Das Segment Sport gewinnt für den Streamingsektor immer größere Bedeutung. Er ist ein Grund dafür, dass sich nach Branchenschätzungen die globalen Umsätze im Streamingmarkt 2021 im Vergleich zum Jahr 2015 auf etwa 54 Milliarden Euro verdoppeln werden. Verbreitet werden die Video- und Audioinhalte ohne Beteiligung von Internet-Providern. Im Fachjargon heißt das over-the-top, kurz OTT.
"Für mich ist keine Frage, OTT die Zukunft, wenn es zu digital delivery kommt." Ist Markus Luer von dieser Art der digitalen Verbreitung überzeugt. Der Deutsche ist Gründer und Chef von Total Sports Asia, eine der führenden Sportrechte-Agenturen in Asien und er hat vergangenes Jahr die Streaming-Plattform Sportfix gegründet.
Technische Probleme färben auf gesamte Branche ab
Bei einer Umfrage für einen Brachendienstleister wurden jedoch Ängste und Wünsche der Kunden deutlich. So fürchten 72 Prozent, dass technische Probleme das Sportvergnügen stören könnten. Bestätigt werden diese Befürchtungen durch diverse technische Pannen, wie beispielsweise das Desaster des Eurosport-Players zu Beginn der Bundesliga-Saison. Solche Probleme färben auf die ganze Branche ab, sagt Kay Dammholz, bei DAZN in Deutschland für die Rechte zuständig. Die Probleme würden aber nicht beim Streamen liegen, das sei technisch lösbar. Auch wenn Millionen Kunden die Champions League sehen wollen. Das Problem liege woanders.
"Wenn man sich als Neukunde anmeldet, mit den Zahlungsdetails, mit der Adresse, das ruft eine neue Überprüfungsnotwendigkeit hervor. Und wenn zu viele Leute sich kurzfristig anmelden, dann hat das nicht nur den Registrierungsprozess lahmgelegt, sondern die ganze Plattform. Und dieses Problem haben wir lösen können, indem die beiden Sachen entkoppelt sind."
Streamingdienste erwerben massiv Sportrechte
Auch Markus Luer leugnet diese Probleme nicht weg. Diese Kinderkrankheiten seien aber zu lösen, spätestens wenn der Nachfolger des 4G-LTE Mobilfunknetzes kommt. "Wenn es demnächst 5G geben wird, dann werden viele dieser Probleme verschwinden."
Aber viele Sportfans wünschen sich Streamingdienste, wenn es problemlos läuft. Eine Chance für den Sport. Zum einen wird der Sportrechtemarkt aufgerollt, die großen Fußballrechte werden noch teurer. So hat DAZN gemeinsam mit dem Bezahlsender Sky die Live-Rechte für die Champions League erworben. Kolportierte 600 Millionen Euro zahlen beide für die nächsten drei Jahre.
Kay Dammholz sieht das nicht als Großangriff auf die Konkurrenz: "Wir sind davon überzeugt, Millionen von Abonnenten zu gewinnen ohne jemanden was wegzunehmen. Das heißt, wir erweitern den Markt Wir verdrängen niemanden sondern wir erweitern. Ich sehe keinen Grund, warum ein zufriedener Sky-Kunde nicht zusätzlich DAZN buchen sollte, der muß nicht bei Sky aufhören."
Kooperationen auch mit öffentlich-rechtlichen Sendern
Dammholz spricht von Erweiterung statt Verdrängung. Dazu gebe es auch Kooperationen mit anderen Medien, Print, Online und: "Wir haben hervorragende Kooperationen mit Free-TV-Sendern, beispielsweise Sport 1. Aber auch mit den öffentlich-rechtlichen Sendern arbeiten wir vertrauensvoll zusammen."
Bisher kooperierten der Streamingdienst sowie Hessischer und Südwest-Rundfunk bei Tennisevents. Für die öffentlich-rechtlichen Sender ist eine Neuorientierung auch notwendig. So berichten ARD und ZDF von den Olympischen Spielen nur noch als Sublizenznehmer, die Qualifikationsspiele für WM und EM zeigt jetzt RTL und das ZDF hat auch die Champions League verloren. ZDF-Sportchef Thomas Fuhrmann kündigt deshalb an, man werde von Fall zu Fall neue Bündnispartner suchen. Er habe kein Problem, sich zum Beispiel mit der Deutschen Telekom zu unterhalten, oder mit Amazon oder mit anderen Pay-TV- und Streaming-Anbietern.
Plattformen müssen sich auf Sportarten spezialisieren
Zum anderen ergeben sich neue Chancen für Vereine, Ligen und Verbände. Sogar unterklassiger Fußball wird mittlerweile über Plattformen wie sporttotal.tv und soccerwatch.de vermarktet. Und mit Hilfe von technischen Dienstleistern haben beispielsweise der Europäische Handball-Verband, der Schwimm-Weltverband oder die Tennis-Frauen-Organisation WTA eigene Angebote gelauncht. In Deutschland hat der Deutsche Olympische Sportbund sportdeutschland.tv an den Start gebracht. Neben der Plattform für die breite Sportpalette existiert schon eine eigene Handball-Plattform.
Diese Spezialisierung ist notwendig, sagt DOSB New Media-Geschäftsführer Björn Beinhauer: "Wir haben auf jeden Fall die Erfahrung gemacht in den letzten anderthalb, zwei Jahren, dass die Cross-Verlinkung von Sportarten auf der Ebene, auf der wir uns bewegen, nicht funktioniert. Das heißt, der Volleyballfan kommt zu uns und guckt Volleyball. Ich kann ihm noch so viel Tischtennis und Handball anbieten, er guckt immer nur Volleyball."
2018 sollen deshalb sechs bis zehn weitere sportartspezifische Plattformen folgen. Diese Online-Live-Dienste sollen unter anderem mit Sponsoring finanziert werden. Ein Lackmustest für die Randsportarten, ob sie sich digital refinanzieren können.