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Sportmuseum Leipzig
Ausstellung soll Wiedereröffnung vorbereiten

Im stadtgeschichtliche Museum Leipzig eröffnete Mitte April die Sonderausstellung "In Bewegung. Meilensteine der Leipziger Sportgeschichte". Sie soll Leipziger Sporttraditionen zeigen und sie will Standpunkt beziehen für die Wiedereröffnung des Leipziger Sportmuseums.

Von Jennifer Stange |
    Historische Rennräder und Schlitten, aufgenommen am 08.03.2016 in Leipzig (Sachsen) in einem Keller, in dem Ausstellungsstücke des Sportmuseums Leipzig gelagert werden.
    Historische Rennräder und Schlitten in Leipzig in einem Keller, in dem Ausstellungsstücke des Sportmuseums Leipzig gelagert werden (2016) (Sebastian Willnow/dpa)
    Jeden Morgen fährt Volker Rodekamp mit dem Fahrrad zur Arbeit. Vielmehr hat der Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums in Leipzig mit Sport nicht am Hut. Aber er hat eine quasi sportliche Mission. Er kämpft für die Wiedereröffnung des Sportmuseums bevor er nächstes Jahr in Rente geht.
    Mit einer Sonderausstellung. Die Ausstellung soll zeigen, Sport ist mehr als Bewegung. Sport sei allgegenwärtig, sei ein Riesengeschäft, sei Politik, stiftet "common Spirit" und verleitet auch zum Missbrauch für Hochleistung, nicht nur damals in der DDR. Deshalb ist für Rodekamp wichtig:
    "Dass wir dieses Thema einfach stärker in der Gesellschaft verankern, dass wir mehr darüber sprechen, dass wir es diskursiver aufbauen, dass wir ein Forum entwickeln, wo man auch Meinungen austauschen kann. Ich finde das Thema ist zu wichtig, dass man es einfach links liegen lassen kann."
    1991 einfach abgewickelt
    Ein Sportmuseum in Leipzig gab es mal. Es wurde 1991 von einem Tag auf den anderen geschlossen, ohne offiziellen Beschluss einfach abgewickelt.
    Rodekamp sagt: "Richtig ist, dass dieses Museum sehr stark ideologisch ausgerichtet war und die Geschichte erzählte, dass der Sozialismus immer siegt am Beispiel des Sports. Dieser Ort war aber auch mehr als ein Showroom, er war auch wissenschaftlich basiert was die Sammlungen anging."
    Von den knapp 100 000 Objekten zeigt die derzeitige Sonderausstellung nur einen kleinen Teil. Zu sehen sind selbstgebastelte Spikes, antiquarische Sportgeräte, Plakate, Trophäen und andere Artefakte. Zeugnisse, die auch Leipzigs historischen Rang im Sport markieren sollen.
    "Früh für neue Sportarten begeistert"
    Direktor Rodekamp sagt: "Leipzig gehört neben Berlin und Köln, vielleicht sogar auch vor beiden, zu den drei großen Städten nationaler Sportgeschichte."
    Was im heute zu beweisen wäre, stehe für das 19. Jahrhundert fest. Trendsportarten, die damals aus England kamen, wären in der Messe- und Industriestadt begeistert aufgenommen worden, sagt Rodekamp.
    "Weil man hier eben ein Stück weit auch die Welt verstand und so hat man sich sehr früh auch für die neuen Sportarten begeistert, die an anderen Orten erstmal auf Ablehnung gestoßen sind."
    "Sporthistorische Stadtroute"
    Fussball zum Beispiel. Den national gesinnten deutschen Turnern sei er genauso ein Dorn im Auge gewesen, wie Weiblichkeit im Sport.
    Rodekamp sagt: "Gerade in dem Zeitalter der ersten Emanzipationsbewegung der Bürgerschaft, Frauen auch, die Frauen betreten Ende des 19. Jahrhunderts auch ein Stück weit die Bühne des Sports."
    Die Bühnen von damals sind Stationen auf der "Sporthistorischen Stadtroute", die das Museum parallel zur Ausstellung entwickelt. Große Stadien, Turnhallen, Rad- und Rudersportstätten, sind heute zum Teil verwaist, oder wurden platt gemacht, so wie der jüdische Sportverein "Bar Kochba", den die Nazis auflösten. Düstere Sportgeschichte, an die erinnert werden soll
    Galopprennbahn mit historischer Tribüne
    Die Galopprennbahn steht heute noch so, wie sie vor 150 Jahren erbaut wurde. Der Totalisator, der mechanische Vorläufer der elektronischen Wettkasse, ist Teil der Sportausstellung im stadtgeschichtlichen Museum war aber noch im Einsatz als Hans-Volkmar Gaitzsch das erste Mal auf der Galopprennbahn Scheibenholz war. Heute ist er der Experte für diese sportgeschichtliche Station.
    Er sagt: "Wie die Sowjetunion hier einrückte, im Juni 1945, hat der Stadtkommandant Trufanow zwei Befehle erlassen: Das erste war, dass er bestimmte, dass innerhalb von vier Wochen im Kapitol das Gewandhausorchester zu spielen hat und das zweite, dass ab September hier Pferderennen stattzufinden haben."
    So kam es dann auch. Gaitzsch war damals vier Jahre alt und erinnert sich noch gut an das Rennen, das erste in ganz Deutschland nach dem Krieg, wie er sagt. Ein bis dahin der Elite vorbehaltener Sport wurde Volkssport, die Pferde Volkseigentum, der Stall volkseigener Betrieb.
    "Volle Hütte"
    Ex-Jockey Martina Lehr hat hier ihr erstes Rennen gewonnen. Die 65 jährige springt vom Pferd als wäre es gestern gewesen.
    Lehr erzählt: "War immer voll die Hütte. 1. Mai war: die Leute sofort von der Demonstration hierher, manche gar nicht erst zur Demonstration. (lacht)"
    Die obligatorischen Demonstrationen zum Arbeiterkampftag gibt es nicht mehr, den traditionellen Aufgalopp schon. Der Betrieb wurde zwar privatisiert und läuft auf Sparflamme, die Tribüne, die älteste Sportstätte der Stadt, wurde aber kürzlich sogar saniert.
    Auf der Zielgeraden
    Auch beim Sportmuseum mangelt es am Geld. Beschlossene Sache ist die Neueröffnung seit über zehn Jahren. Eigentlich, betont Volker Rodekamp:
    "Wir haben von Vornherein immer wieder deutlich gemacht, dass es nicht nur Aufgabe einer Kommune sein kann mit diesem Thema umzugehen, sondern dass auch das Land und andere, auch die Organisationsstrukturen des Sports sich dazu bekennen sollten."
    Man sei in der Angelegenheit mittlerweile auf der Zielgeraden, sagt der Museumsdirektor. Mehr will er nicht verraten, aber er glaubt fest daran, dass der symbolische erste Spatenstich gemacht wird, bevor er die Verantwortung in einem Jahr an eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger übergeben wird.
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