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TV-Rechte im Sport
Wie ein lukrativer Markt sich weiterentwickelt

Auf dem Sportrechtemarkt erzielt nur der Fußball hohe Erlöse. Andere Sportarten und auch der Frauenfußball müssen sich mit Bruchteilen dessen zufrieden geben. Mit Hilfe neuer Konzepte und moderner Technologien soll sich das jetzt ändern.

Von Piet Kreuzer | 01.01.2023
Die Apps von DAZN, Sky und Eurosport auf einem Iphone.
Sport-TV- und Streaming-Anbieter stoßen in neue Gefilde vor. (picture alliance / dpa / Rolf Vennenbernd)
Für den Fußball waren die vergangenen 20 Jahre lukrativ. 2002 hat die Bundesliga mit ihren TV-Rechten weniger als 300 Millionen Euro eingenommen. Jetzt erhält die DFL 1,1 Milliarden Euro pro Saison. Es war eine Zeit, in der vor allem Pay-TV-Sender die Preise getrieben haben. Aber die Ära des klassischen Fernsehens ist vorbei – jetzt dominiert das Internet.
„In 2023 werden wir sehen, wie immer mehr TV-Sender ihren Angeboten im Internet höchste Priorität einräumen werden“, sagt Tobias Künkel, CEO der Digitalagentur Teravolt.
 „Die altehrwürdige BBC hat dieses Jahr diese Zeitenwende in der europäischen TV-Landschaft eingeläutet und angekündigt, lineare Sender abzuschalten, um mehr in digitale Angebote zu investieren. Und das werden wir auch von anderen sehen.“
Auch für den Sportrechtemarkt in Deutschland bedeutet das Veränderung. Jahrelang hat der Pay-TV-Sender Sky den Sportrechte-Markt dominiert. Dieses Geschäftsmodell gerät durch Streamingdienste in Gefahr. Seit Oktober häufen sich die Berichte, dass der US-Mutterkonzern Comcast den Sender verkaufen möchte.
Und 2022 ist Sky zum zweiten Mal im Bieterwettbewerb um die Fußball Champions-League ausgestiegen. Die Begründung eines Sprechers:  „Bei allem Interesse sind wir mit einer ökonomisch klaren und verantwortungsbewussten Sicht auf den Wert von Sportrechten in den Prozess gegangen und waren deshalb auch im Sinne unserer Kunden nicht bereit, über den Wert, den wir diesem Recht beimessen, hinauszugehen.“
Die Rechte im Bezahlbereich gehen wie schon bei der letzten Ausschreibung an die Streamingdienste DAZN und Amazon. „Ich glaube auch, dass die Anzahl der Medienunternehmen, die bereit sind, teilweise Milliardenverluste oder dreistellige Millionenverluste zu akzeptieren, um mit Sportrechten in einen Markt zu kommen. Das werden weniger werden“, so der frühere Chef der Deutschen Fußball Liga Christian Seifert beim Sportbusiness-Kongress Spobis. Ein Trend, der das Geschäft mit Sportrechten in der Zukunft verändern wird.

Mehr Vielfalt in Sicht?

Dieses Geschäft konzentriert sich im Moment vor allem noch auf den Fußball. Der Medienwissenschaftler Markus Bölz sieht aber Anzeichen, dass es künftig eine größere Vielfalt geben könnte.
Jetzt werde sich entscheiden, „ob wir tatsächlich eine Ausdifferenzierung haben, dass auch andere Sportarten neben dem Fußball nicht mehr nur Randerscheinung sind, sondern auch zu Massenerscheinungen werden“, sagt der Leiter des Instituts für Sportkommunikation an der Fachhochschule des Mittelstandes.
Darauf setzt auch Christian Seifert. Der Ex-DFL-Chef hat gemeinsam mit dem Springer-Konzern die Streaming-Plattform Dyn gegründet. Die neue Plattform soll in erster Linie Mannschaftssportarten mit Ausnahme des Fußballs eine Heimat bieten.
„Ich glaube schon, dass Ligen in Zukunft sich deutlich mehr fragen müssen, was tut eigentlich dieses Medienunternehmen? Oder was tut der Medienpartner wirklich für mich, für meine Marke, für meine Bedeutung in der Gesellschaft, für meine, für meine Möglichkeit, auch in anderen Bereichen zu wachsen? Ja, das war ja einer unserer substanziellen Ansätze.“

Social Media und Liveübertragungen sollen sich ergönzen

Das Angebot von Dyn geht über das Live-Spiel hinaus. Dyn will die Aufmerksamkeit für Sportarten wie Volleyball, Handball, Basketball und Tischtennis auch zwischen den Spielen hochhalten und steigern. Dafür sollen die Social-Media-Kanäle der Ligen und Vereine beständig mit Video-Clips bestückt werden.
Wie die Zusammenarbeit von Social Media und Fernsehen funktioniert, hat Pro7Sat1 mit der NFL gezeigt, sagt Markus Bölz: „Mit was für einer Intensität und Wucht eine junge Zielgruppe American Football rezipiert, das gab es mal vor einem Jahrzehnt schon so, dass man also Versuche gemacht hat. Aber jetzt ist es wirklich eine Schwelle, das ist kein Nischenangebot mehr ist, sondern dass es wirklich ein Massenangebot wird, was auch in Deutschland von einer jungen Zielgruppe wirklich selbstverständlich rezipiert wird.“
Nach der langjährigen Aufbauarbeit hat Pro7Sat1 2022 den Rechtepoker verloren, RTL erntet jetzt die Früchte. Ab der kommenden Saison überträgt der Kölner Sender die NFL im frei empfangbaren Fernsehen.

Der Frauenfußball hat die Nische verlassen

Raus aus der Nische, rein in den Mainstream – daran arbeitet auch der Frauenfußball seit Jahren. 2022 könnte der Durchbruch gewesen sein. Das Finale der Europameisterschaft haben 18 Millionen Menschen gesehen – es war die Sendung mit der höchsten Quote überhaupt im vergangenen Jahr.
Auch die Bundesliga profitiert davon. Es strömen mehr Menschen ins Stadion und ein neuer Vertrag für die Medienrechte bringt ab der Saison 2023/24 5,2 Millionen Euro pro Saison – 16 Mal so viel wie bisher.
„Da sind wir in eine absolut neue Dimension vorgestoßen. Das heißt, es gibt deutlich mehr Geld für den Frauenfußball über die Lizenzerlöse, der den Vereinen direkt zukommt“, sagte dazu DFB-Präsident Bernd Neuendorf. Etwa 390.000 Euro erhält jeder Klub. DFB-Geschäftsführer Holger Blask bewertet das Verhandlungsergebnis als Vertrauensvorschuss: 
„Wir sehen jetzt hier entsprechendes Engagement und auch ein großes wirtschaftliches Commitment. Ja, es ist eine Investition in die Zukunft, ehrlicherweise eine Großinvestition, die unsere Medienpartner machen, die natürlich entsprechend auch ein Stück weit den Schutz für diese Investition ihrerseits Rechte einfordern können.“

Bei Fans ungeliebte Spieltermine als Alleinstellungsmerkmal

Dazu gehört auch, dass es Montagsspiele geben wird. Blask verteidigt die bei den Fans unbeliebte Entscheidung. „Da bietet sich hier als Alleinstellungsmerkmal der Montag, an dem es jetzt gar keine andere Fußball-Liga mehr gibt, extrem an. Vor allen Dingen, weil wir wissen, dass es ein seit 30 Jahren sehr gelebter und im Medienbereich sehr, sehr gut nachgefragt und auch in den Stadien damals gut nachgefragt.“
Alle 132 Partien laufen im Pay-Bereich über Magenta TV und DAZN, im Free-TV werden 32 Spiele bei ARD, ZDF und Sport 1 gezeigt. Und um die Sichtbarkeit zu steigern, könnte auch das nächste Großereignis helfen: Die WM im Sommer in Australien und Neuseeland.