "Farbigen" – ein Wort, an dem jahrhundertelanges, rassistisches Denken klebt und das deshalb nicht verwendet, wer nicht grundlos Menschen beleidigen will. Noch absurder wird der Gebrauch, weil Ralf Scholt das Engagement der Läuferin damit eigentlich loben wollte.
Der weiße, westliche Blick war bei der WM auch an anderen Stellen spürbar. So kommentierte ZDF-Reporter Peter Leissl das 10.000-Meter Rennen der Männer vor allem mit Blick auf einen US-Athleten: „Und er, Grant Fisher, der Hecht im Karpfenteich hier, unter all den Afrikanern.“
Der Hecht wurde am Ende allerdings nur Vierter, das Rennen gewann Joshua Cheptegei aus Uganda. Und das nicht mal überraschend: Cheptegei hält den Weltrekord auf dieser Strecke, holte bei den Olympischen Spielen Silber und bei der letzten Weltmeisterschaft Gold. Mit anderen Worten: der Favorit in diesem Wettbewerb – was in der Kommentierung des Rennens aber nicht zu verstehen war, so selten wie Leissl über Cheptegei sprach.
In die Jahre gekommene Onkeligkeit
Klingt nach einer Kleinigkeit, macht aber deutlich, welche Trägheiten im Denken es gerade bei altgedienten Sportreportern gibt. So wollte der ARD-Kommentator Bernd Schmelzer im Fußball-EM-Halbfinale England gegen Schweden sein Erstaunen zum Ausdruck bringen über das in der Tat erstaunliche Hackentor der Engländerin Alessia Russo. Nur wählte Schmelzer dafür die Worte: "Kind, was machst du denn da?"
Auch wenn das bewundernd gemeint war – es spricht daraus eine in die Jahre gekommene Onkeligkeit, die gewohnt war, auf den Frauenfußball mit wohlwollend-amüsiertem Desinteresse herabzuschauen. Entsprechend wurde der Satz in den Sozialen Medien kritisiert.
Updates über gesellschaftliche Entwicklungen
Und das wäre der Punkt, an dem gerade die ältere Riege unter den Sportreportern bei der Vorbereitung auf künftige Berichte einmal ansetzen könnte: Ein paar Updates über gesellschaftliche Entwicklungen, die eigene Position mal in Frage stellen, sich genau für die Sachen interessieren, die bislang nebensächlich schienen.
Damit es den verdienten Sportreportern nicht irgendwann die Sprache verschlägt. So wie dem US-amerikanischen Kollegen Jerry Foltz Anfang Mai. Die Golferin Lydia Ko hatte physiotherapeutische Hilfe in Anspruch genommen, allerdings nicht wegen Rücken- oder Hüftleiden, wie der Interviewer mutmaßte: „It’s the time of the month, I know, the ladies are watching are probably like: Yeah, I got you…“ (lacht) Menstruationsbeschwerden also. Das war dem Reporter so neu, dass ihm die Worte ausgingen, wie Lydia Ko belustigt feststellte: „I know you lost your words, Jerry!“