"Bayern München – Real Madrid, Tor Vidal…"
Champions-League Viertelfinale, Bayern München gegen Real Madrid – das Hinspiel am 12. April war ein Pflichttermin für Bayern-Fans. Die Partie lief im frei empfangbaren Fernsehen. Das ZDF überträgt mittwochs ein Champions-League-Spiel. Das könnte sich bald ändern. Die europäische Fußball-Union UEFA möchte mit ihrem Premiumprodukt mehr Geld verdienen - und in den laufenden Verhandlungen den Preis für die Rechte ab der Saison 2018/2019 in die Höhe treiben.
Vermutlich keine Gebührengelder für horrende Summen
"Wenn da eine gewisse Grenze erreicht wird, fürchte ich, dass sich ein Öffentlich-Rechtlicher da schwer tut, dafür dann Gebührengelder zu verwenden. Deswegen glaube ich, dass es wahrscheinlich eher im Pay-Bereich landen wird, ja",
sagt Marcus Hochhaus, Chef des Sportbereichs beim Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Goldmedia. Englische Verhältnisse drohen. Dort hat der Pay-TV-Sender BT Sports alle Rechte für die nächsten drei Champions-League-Runden erstanden. Der Preis: 1,3 Milliarden Euro - 30 Prozent mehr als noch im Jahr davor. In Deutschland wittert die UEFA einen ähnlichen Deal. Die Änderung der Anstoßzeiten würde den Weg für verschiedene Anbieter ebnen - in der Gruppenphase beginnen ab 2018 zwei Spiele schon um 19 Uhr, sechs um 21 Uhr. In Deutschland gibt es immer mehr Anbieter, sagt Marcus Hochhaus:
Neue Player wie Amazon
"Da gibt es neue Player mit DAZN, die ja auch schon die Premier-League-Rechte von Sky weggeschnappt haben, die sicherlich gerne auch für Bundesliga-Rechte noch mehr geboten hätten. Da ist dann Eurosport zum Zuge gekommen und Amazon hat sich - zumindest mal mit den Bundesliga-Audiorechten im Markt schon mal ein bisschen gemeldet."
Schon bald könnte noch mehr Bewegung in den Markt der Sportrechte kommen – nicht nur im Fußball. Erste Vorläufer sieht man in den USA. Längst buhlen auch Internet-Dienstleister um Anteile. Amazon hat sich gerade die Rechte für zehn Spiele der National Football League gesichert. Facebook lockt Fans mit Spielen der Baseball-Liga und der mexikanischen Fußball-Liga und steht in Verhandlungen mit der Fußballliga MLS. In Deutschland hat Facebook 2015 die Vorberichterstattung zu Spielen der Basketball-Bundesliga übernommen. Beim Kurznachrichtendienst Twitter laufen seit Februar Turniere der "PGA Tour", der größten Golf-Veranstaltung der Welt. YouTube zeigte 2015 den spanischen Fußball-Pokal, 2016 konnten Fans in Neuseeland bei den Freitagsspielen der Bundesliga mitfiebern.
Verlagerung ins Netz schlüssige Folge
"Ich glaube, dass es viel näher und viel nützlicher am Nutzungsverhalten orientiert ist",
sagt Philipp Ostsieker über die technologischen Möglichkeiten der neuen Akteure. Er ist Digital-Experte und bloggt über den Markt der Sportrechte und den Einfluss der Digitalisierung auf die Sportwelt. Schon jetzt agieren immer mehr Internet-Dienstleister wie Medienunternehmen, die im Kampf um Kunden versuchen, mit exklusiven Sport-Rechten den etablierten Akteuren Marktanteile streitig zu machen. Die Verlagerung von Sportveranstaltungen ins Netz - ein Trend und wohl auch eine schlüssige Folge der Digitalisierung. Doch: Das hat Konsequenzen für den Sportfan. Philipp Ostsieker sieht einen Wandel auf dem deutschen Markt:
"Ich glaube, dass es gerade noch eine Übergangsphase ist, sehr spannend wird es dann ab 2021, wenn die Bundesliga-Rechte dann quasi noch mal neu ausgeschrieben werden. Dann könnte ich mir vorstellen, dass es den angesprochenen Knall geben könnte. Also, dass man nicht mehr von ZDF, Sky und Sport 1 spricht, sondern eben auch von Facebook, Amazon und Co."
Sportfan könnte mehr Geld investieren - oder sich abwenden
Das bedeutet für den Sportfan: Entweder er schließt mehr Abos ab und bezahlt mehr Geld für Exklusivität - oder aber: Er bezahlt mit seinen persönlichen Daten, die er für die Anmeldung bei einem sozialen Netzwerk benötigt. Denn genau dort könnte zukünftig Live-Sport stattfinden. Für den Fan könnte das in Zukunft heißen: Er muss für Sport-Inhalte immer mehr Daten preisgeben, immer mehr Abos abschließen, immer mehr Geld bezahlen. Die Alternative: Der Fan wendet sich vom medial transportierten Sport ab. Diese Gefahr sieht auch Philipp Ostsieker:
"Ich glaube, das ist ein sehr schmaler Grat. Man sieht es ja in England: Die Leute sind es leid, so viel Geld im Stadion zu bezahlen und so viel Geld für Abos zu bezahlen. Ich könnte mir schon vorstellen, dass die Leute irgendwann genervt sind. Da liegt es an der UEFA und an der DFL, dass man immer so ein gewisses Augenmaß behält."
Vereine freuen sich über Erlöse aus Fernsehrechten
Doch Sportverbände argumentieren oft: Für sie seien die Einnahmen aus den Fernsehrechten essenziell. Das Geld, das sie an die Vereine verteilen, kommt zum großen Teil aus diesen Einnahmen. Und die neuen Internet-Dienstleister verfügen über eine erhebliche Kapitalmacht - im Kampf um Fernsehrechte ein starkes Argument. Marktforscher Marcus Hochhaus glaubt, dass redaktionell zusammengestellte Programme von klassischen Anbietern wie Sky oder ZDF für Fans immer noch am überzeugendsten sind. Doch die neuen Akteure wollen mitspielen beim Kampf um die lukrativen Sportrechte – und wenn sie dabei nur auf einen Marketingeffekt setzen. Er prophezeit, dass das Sportangebot insgesamt zukünftig deutlich steigen wird:
"Aber ob das jetzt gut oder schlecht ist, das kommt immer auf die individuelle Perspektive an, ob man gerne für qualitativ hochwertige Sportinhalte auch bereits ist zu bezahlen. Das ist eine wirklich sehr individuelle Betrachtung."
Bei der in "Sport am Feiertag" ausgestrahlten Audio-Fassung handelt es sich um eine gekürzte Version des schriftlichen Beitrags.