Der besondere Teamgeist, der bei den Mitgliedern des Nike Oregon Project zu beobachten gewesen sei, sei fast vergleichbar mit dem Gemeinschaftsgefühl in religiösen Sekten, sagte Emrich in der Sendung "Sport am Sonntag": Trainer würden bewundert "wie kleine religiöse Führer", man schaffe zusammen etwas, was man vorher allein nicht geschafft hatbe und spüre gemeinsam ein Überlegenheitsgefühl gegenüber anderen, weniger erfolgreichen Gruppen.
Das setze einerseits natürlich Kräfte frei und ermögliche intensives Training, so Emrich – "aber andererseits erleichtert es eben die Durchführung von Maßnahmen, die vielleicht nach dem Anti-Doping-Recht nicht illegal sind, aber möglicherweise illegitim. Man geht vielleicht leichter an die Grenzen des Erlaubten – und vielleicht auch manchmal darüber hinaus."
Druck zum Erfolg
Hinzu komme der enorme Druck zur Höchstleistung. Schließlich habe es sich für den Sportartikelhersteller Nike nur gelohnt, die Läufer und Läuferinnen aus dem Nike Oregon Project zu finanzieren, wenn diese auch Erfolge feiern konnten, so dass der Konzern "dadurch sozusagen einen Spill-Over hat auf seine Produkte und diese Produkte mehr gekauft werden".
Die Rolle des Sportartikelherstellers Nike, der die Trainingsgruppe gesponsort hatte, sieht der Sportökonom kritisch: "Ich meine, das war eine neue Qualität, dass international tätige Großkonzerne beginnen, Nationen zu ersetzen und so auf ihre Produkte zu verweisen." Man habe versucht, sich die Aufmerksamkeit des Zuschauers über einen oder mehrere Akteure weltweit "zu kaufen".
Athleten suchen optimale Bedingungen
Ein anderes Beispiel dafür sei der Lauf von Eliud Kipchoge in Wien, der die Marathon-Distanz nur deshalb in unter zwei Stunden habe laufen können, weil von den Sponsoren "alles geplant und minutiös durchdekliniert" war: "Das ist durchaus ein schönes Zeichen für menschliche Leistungsfähigkeit, aber es hat wenig mit Sport zu tun." Denn zum Sport, so Emrich, gehöre das Unvorhersehbare und das sich Messen mit anderen - in einem fairen Wettbewerb.
Und warum machen die Athleten mit? Weil sie nach Ansicht von Eike Emrich Gemeinschaft suchen und die für sich optimalen Bedingungen: "Athleten gehen schlicht und einfach zum besseren Wirt, suchen die für sich besten Bedingungen und sehen vielleicht im ersten Betrachten der Situation eher nur das Positive."
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