Athleten als Aktivisten
Rennrodler Loch: "Der Fußball könnte ein gewaltiger Multiplikator sein"

Der deutsche Rennrodler Felix Loch nutzt seine Reichweite als Spitzensportler, um sich für Klimaschutz einzusetzen und als Botschafter bei Plan International zu engagieren. Aber können Spitzensportler Vorbilder für Nachhaltigkeit sein?

Felix Loch und Lisa Loch im Gespräch mit Maximilian Rieger |
Felix und Lisa Loch steigen aus einem Transporter von Plan International aus und werden von singenden und tanzenden Frauen in Malawi empfangen.
Felix und Lisa Loch haben in Malawi die Projekte von Plan International besucht. (privat)
Der deutsche Rennrodler Felix Loch gehört mit drei Olympia-Siegen und 13 Weltmeister-Titeln zu den erfolgreichsten deutschen Rodlern. Seine Reichweite will er nutzen, um vor allem auf Klimaschutz und soziale Projekte im Globalen Süden aufmerksam zu machen.
Dass sich das Klima verändert, habe er auch schon im Sport an diversen Wetterkapriolen gemerkt. Aber die Athleten versuchen zusammen mit dem Verband, diverse Rahmenbedingungen an das Klima anzupassen, um den Wintersport weiter ausführen zu können: Den Wettkampfkalender nach hinten verschieben, Rennen dort veranstalten, wo die klimatischen Bedingungen es noch ermöglichen, oder auch die Reiserouten besser aufeinander abstimmen.
"Ich sag immer: Weniger quer durch die Welt fliegen, sondern es so gut wie möglich strukturieren, dass die Abläufe einfach besser werden", erklärt Felix Loch im Deutschlandfunk-Sportgespräch.

Felix Loch: "Malawi - das erdet gewaltig"

Seit 2014 ist Felix Loch Botschafter bei Plan International, einer Organisation, die sich weltweit für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe einsetzt. Zusammen mit seiner Ehefrau Lisa Loch, die zugleich seine Managerin ist, hat Felix Loch ein Patenkind in Peru und war zuletzt im ostafrikanischen Land Malawi, um sich die Arbeit von Plan vor Ort anzuschauen.
"Uns geht es extrem gut, wir haben alles, wir können mehr oder weniger tun und lassen, was wir wollen, aber es gibt Menschen oder Kinder auf der Welt, wo das nicht so ist", erklärt Loch.
In Malawi hat das Ehepaar verschiedenste Projekte besucht, waren in einer Schule und erfuhren, wie schwer die Menschen in Malawi vom Klimawandel betroffen sind. Auch die fehlenden Frauenrechte und Zwangsheiraten sind ein Problem.
"Malawi - das erdet einfach gewaltig. Ein bisschen was zurückzugeben, das ist nicht schwierig", so Loch. Er möchte seine Reichweite in der Zusammenarbeit mit Plan International nutzen, um auf das Leid vieler Menschen auf dieser Welt aufmerksam zu machen. "Man war wirklich jeden Tag wieder brutal mitgenommen und das geht extrem unter die Haut."
"Da kommst du schon als anderer Mensch zurück, wenn du es live vor Ort mitbekommen hast" ergänzt Lisa Loch die Eindrücke im Sportgespräch. "Wir sind wahnsinnig erschrocken zurückgekommen und wir haben viele Tage und Nächte drüber reden müssen, weil wir uns in unserer westlichen Welt natürlich überhaupt nicht vorstellen können, was da wirklich passiert in solchen Ländern."

Botschafter zu sein, sollte keine Marketing-Strategie sein

Lisa Loch sieht Athleten und Athletinnen als tolle Botschafter, "aber das ist natürlich nicht nur ein reiner Marketing-Gag, das soll es natürlich nie sein." Aus ihrer Erfahrung als Managerin weiß sie, dass bei Athletinnen und Athleten oft schwere Phasen, sportliche Misserfolge oder Schicksalsschläge das Bewusstsein dafür schaffen, sich engagieren zu wollen.
"Das ist schon so, dass das für mich als Managerin dann ein kleiner Hebel ist," erzählt sie im Dlf. Ihre Aufgabe sei dann, für den Athleten auch das passende Engagement zu finden, in dem sich der Athlet auch selbst wiederfindet. Dass man sich engagieren möchte, beschreibt Lisa Loch wie einen Reifeprozess.

Lisa Loch: "Für Werte ernsthaft einstehen"

Aber gerade beim Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz trifft den Leistungssport viel Kritik: die Flugreisen, die CO2-Emissionen durch Fans, der verschwenderische Luxus von manchen Profis.
Lisa Loch findet es aber falsch, mit dem Finger auf Leistungssportler zu zeigen und sie im Sinne des Schwarz-Weiß-Denkens entweder als Botschafter oder zu Umweltsünder zu kategorisieren. Ihr ist wichtig, dass die Sportler "für Werte einstehen, und zwar ernsthaft einstehen."
Die beiden könnten die Wintersportwelt im Großen nicht verändern und auch die Welt nicht retten, aber "wir können einen Teil dazu beitragen, um es besser zu machen, um es zu optimieren".
Rodler Loch appelliert ergänzend an den Profi-Fußball, der noch eine viel größere Reichweite als zum Beispiel er als Wintersportler hat: "Der Fußball könnte ein gewaltiger Multiplikator sein. Wenn man die mediale Aufmerksamkeit hat, dann ist man auch in der Verantwortung die auch zu nutzen, egal in welcher Form."

Wer Haltung zeigt, muss auch Shitstorms aushalten können

Trotzdem kann Lisa Loch auch verstehen, dass sich Athleten und Athletinnen bei manchen Themen zurückhalten. "Wenn du als Athlet erfolgreich sein willst, musst du dich darauf und auf deinen Sport total konzentrieren können. Und natürlich, wenn du dich positionierst bei einem Thema, das vielleicht nicht ganz so cool ist in der Öffentlichkeit, dann ist die Gefahr sehr, sehr groß natürlich, dass ein potentieller Shitstorm auf dich zukommt auf Social Media", erklärte die Sportmanagerin.
Für Felix Loch aus seiner Position sei es jetzt einfacher gewesen, sich für Klimaschutz einzusetzen, weil er ein bekannter, erfahrener Athlet ist und sich über die Werte, für die er einstehen möchte, schon klar geworden sei. Aber gerade junge Athleten und Athletinnen seien noch nicht so gefestigt, erklärt Lisa Loch. Da wäre es falsch, sie einfach in ein Thema hineinzuwerfen, womit sie sich vielleicht gar nicht wohlfühlen: "Dann ist es ehrlich gesagt auch besser, so ein Thema nicht zu besetzen, weil das, was nicht passieren darf, ist, dass der Athlet verschreckt wird und sich zukünftig nie mehr positionieren wird."
Es gebe aber auch einige Themen, bei denen sich sowohl junge als auch erfahrene Athleten eher zurückhalten, nimmt Lisa Loch wahr. Die Angst vor einem Shitstorm sei zu groß. Dabei gehe es aktuell bei vielen Krisen auf der Welt darum, eine Haltung zu zeigen.

Felix Loch: In der Masse könne man Veränderungen erreichen

Und das können nicht nur die Sieger und Weltmeister, sondern auch die Athleten und Athletinnen aus der zweiten und dritten Reihe, glaubt Felix Loch. Dafür brauche es aber eine Zusammenarbeit zwischen allen Athleten - dann könne man auch in den Sport-Strukturen Veränderung erreichen.
"Man merkt, wenn einfach genügend Leute die Hand heben und sich dagegen aufbäumen oder für etwas einstehen, dann kann man da etwas bewegen, das ist ganz klar."
Deshalb ermutigt er alle, sich zu überlegen, wo man sich wiederfindet und sich dort dann stark zu machen. Und wenn es nur minimal sei, es könne schon etwas bewirken, davon ist Felix Loch überzeugt.