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Sportschützen in der Coronakrise
Kein scharfer Schuss

1,4 Millionen Schützen gibt es im DOSB, ein Drittel davon stellt der Bayerische Sportschützenbund. Der Betrieb liegt wegen Corona brach - die Schießanlagen sind geschlossen, nicht einmal ehrenamtliche Arbeiten dürfen verrichtet werden. Doch die Outdoordisziplinen hoffen auf eine schnelle Rückkehr zur Normalität.

Von Andrea Schültke |
Die Olympiaschießanlage in München.
Die Olympiaschießanlage in München. (imago sportfotodienst)
Der Tölzer Schützenmarsch. Die Telefon-Warteschleife beim Bayerischen Sportschützenbund. Die Musik ruft Bilder hervor von Leuten in farbigen Uniformen, Musikkapellen und Umzügen durch die Straßen. Vorbei an Menschen, die begeistert winken.
Mitte der Gesellschaft
Die Schützenvereine in Bayern sind stark in der Gesellschaft verwurzelt. Das bestätigt Alexander Heidel, Geschäftsführer des Bayerischen Sportschützenbundes:
Alexander Heidel, Geschäftsführer Bayerischer Sportschützenbund.
Alexander Heidel, Geschäftsführer Bayerischer Sportschützenbund. (Bayerischer Sportschützenbund)
"Sie sind die Mitte der Gesellschaft, und sie sind vor allem im ländlichen Bereich sehr stark verankert. Häufig sind es die Schützenvereine, die beispielsweise das Maibaumaufstellen, organisieren oder diverse Dorffeste ausrichten."
Solche Feste fallen in diesem Jahr aus - abgesagt wegen Corona. Damit fehle den Vereinen die Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen über den Sport hinaus und neue Mitglieder zu gewinnen:
"Insofern sind die Schützenvereine hier in Bayern vielleicht gleich doppelt gestraft, weil sie zum einen an ihrer sportlichen Aktivität gehindert sind und zum anderen auch ihrer gesellschaftlichen Funktion nicht nachkommen können."
Renovieren verboten
In Bayern sind die Ausgangsbeschränkungen restriktiver gewesen als in anderen Bundesländern. Alle Sportanlagen geschlossen. Die Wohnung darf nur verlassen werden zur Erwerbstätigkeit, für Einkäufe, Arztbesuche oder aus triftigem Grund. Damit sind auch die im Sommer üblichen Renovierungsarbeiten an den vereinseigenen Schützenhäusern verboten. Denn die Mitglieder erledigen das ehrenamtlich:
"Beispielsweise wenn sie das Dach vom Schützenhaus neu decken. Sie könnten eine Firma damit beauftragen, die das dann machen dürfte. Die Vereinsmitglieder, die handwerklich möglicherweise genauso versiert sind, dürften dies aber ehrenamtlich nicht tun, weil es eben nicht ihre Erwerbstätigkeit ist."
Trockentraining
Renovieren zurzeit verboten und auch Sportschießen ist nicht erlaubt. Letzteres gilt auch für Leistungssportlerinnen und -Sportler wie Pistolenschützin Monika Karsch, Silbermedaillengewinnerin der Olympischen Spiele von Rio. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern macht Bayern auch für seine Spitzenathletinnen und -Athleten die Anlagen nicht auf. Daher bleibt für Monika Karsch neben Athletik- und Krafttraining nur die Schieß-Simulation:
"Da macht man sich einen schwarzen Punkt an die Wand und macht mit der Waffe halt Übungen und kann im Endeffekt auch den Schussablauf abspielen. Nur eben nicht mit einem scharfen Schuss, sondern nur mit einem trockenen Klick. Und so kann man eben versuchen, das Schießtraining möglichst nahe zu gestalten."
Vorbild auch bei Schutzmaßnahmen
Momentan rücke der Sport in den Hintergrund. Dennoch sieht sich Monika Karsch als Leistungssportlerin auch jetzt in einer Vorbildrolle. Dazu gehört für sie auch das penible Einhalten der Vorgaben in Sachen Hygiene- und Abstandsregeln.
"Um zumindest den Teil beizutragen, den wir beitragen können. Und so schnell wie möglich wieder in das normale Leben übergehen zu können."
Bei der schrittweisen Rückkehr zur Normalität dürfe der Sport nicht vergessen werden, mahnt Alexander Heidel vom Bayerischen Sportschützenbund. Er hält eine Wiederaufnahme der Outdoor-Disziplinen im Schießen schon jetzt für unproblematisch:
"Beispielsweise des Wurfscheibenschießens oder auch des Bogenschießens. Das findet an der frischen Luft statt, im Freien. Man kann hier problemlos sämtliche Abstandsregelungen einhalten und mit Blick auf beispielsweise Beschränkung der Gruppengröße oder weitere Hygienemaßnahmen wie Mundschutz oder vorgeschriebene Desinfektionsmaßnahmen."
Abstand kein Problem
Auch für die Indoor-Disziplinen, die Monika Karsch betreibt, könnten laut Verband die geforderten Abstandsregeln eingehalten werden. Nur jeden zweiten Schießstand besetzen, Visiere oder Masken tragen:
"Mit diesen Forderungen oder mit diesen Vorschlägen sind wir ans bayerische Innenministerium herangetreten und hoffen, dass diese nun auch in die weiteren Verhandlungen zwischen Bund und Ländern geführt werden, auch entsprechenden Einfluss finden."
Finanziell abgesichert
Möglicherweise kann Monika Karsch ab Mitte Mai wieder scharf schießen. Als Mitglied der Sportfördergruppe ist die Pistolenschützin bei der Bundeswehr angestellt und somit auch aktuell finanziell abgesichert. Bis sie das Schießtraining wieder aufnehmen kann, geht sie die Abläufe in Gedanken durch, denn ihr Sport sei eine massive Kopfsache.
Monika Karsch beim Schießwettbewerb bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio. Über 25 Meter gewann sie die Silbermedaille.
Monika Karsch beim Schießwettbewerb bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio. Über 25 Meter gewann sie die Silbermedaille. (picture alliance/dpa - Felix Kaestle)
Deshalb hofft sie, "dass man gestärkt aus dieser ganzen Krise rauskommt, vielleicht sogar neue Ideen hat, sehr motiviert ist, weil man jetzt weiß, was einem fehlt, und man wieder alles wertschätzen kann, was man jetzt in der ganzen Zeit nicht hatte. Ich glaube, dass man dann wieder mit totaler Motivation an die bevorstehende Situation und Saison herangehen kann, und ich glaube, dass man viele neue Sachen mit im Gepäck hat."
Positiv denken
Neue Idee und eine totale Motivation, das will sich die Silbermedaillengewinnerin von Rio auch nach der Corona-Zeit erhalten. Bis dahin nutze sie ihr Wissen aus dem Leistungssport:
"Dass man einfach positiv denkt und aus schwierigen Situationen versucht, das Beste rauszuholen, am effektivsten zu arbeiten, am Ende dann zu gewinnen, ganz oben erfolgreich zu sein. Und das kann man natürlich jetzt in so einer Krisenzeit hervorragend probieren und testen."
Dieses positive Denken empfiehlt die Olympiateilnehmerin auch den Vereinen - für einen Neustart nach der Krise.
Dieser Beitrag ist der fünfte Teil unserer Serie "Motiviert bleiben – wie Sportvereine Corona überstehen". Hier finden Sie die weiteren Beiträge: Sport in der Coronakrise