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Sportjournalismus und Corona
Neues aus dem Archiv

Die Corona-Pandemie trifft auch die Sportmedien mit voller Wucht. Programmplaner und Sportjournalisten sind auf einmal ihrer Sendefläche beraubt. Die Anbieter gehen alle unterschiedlich mit der neuen Situation um.

Von Daniel Bouhs |
Ein Kameramann filmt den Ball vor einem Bundesligaspiel.
Der Ball ruht. Sportsender setzt das vor gewaltige Herausforderungen (picture alliance / dpa - Frank Rumpenhorst)
"Willkommen zu Abendübertragung hier an der Neusser Straße. Wir blicken uns mal um. Es ist relativ still. Oh, da passiert was – was ist da? Hoch, da parkt einfach jemand mitten auf der Kreuzung! Bist Du verrückt?"
Wenn nicht aus dem Stadion, dann einfach aus dem Wohnzimmer: Fußballkommentator Robert Hunke macht sich gerade auf Twitter neue Freunde. Er kommentiert einfach weiter – auf Sicht, aus seinem Fenster.
"Und was macht er? Er holt die E-Roller rein, in den Wagen – das ist eine Überraschung! Ob das so legal ist, wage ich zu bezweifeln. Ich glaube, dass der Schiedsrichter ihn mit der Gelben Karte davonkommen lässt."
Nur noch eine Sportseite täglich
Viele Sportjournalisten trifft die Krise besonders hart: Wo keine Turniere, da auch keine Übertragung oder auch Berichterstattung in Lokalzeitungen. Einige Zeitungen der Funke-Mediengruppe etwa – in Nordrhein-Westfalen, Berlin und Thüringen – drucken nur noch eine Sportseite täglich. Der Sportteil macht Platz für Kindernachrichten, Rätsel und Kochtipps – Zeitvertreib fürs das Daheimbleiben.
Auch Fernsehsender streichen als erstes die Sportberichterstattung – Liveübertragungen natürlich, aber auch die übrigen Programmflächen. Der WDR berichtet nur noch auf sportschau.de. Und auch im Ersten fährt die ARD ihre Sportberichterstattung mangels eines Spielgeschehens zurück. Und wenn sie noch sendet…
"Herzlich Willkommen liebe Zuschauer zu einer Sonderausgabe der 'Sportschau'…"
dann natürlich zu diesem einen Thema, das alle beschäftigt und einschränkt, auch den Sport.
"Corona"
"Corona"
"Corona"
Klassiker aus dem Archiv
Statt Spielberichte laufen Interviews mit Vereinsfunktionären und Sportpolitikern über die Krise, die Zwangspause der Bundesliga, ausgesetzte Trainings, die verschobene Europameisterschaft. An diesem Sonntag zeigt das Erste statt des klassischen Magazins eine Dokumentation über den Schiedsrichter Deniz Aytekin, keine frischen Berichte.
"Wir haben eine Situation im Sport, wo wir mit vielen Ausfällen rechnen. Und da wird man in jedem Einzelfall auffüllen müssen", sagt Volker Herres, der Programmdirektor des Ersten.
Eine Idee, die unter Fußballfans diskutiert wird: Zeigt doch Fußballspiele aus dem Archiv – Klassiker. Herres geht auf diesen Vorschlag bei einer gestreamten Pressekonferenz zu den Corona-Folgen für die ARD nicht konkret ein.
Allgemein sagt er: Ja, man werde irgendwann wohl auch Entspannendes ins Programm nehmen müssen. Erst mal gehe es aber darum, über die Folgen der Krise zu.
"Und das können Sie im Sport auch machen, indem Sie dann mal analysieren: Was bedeutet die Coronakrise für den Sport. Das sind ja erhebliche Auswirkungen finanzielle, große Belastungen für Vereine, eine Riesendiskussion. Und auch die Diskussion wollen wir auch dann mit den Sportjournalisten in unserem Programm prioritär abbilden."
Auch das ZDF-Sportstudio sendet vorerst weiter. Heute werden Vertreterinnen und Vertreter diverser Disziplinen – aus der Fußball-Bundesliga über den Radsport und die Leichtathletik bis hin zum Boxen und zum Fechten – erklären, was die Krise für sie heißt.
Den Streaminganbietern droht eine Kündigungswelle
Aber was machen Sportsender ohne Sport? Discovery, der Mutterkonzern von Eurosport, ermöglichte kein Interview. Dem TV-Branchendienst DWDL gegenüber erklärte der Sender jedoch: Man werde nun "große Sport-Momente" ins Programm nehmen.
Hier dürfte Discovery von seinem umfangreichen Deal mit dem Internationalen Olympischen Komitees profitieren. Ein "Best-of" der Olympischen Geschichte gehört dazu.
Auch die Streamingplattform DAZN, die eigentlich ausschließlich Live-Übertragungen bietet, setzt auf Archivmaterial. Sie nimmt nun die Doku-Reihe "Making Of" ins Programm, dazu Zusammenfassungen der Champions-League-Finals der vergangenen gut 25 Jahre. DAZN hatte sich gerade erst umfangreiche Rechte der "Königsklasse" gesichert.
Dass DAZN viele Kunden die Treue halten, muss aber natürlich bezweifelt werden. Und auch bei Sky stellt sich die Frage: Was wird aus den Abos der Fußballfans?
Abonnements bei Sky laufen deutlich länger als bei DAZN. Ein Sonderkündigungsrecht räumt Sky nicht ein und will nun verstärkt "legendäre Fußballspiele, unvergessliche Formel 1-Rennen und Saisonrückblicke" zeigen. Zu Sportpaketen gibt es immerhin auch zwangsläufig eine Art Grundversorgung an Serien und Spartenprogrammen außerhalb des Sports. Das dürfte so mancher Fußballfan nun gut gebrauchen können.