Bürger und Journalisten können im Moment kaum überprüfen, wie Steuergeld im deutschen Sport eingesetzt wird - und ob der Einsatz effizient ist. Das ist in einer Demokratie nicht nur grundsätzlich falsch, es schafft auch mehrere konkrete Probleme.
Erstens sinkt so die Akzeptanz in der Bevölkerung. Wenn sich ein System abschottet, entsteht eine Grundskepsis: "Die in den Verbänden, im DOSB, im Ministerium, die stecken sich mein Geld doch selbst ein. Bei den Athleten kommt am Ende doch sowieso nichts an."
Zweitens entsteht kaum Druck, gute Argumente zu entwickeln: Das System kann wissenschaftliche Fakten und Argumente von außen einfach ignorieren. Es kann ohne Widerspruch entscheiden, im Zweifel willkürlich.
Drittens erhöht sich die Korruptionsgefahr. Je weniger Kontrolle, je weniger transparente Regeln, desto größer die Gefahr, dass Menschen zum eigenen Vorteil oder zum Vorteil von Freunden handeln.
All diese Probleme können mit verstärkter Transparenz in der Sportförderung eingeschränkt werden.
Wie geschlossen das System Sport arbeitet, wie viel Druck von außen es benötigt, zeigt sich meiner Erfahrung nach immer wieder: in der Dopingbekämpfung, in der Aufarbeitung der Dopingvergangenheit, in Transparenzfragen, aber auch in der Reaktion auf unliebsame wissenschaftliche Erkenntnisse.
Je mehr sich eine Struktur nach außen abschottet, desto größer ist die Gefahr, dass sie in die falsche Richtung marschiert. Je offener ein System dagegen ist, desto effizienter wird gearbeitet.
Wünscht sich Deutschland eine effiziente Sportförderung, sollte die Politik dafür sorgen, dass das Geld so transparent wie möglich verteilt wird.
Von der Geheim- zur Allgemeinsache Sport
In Hamburg ist am 1. Oktober ein Transparenzportal gestartet. Dort veröffentlicht die Stadt Verträge, Gutachten, Haushaltspläne, Sitzungsprotokolle und Subventionsvergaben. Die deutsche Sportförderung sollte sich an diesem Portal ein Beispiel nehmen.
Der Bund ist dafür zuständig, den Spitzensport zu fördern. Der DOSB koordiniert die Verteilung der Mittel an die Verbände. Das ist eine Aufgabe, die sonst das Innenministerium übernehmen müsste. Damit ist der Geschäftsbereich Leistungssport des DOSB ein Teil der mittelbaren Staatsverwaltung – und damit transparenzpflichtig. Diese Transparenzpflicht haben Verwaltungsgerichte in Berlin in mehreren Urteilen festgestellt.
Die Vorgaben aus diesen Urteilen sollte das Innenministerium umsetzen. Es sollte ein "Transparenzportal Sport" schaffen.
Statt defensiv auf Entwicklungen von außen zu reagieren, sollte der Sport in die Offensive gehen. Einen offenen, fortschrittlichen, demokratischen Sport würden Bürger stärker akzeptieren, als einen verschlossenen Sport.
Verwaltungsgerichte in Berlin haben auch festgestellt, dass der aus Steuermitteln geförderte Bereich des Sports keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse haben kann. Der Transparenz staatlicher Förderung steht also nichts im Weg.
Der Sport kann und sollte Vorbild sein. Ein "Transparenzportal Sport", in dem jede Zahlung aus Steuergeld, jeder Vertrag, jede Studie und jedes Gutachten öffentlich ist, könnte national und international ein Signal setzen.
Deutschland könnte sich emanzipieren. Aus der Geheimsache Sport würde eine Allgemeinsache Sport.