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Sportschießen
Kim Rhode: "Tiger Woods des Schießens"

Wenn Kim Rhode ihrer Arbeit nachgeht, wird es laut. Zwischen 500 und 1000 Patronen verbraucht sie im täglichen Training. Der Aufwand hat sich sportlich ausgezahlt. Die Schützin ist der erste amerikanische Athlet, der bei fünf aufeinanderfolgenden Olympischen Spielen auf dem Podest stand, dreimal sogar ganz oben.

Von Heiko Oldörp |
    Die Amerikanerin Kim Rhode überreicht ihre Waffe
    Die US-Sportschützin Kim Rhode (Iopp/Michel_Gangne, picture-alliance / dpa)
    Die 37-Jährige, sagt ihr amerikanischer Team-Kollege Matthew Emmons, sei in der Schießwelt ein Star. Jeder dort kenne Kim Rhode. Vater Richard Rhode, der auch ihr Trainer ist, bezeichnet seine Tochter gar als "Tiger Woods des Schießens.”
    Dennoch kennt sie außerhalb ihres Sports kaum jemand. Trotz ihrer Erfolge ist Rhode in den USA nur eine Athletin, der alle vier Jahre während der Sommerspiele ein paar Schlagzeilen bekommt – und dann wieder in der Bedeutungslosigkeit verschwindet. Sie macht Späße darüber, kennt aber den wahren Grund: "Ich denke, ich fliege einfach gerne unter dem Radar. Wir reden hier über's Schießen, ein Sport, der gebrandmarkt ist. Und deshalb bekommen wir leider keine Groß-Sponsoren.”
    Sponsoren aus der Waffenindustrie
    Diejenigen, die sie finanziell unterstützen, sagt Rhode, kommen alle aus der Waffenindustrie. Ihr sei in Amerika kein Sportschütze bekannt, der Werbeverträge mit anderen Partnern habe. Sie selbst hat erlebt, wie Sponsoren eine Zusammenarbeit mit ihr ablehnten, weil sie eine Schützin ist.
    In der jüngeren Vergangenheit fand Rhode etwas mehr Beachtung, wenn auch aufgrund trauriger Umstände. Nach den Massenschießereien in San Bernardino und Orlando wurde sie von den Medien angesprochen, nach ihrer Meinung gefragt. Sie brachte ihre Trauer zum Ausdruck, sprach den Angehörigen und Hinterbliebenen ihr Beileid aus, betonte jedoch auch: "Ich bin auf jeden Fall für das Second Amendment, dafür, dass man eine Waffe tragen darf. Mir ist klar, dass die Polizei die Pflicht hat, bei einer Schießerei zu reagieren. Aber es kann mehrere Minuten dauern, bis sie am Tatort ist. Was machst du dann? Deshalb bevorzuge ich es, mein Recht auszuüben und eine Waffe bei mir zu haben.”
    Interviews drehen sich um Massaker
    Das Second Amendment ist der viel diskutierte Zusatzartikel im amerikanischen Grundgesetz, der es der Regierung verbietet, das Recht auf Besitz und Tragen von Waffen einzuschränken. Mit ihrer klaren Haltung ist Rhode bei der mächtigen Waffenvereinigung NRA sehr beliebt, bei der sie eine lebenslange Ehrenmitgliedschaft genießt. Als im Dezember bei einer Schießerei in San Bernardino 14 Menschen ums Leben kamen, war Rhode in einer NRA-Sendung zu hören. Der Moderator lobte sie ausdrücklich dafür, dass sie gegenüber der Tageszeitung "USA Today” betont hatte, die Schuld für das Massaker liege nicht bei der Waffe, sondern bei den Tätern.
    Auf der Pressekonferenz der amerikanischen Schützen in Rio wurde Rhode eine halbe Stunde lang interviewt, das Gros der Fragen drehte sich nicht um ihr sportliches Ziel, sondern um die Themen Massenschießereien und Waffenrechte. Es ist die Kombination aus ihrer Sportart und der gesellschaftspolitischen Debatte, die Rhode's Bekanntheitsgrad steigert. Dabei hat sie eine ganz andere Story zu bieten. Die Kalifornierin kann als erste Athletin sechsmal nacheinander Olympisches Edelmetall gewinnen – das war bislang nur dem italienischen Rodler Armin Zöggeler gelungen.
    Sie wolle Gold holen, sagt Rhode selbstbewusst. Und sie hofft, dass sie im Erfolgsfall nicht wieder das erlebt, wie vor vier Jahren in London. Damals gewann Rhode mit neuem Olympia-Rekord den Skeet-Wettbewerb. Die erste Frage auf der Pressekonferenz richtete sich jedoch nicht nach ihren Gefühlen oder der Bedeutung ihrer fünften Olympia-Medaille. Rhode wurde gefragt, was sie zur Schießerei in Aurora sage. In einem Kino der Kleinstadt des Bundesstaates Colorado hatte wenige Tage zuvor ein psychisch Kranker zwölf Menschen getötet und 70 weitere verletzt.