Für Christen ist Ostern der wichtigste religiöse Feiertag im Jahr. Doch an Karfreitag, einem stillen Feiertag, findet zum Beispiel ein Länderspiel des deutschen Frauen-Nationalteams statt - und an Ostersonntag, dem Tag der Auferstehung Jesu, wird in der Fußball-Bundesliga regulär gespielt. In England wiederum findet am 2. Weihnachtstag regelmäßig der "Boxing Day" statt - ein normaler Spieltag in der Premier League.
"Man könnte mehr Rücksicht nehmen"
Elsbeth Beha, Präsidenten des Katholischen Sportbundes DJK in Deutschland, findet es nicht gut, dass während der kirchlichen Hochfeste offizielle Sportveranstaltungen stattfinden. "Das überrascht mich. Wir sind noch eine westlich-christlich orientierte Welt. Und an Weihnachten oder Ostern könnte man schon mehr Rücksicht nehmen", sagte Beha im Deutschlandfunk-Sportgespräch. Anderseits fühle sich die Hälfte der Gesellschaft keiner christlichen Kirche zugehörig: "Die Gesellschaft ist da wohl zwiegespalten."
Ein anderes Beispiel für die Verbindung zwischen Sport und Religion: Im Islam findet seit dem 22. März und noch bis zum 21. April der Fastenmonat Ramadan statt. Vom Morgengrauen bis zum Sonnenuntergang essen und trinken viele Musliime nichts - so wie auch viele Spieler von Genclikspor Recklinghausen, einem türkisch und muslimisch geprägten Fußballverein, in dem aber Menschen aus vielen verschiedenen Ländern und mit unterschiedlichen Religionen zusammenspielen. Eine Lokalzeitung titelte kürzlich: "Spieler fasten trotz Abstiegskampf". Steht der Sport in der Öffentlichkeit über dem Glauben der Spieler?
Gemeinsames Beten in der Kabine
"Ja, das ist nun mal so", sagt Muharrem Gürbüz, Geschäftsführer von Genclikspor und fügt hinzu: "Religion ist schön und gut aber man sollte die Jungs auch einfach spielen lassen. Fasten hört sich immer so schlimm an. Aber die haben ihre Körper trainiert und kommen damit klar. Und das gemeinsame Fasten verbindet auch", so Gürbüz im Dlf-Sportgespräch. Kürzlich habe seine Mannschaft im Abstiegskampf gegen eine andere türkische Mannschaft gespielt, die auch fastet: "Die haben dann sogar vor dem Spiel gemeinsam mit uns in der Kabine gebetet."
Sport und Religion können voneinander profitieren. Dieser Meinung ist auch DJK-Präsidentin Elsbeth Beha. "Der Sport ist ein niedrigschwelliges Angebot für alle und man versteht sich auch nonverbal. Sport ist für mich das beste Mittel, um die Menschen zusammenzubringen und auszugleichen untereinander.“ In Recklinghausen lädt Muharrem Gürbüz seine Spieler gleich im Anschluss an den Ramadan zum Zuckerfest ein, um gemeinsam zu grillen und zu feiern. "Ich denke, dass Sport verbindet. Und es ist auch schön, andere Kulturen kennenzulernen. Unsere serbisch-orthodoxen Spieler feiern ja zum Beispiel später Weihnachten. Und so kann man voneinander lernen.“
"Kirche und Sport können voneinander lernen"
Voneinander lernen: Das hat sich auch der DJK zur Aufgabe gemacht. Der Verband sieht sich zwar in erster Linie als christlich-werteorientierter Verband, möchte aber auch in die Gesamtgesellschaft wirken. Werte wie Nächstenliebe, Respekt voreinander und der Schöpfung, sagt Präsidentin Elsbeth Beha, würden alle Menschen betreffen und seien auch im Islam vorhanden: "Die möchten wir in unseren Vereinen leben und nach außen tragen. Wir stellen den Menschen in den Mittelpunkt. Der Sport kann das sehr gut transportieren."
Beim DJK werden während Sportveranstaltungen, Tagungen oder Konferenzen teilweise Gottesdienste gefeiert oder Andachten gehalten. Beha sieht dadurch auch Möglichkeiten, Menschen, die sonst nichts mit der Kirche zu tun haben, über den Sport ansprechen zu können: "Wir haben da eine große Komepetenz. Und die Katholische Kirche könnte da offener sein und den Sport mehr in den Mittelpunkt stellen. Auch Kirche und Sport können voneinander lernen." Insgesamt hat Beha aber das Gefühl, dass der Sport gegenüber Religionen tolerant eingestellt sei.
"Religiöse Diskussionen gehören nicht auf den Fußballplatz"
Muharrem Gürbüz von Genclikspor Recklinghausen glaubt hingegen, dass der Sport noch toleranter werden muss und das Miteinander von Sport und Religion mehr fördern müsse. Als Beispiel nennt er einen Vorfall aus der Ligue 1, der ersten Fußball-Liga in Frankreich. Dort hat der französische Fußball-Verband (FFF) seine Schiedsrichter dazu angewiesen, während des Fastenmonats Ramadan keine Spielunterbrechungen für muslimische Spieler zuzulassen. "Sich in Frankreich in so einer Liga dagegen zu wehren, mein lieber Scholli."
Trotzdem plädiert Gürbüz generell dafür Sport und Religion nicht zu sehr miteinander zu vermischen. "Das sind zwei Paar Schuhe. Politische und religiöse Diskussionen gehören nicht auf den Fußballplatz." Sein Verein sei daher auch offen für Spieler aller Nationalitäten und Religionen. Bereits jetzt würden neben Türken auch Menschen aus Ungarn, Serbien, Deutschland und Nigeria im Verein spielen. "Sport ist offen für alle - unabhängig von religiöser Zugehörigkeit", pflichtet ihm Elsbeth Beha bei: "Da machen wir alle keinen Unterschied."