Ein Zeichen der Hoffnung - so hatte der Sport-Staatssekretär Stephan Mayer die Länderspiele deutscher Nationalmannschaften vergangene Woche im Deutschlandfunk genannt. Inzwischen sind sie eher ein Zeichen dafür, wie schwer das Coronavirus den Sport trifft.
Denn die Infektionen häufen sich. In der ukrainischen Nationalmannschaft hatte es vor dem Länderspiel gegen Deutschland fünf Fälle gegeben, bei der deutschen Handball-Nationalmannschaft vier und beim Fußball-Bundesligisten TSG Hoffenheim sogar acht Infizierte.
Infektionzahlen hebeln Hygienekonzepte aus
Die Hygienekonzepte der Profiligen und Sportverbände hätten im Früjahr und Sommer noch gut funktionert. Die zügig steigenden Infektionszahlen in den vergangenen Wochen hätten das Konzept allerdings ausgehebelt, sagte nun Andreas Nieß, Ärztlicher Direktor der Abteilung Sportmedizin am Universitätsklinikum Tübingen, im Deutschlandfunk.
Neben der höheren Spielfrequenz sieht Nieß vor allem die Abstellungen zu internationalen Spielen und zur Nationalmannschaft als Ursache für die rasant angestiegene Zahl an Corona-Infektionen, nicht nur im Fußball.
Bedingt durch die vermehrte Reisetätigkeit stoßen auch die entwickelten Infektionsschutzkonzepte an ihre Grenzen, sagte der Mediziner, der auch am Schutzkonzept für die Leichtathletik mitgearbeitet hatte. Es kämen Einflussfaktoren hinzu, die nicht mehr beeinflusst werden und gehandelt werden könnten.
Nieß: "Internationale Spiele und Wettkämpfe absagen"
Um einen erneuten Lockdown im Profisport wie im Frühjahr zu verhindern, forderte der Sportmediziner deshalb, die Spielfrequenz senken und internationale Spiele und Wettkämpfe abzusagen. Eine andere Möglichkeit sei die Rückkehr zu Spieleclustern, wie etwa beim Finalturnier der Fußball-Champions-League: Mehrere Mannschaften an einem Ort, die zeitlich konzentriert ihre Spiele gegeneinander austragen, unter strenger Einhaltung der Quarantänebedingungen. Nach einer zweiwöchigen Trainingsphase würde sich dann das nächste Cluster anschließen.
Dies entspreche zwar nicht dem Ligabetrieb, räumte Nieß ein. Aber es sei ohnehin ein Fehler gewesen, ein Hygienekonzept einzuführen, auf der anderen Seite aber den Spielbetrieb nicht zu modifizieren. Dies gelte auch für andere Profiligen neben dem Fußball.
"Sonst fährt man gegen die Wand"
Nieß legte den Verantwortlichen in den Ligen und Verbänden nahe, ihre Hygienekonzepte an die gestiegenen Fallzahlen anzupassen:
"Das Argument, es hat in der Vergangenheit funktioniert, zieht nicht, angesichts der gestiegenen Zahlen. Man muss Anpassungen vornehmen, um den Weiterbetrieb zu gewährleisten. Sonst fährt man gegen die Wand und irgendwann gibt es gar keine Möglichkeit mehr, Wettkämpfe durchzuführen."